"Ihr seid der Jackpot meines Lebens": Tocotronic begeistert mit Jubiläums-Konzert im Stadtpark
Hamburg – Genau ein Jahr nach ihrem unvergesslichen Konzert ist "Tocotronic" am gestrigen Samstagabend in den Hamburger Stadtpark zurückgekehrt. In die Stadt, in der vor 30 Jahren zumindest für drei der vier Bandmitglieder alles begann. Zum Jubiläum schenkten Dirk von Lowtzow (52), Jan Müller (52), Arne Zank (53) und Rick McPhail (53) ihren Fans einen nostalgischen sowie politischen Abend, der nahtlos an das "magische Konzert" vom Jahr davor anschloss.

Während vergangenes Jahr ganz im Zeichen ihrer "Hamburg Years" stand, sollte dieses Mal ihr 13. Studioalbum "Nie wieder Krieg" im Fokus stehen, das gleichzeitig auch Namensgeber ihrer Tour ist.
Begonnen hat das Konzert – genau wie am 19. August 2022 auch – jedoch mit ihrem allerersten Lied "Die Idee ist gut, doch die Welt noch nicht bereit". Dieses sei gleichzeitig auch das Beste, was sie je geschrieben hätten, so Sänger Dirk von Lowtzow (52) am Samstag: "Eigentlich hätten wir danach aufhören können".
Zum Glück haben es die ehemaligen Hamburger Studenten nicht getan. Ihre ehrlichen, tiefgründigen Texten werden nicht nur immer wieder aufs Neue von Kritikern gelobt, sondern bewegen seit Jahren mehrere Generationen.
Zu den gewohnt großen Emotionen, den politischen Statements oder dem "tanzbaren Widerstand", wie von Lowtzow es angelehnt an die amerikanische Aktivistin Emma Goldman (†70) nannte und dann "Jugend ohne Gott gegen Faschismus" anstimmte, schwelgte die Band passend zum Jubiläum auch ein wenig in Nostalgie.
Tocotronic in Hamburg: "Ganz, ganz ehrlich und vom tiefsten Herzen: Wir lieben Euch."

"Gestern bin ich durch Hamburg gestreift, an Orte von früher, zum Beispiel bei der Apostelkirche in der Wilhelmstraße in Eimsbüttel und da bin ich total wehmütig geworden und ich wollte eine Liebeserklärung machen: Rick, Jan und Arne, ihr seid der Jackpot meines Lebens", erzählte der 52-jährige Sänger, bevor er die ersten Riff des gleichnamigen Songs spielte.
Im Bunker nahe der Hamburger Kirche hat vor 30 Jahren die Erfolgsgeschichte von Tocotronic begonnen. Zwar war Gitarrist Rick McPhail 1993 bei der Gründung noch nicht dabei, aber durch seinen Beitritt vor 20 Jahren habe er die Band erst "komplett" gemacht, so von Lowtzow.
Mehrfach bedankte sich die Indie-Rock-Band auch bei ihren Fans, nicht nur für die Glückwünsche zu ihrem 30. Jubiläum, sondern auch für die jahrelange Treue – und das trotz ihres Umzuges nach Berlin: "Ganz, ganz ehrlich und vom tiefsten Herzen: Wir lieben Euch."
Und die Fans lieben Tocotronic. Zwei Stunden lang sangen, tanzten und bangten die rund 4000 Besucher im Hamburger Stadtpark.
Kleine Moshpits und Stagediving-Aktionen einiger Fans waren die Höhepunkte der energiegeladenen Menge, die mit minutenlangem Schlussapplaus Dirk, Jan, Arne und Rick zu ihrer dritten (!) Zugabe des Abends bewegten. Nach Hits wie "Hi Freaks" und "This Boy Is Tocotronic" besiegelte der viel gewünschte Song "Freiburg" den krönenden Abschluss des Abends.
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Thees Uhlmann unterstützte Tocotronic bei ihrem Heimspiel

Unterstützt wurde Tocotronic von Singer-Songwriter Thees Uhlmann (49) als Support-Act. Dieser gab offen zu, sehr aufgeregt zu sein, stimmte die Menge dann aber mit seinem wunderbar ehrlichen Akustik-Set über Liebe, fehlende Anerkennung und Verlust perfekt auf Tocotronic ein.
"Es ist so schön, dass sie solche Kunst machen und das über all die Jahre", sagte Ullmann und nutzte frecherweise direkt die Gelegenheit für seine eigene Kunst Werbung zu machen.
"Mein Roman 'Sophia, der Tod und Ich' kommt in zwei Wochen in die Kinos und Charlie Hübner hat Regie geführt", so der sichtlich stolze Autor am Samstag.
Tocotronic spielt im Rahmen ihrer "Nie wieder Krieg"-Tour noch vier Shows in Deutschland, die nächste ist am 25. August auf dem "Trainside Festival" in Braunschweig. Tickets unter tocotronic.de.
Titelfoto: Fabian Lippke