Filmfest: Star-Gast liegt krank im Bett, Preisverleihung findet trotzdem statt
Hamburg - Kurz vor der Verleihung des zweiten Douglas-Sirk-Preises im Rahmen des Filmfests Hamburg sagte Star-Regisseurin und Preisträgerin Andrea Arnold (63, "American Honey") krankheitsbedingt ab. Doch auch ohne physisch anwesend zu sein, schaffte es die gebürtige Britin, den Saal 1 im CinemaxX Dammtor für sich einzunehmen – und das noch bevor ihr neuer Film "Bird" überhaupt auf der Leinwand zu sehen war.
Das lag maßgeblich an den Beiträgen von Laudatorin Chiara Fleischhacker (31) und Filmfestleiterin Malika Rabahallah (54), die beide zu Arnold sprachen, als säße sie doch wie geplant im fast ausverkauften Kinosaal.
"Wir zeichnen die Zeremonie auf, damit sie sich das später angucken kann", erklärte Rabahallah im Vorfeld.
Geehrt wurde die Oscar-Preisträgerin (Bester Kurzfilm 2005) für ihre "herausragende Karriere" und ihren "außergewöhnlichen Beitrag zur Filmkultur", so die Filmfestleiterin.
Und weiter: "Mit ihren Filmen verleiht sie ungehörten Stimmen Gehör und teilt unsere Vision einer inklusiven Gesellschaft."
Für Chiara Fleischhacker ist die Britin sogar die "Königin der Filme", die jeder einzelnen Figur die "pure Wertschätzung des Menschseins" entgegenbringe.
So auch in ihrem neuen Spielfilm "Bird": Die zwölfjährige Bailey (Nykiya Adams) lebt mit ihrem Vater Bug (Barry Keoghan) in einem besetzten Haus im Norden von Kent. Doch anstatt sich um seine Kinder zu kümmern, arbeitet Bug lieber an einer neuen Geschäftsidee, mithilfe einer Superdroge reich zu werden.
Aus der Verwahrlosung flüchtend, trifft Bailey auf den sonderbaren "Bird" und findet wieder Hoffnung in ihrer Freundschaft. Ein Drama welches autobiografische Züge vermuten lässt, da die Regisseurin selbst in schwierigen Familienverhältnissen aufgewachsen ist.
Ehrenpreis beim Filmfest Hamburg: Andrea Arnold zu Tränen gerührt
"Aber ist Kino nicht genau das? Schmerz in Kunst und Kunst in Freiheit zu verwandeln", fragte Chiara Fleischhacker in ihrer Laudatio – ohne zu viel von "Bird" spoilern zu wollen.
Für Andrea Arnold hat Chiara damit ins Schwarze getroffen: "Ich habe tatsächlich ein Gefühl von Freiheit während der Dreharbeiten empfunden" – schrieb sie aus ihrem Krankenbett in London heraus. Ihre Dankesrede wurde am Ende der Verleihung vorgelesen.
Die junge Filmemacherin erkannte aber noch mehr in den Werken ihres Idols: "Neben Schmerz ist auch viel Lebensfreude deine Handschrift und das überrascht nicht, wenn man dein strahlendes herzliches Lachen sieht".
Mit diesem wird Arnold sicher auch die Aufzeichnung ansehen - vielleicht auch noch einmal der ein oder anderen Träne freien Lauf lassen. Denn wie sie in ihrer Rede verriet, musste sie dank all der warmen Worte vor Rührung weinen.
"Ich konnte jedes Lob immer nur schwer glauben und noch schwerer annehmen, aber je älter ich werde, desto weicher werde ich", so die 63-Jährige, die es als große Ehre empfand, mit dem Douglas-Sirk-Preis ausgezeichnet zu werden.
Mit einem kleinen (humorvollen) Wink in Richtung Jacques Audiard (72), der zweite Empfänger des Ehrenpreises in diesem Jahr, brachte sie zum Schluss noch alle zum Lachen: "Ich hoffe, mein Preis ist größer als seiner!"
Titelfoto: Montage: Guillaume Horcajuelo/dpa, TAG24/Madita Eggers