Albrecht Schuch ist Deutschlands Schauspieler der Stunde: Wer ist der Mann, der zwei Filmpreise gewann?
Deutschland - Was für ein Jahr für Albrecht Schuch (34)! Der in Jena geborene Schauspieler, der mittlerweile in Berlin lebt, wurde in der Nacht von Freitag auf Samstag gleich mit zwei Deutschen Filmpreisen ausgezeichnet.
In dieser Award-Saison ergatterte er also absolute Hit-Rollen, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
Im großartigen Drama "Systemsprenger" (>> TAG24-Kritik) spielt er den Anti-Aggressionstrainer Michael Heller, der als einzige Person zu der jungen Benni Klaaß (Helena Zengel) durchdringt.
Hier verkörpert er einen Mann, der schon viel erlebt hat, schwere Phasen aber mittlerweile überwunden und eine eigene Familie gegründet hat.
Er setzt sich mit seinem Job für Kinder und Jugendliche ein, in die er sich aufgrund seiner harten Vergangenheit gut hineindenken kann.
Für diesen Part bekam Schuch die Lola als beste männliche Hauptrolle - und zwar völlig verdient.
Denn hinter seiner mitunter stoischen Mimik arbeitet es zu jedem Zeitpunkt erkennbar, darüber hinaus bröckelt die Fassade der beruflichen Distanz immer dann, wenn offensichtlich wird, wie sehr ihm Benni ans Herz gewachsen ist.
So schenkt er seinem Protagonisten durchgehend Charakter, Eigenheiten und vor allem Menschlichkeit. Spätestens mit dieser Leistung machte Schuch nachhaltig auf sich aufmerksam und spielte sich in die Riege der angesagtesten deutschen Charakterdarsteller. Doch das war es noch lange nicht.
Albrecht Schuch begeistert als charmanter Psychopath in "Berlin Alexanderplatz"
Denn der jüngere Bruder der ebenfalls erfolgreichen Schauspielerin Karoline Schuch (38) nahm dann einen gegensätzlichen Part an.
In "Berlin Alexanderplatz" (>>TAG24-Kritik), der hierzulande aufgrund der Corona-Krise nicht wie geplant am 16. April in den Kinos starten konnte und dessen Starttermin deshalb verschoben wurde, spielt er nämlich den Psychopathen Reinhold.
Der ist trotz seiner Eigenarten ein Menschenfänger, weshalb ihm früher oder später auch die Hauptfigur Francis (Welket Bungué) in die Arme läuft und sich seinem Charme nicht entziehen kann.
Mit bohrendem Blick analysiert Schuchs mit allen Wassern gewaschener Protagonist sein Gegenüber und ist diesem meist einen Schritt voraus.
Und Schuch hat für seinen ambivalenten Bösewicht auch noch eine ganz eigene Gestik herausgearbeitet. So verdreht er immer wieder seine linke Hand und stemmt diese an seine linke Seite. Dazu hat er einen unrunden Gang für seinen Charakter entwickelt.
All das verstärkt den bedrohlichen Eindruck, den Reinhold ausstrahlt, noch. Denn seine körperlichen Nachteile stehen in krassem Kontrast zu seinem messerscharfen und zugleich wahnsinnigen Verstand. Für diese meisterliche Performance erhielt er die Lola für die beste männliche Nebenrolle.
Albrecht Schuch legt viel Wert auf Vielseitigkeit bei seiner Rollenauswahl
Wie der 34-Jährige in einem Artikel der "Berliner Zeitung" zugab, ist Vielseitigkeit für ihn ohnehin ein entscheidender Faktor, weil Schauspieler oft unter ihren Möglichkeiten in nahezu identischen Rollen besetzt werden: "Diese Angst, in eine Ecke gedrängt zu werden, bringt mich immer dazu, ihr entweichen zu wollen."
Dennoch würden für ihn die Geschichte, die Vision des Regisseurs oder der Regisseurin und die anderen Darsteller im Vordergrund bei der Entscheidung stehen, einen Part anzunehmen oder abzulehnen.
Mittlerweile ist er aufgrund seiner Leistungen auch für den internationalen Markt interessant. Nicht zuletzt deshalb, weil er laut seiner Agentur Englisch, Französisch und Portugiesisch spricht.
Dazu spielt Schuch Schlagzeug und Gitarre, als Sportarten sind Akrobatik, Boxen, Kitesurfing, Fechten, Snowboarding, Taekwando und Tanz angegeben. Auch hier wird deutlich, wie wichtig ihm Abwechslung ist.
Dabei hat auch er wie so viele seiner Kollegen an einer Schauspielschule angefangen. Seine Ausbildung durchlief er von 2006 bis 2010 an der Hochschule für Musik und Theater (HMT) "Felix Mendelsohn Bartholdy" in Leipzig.
Albrecht Schuch hilft momentan bei der Stadtmission als Essensverteiler aus
Anschließend schaffte er es als festes Ensemblemitglied im Maxim Gorki Theater Berlin, auch außerhalb von kleineren Film- und Fernsehrollen als Darsteller Fuß zu fassen.
Er bekam Parts am Burgtheater Wien und arbeitete sich nach und nach auch im Kino und Fernsehen nach oben.
So wurde er 2018 für seine Nebenrolle in "Gladbeck" mit dem Deutschen Schauspielpreis bedacht und erhielt von der Deutschen Akademie für Fernsehen die Auszeichnung für seinen Nebenpart in der Erfolgsserie "Bad Banks".
2019 bekam er den Deutschen Fernsehpreis als bester Schauspieler für seine Rollen in "Gladbeck", "Der Polizist und das Mädchen" sowie "Kruso" und auch die Goldene Kamera in dieser Kategorie.
Seine Aussagen in der "Berliner Zeitung" lassen auch darauf schließen, dass Schuch ein ruhiger Teamplayer ist: "Ein guter Film ist immer eine Teamleistung. Selbst jemand, der die Straße absperrt, hat etwas damit zu tun, ob der Film am Ende gelungen ist. Denn vielleicht hat er geschafft, eine nervige Fahrradfahrerin, die sich seinen Anweisungen widersetzt, doch zu besänftigen – und genau in dem Moment wurde eine wichtige Szene in den Kasten gebracht."
Schuch ist allem Anschein nach also geerdet, was auch seine Aussage in einem Interview mit der "BZ" belegt. Dort erklärt er, dass er momentan bei der Stadtmission mithilft, durch die er bei der Kältehilfe ehrenamtlich in der Küche mithilft und Essen verteilt.
Titelfoto: Jörg Carstensen/dpa