Modellbauer berichtet von Diebstählen im Miniatur Wunderland
Hamburg - Sönke Freitag arbeitet seit rund 20 Jahren im Miniatur Wunderland in Hamburg. Ein Job wie jeder andere findet der Modellbauer. Zustimmen würden ihm da vermutlich die wenigsten Besucher.
"Es gibt Sonne, aber es gibt auch Schatten", erklärte er im Gespräch mit TAG24. "Dadurch, dass wir offene Werkstätten haben, kann das auch mal anstrengend sein." Zum Beispiel während der Kita-Tage im Dezember.
Rückzugsorte für die Modellbauer gebe es nicht. "Wir können jeden Tag angequatscht werden. Manchmal kann man sich wie so ein Tier fühlen."
Entsprechend arbeite das Team, wenn es wirklich etwas schaffen will, wenn keine Gäste durchs Wunderland wuseln.
Bei Öffnungszeiten zwischen 7.30 Uhr und 1 Uhr nachts im Sommer fange Sönke entsprechend früh mit seiner Arbeit an.
"Die Zeit brauchen wir auch, um Sachen zu reparieren, bei denen kein Gast hinter uns stehen darf." Beispielsweise, wenn größere Maschinen zum Einsatz kommen.
Ansonsten können die Mitarbeiter jederzeit durch und über die 1610 Quadratmeter große Anlage laufen. Außerdem gibt es Luken, durch die sie unter der Anlage auftauchen können, um Reparaturen vorzunehmen: "So etwas planen wir alles vor dem Bau mit ein."
Und repariert werden muss so einiges ...
Hohe Schäden durch Gäste im Miniatur Wunderland
"Pro Jahr haben wir eine Viertelmillion Euro Sachschaden", so Sönke im Gespräch.
Einmal sei sogar ein Kind in die Anlage und ein anderes Mal eine Kamera aus dem vierten Stock in die Schweiz gefallen.
Hinzu kämen Gäste, die Figuren und Modelle klauen. Besonders gefährdet seien jene, die in Fernsehberichten gezeigt werden und dadurch zu Objekten der Begierde werden.
"Ich hatte hier auch schon einen Dänen, der nur exklusive Sachen eingesteckt hat, wo er wusste, dass es ein Sonderbau ist. Und dann wird es halt richtig teuer. Der hatte den ganzen Rucksack voll."
Für die Millionen Gäste pro Jahr passiere aber relativ wenig.
Wunderland-Team aus Recherche-Zwecken stets vor Ort
Bevor es an den Bau geht, wird ein neuer Bauabschnitt wie zuletzt beispielsweise Monaco minutiös geplant.
"Seit dem Italien-Abschnitt [wurde 2016 nach drei Jahren Bauzeit eröffnet, Anm. d. Red.] sind wir eigentlich immer vor Ort und schauen uns die Gegend selber an. Der eine guckt sich die ganzen Mülleimer an, der andere lustige Szenen. Architekturmodellbauer nehmen sich die Gebäude vor, ich schaue mir die Begrünung an. Jeder hat eine Aufgabe."
Spontan gebaut werden nur die letzten zehn Prozent. Der Anspruch, immer realistischer zu bauen, sei mit den Jahren gestiegen.
"Wir haben deutlich bessere Maschinen bekommen. Früher haben wir Häuser zusammengebaut und sie grob an [dem] Original orientiert. Hamburg ist für mich das beste Beispiel. Da sind Sachen drin, die es in Hamburg gibt, aber das ist nicht tendenziell Hamburg." So fehle etwa die Alster oder auch das Rathaus.
"Ein Tourist erkennt Hamburg, einem Hamburger fällt auf, was alles falsch ist. Es ist nur eine Anlehnung."
Mittlerweile sei man so gut - auch dank Google Maps - dass man sogar die Straßen wiedererkenne. Bauzeit pro Projekt: rund drei bis vier Jahre. Für den Hamburger Flughafen habe das Team schon allein für die Recherche ein Jahr gebraucht.
Darum durften Frauen früher kostenlos ins Miniatur Wunderland
Inzwischen ist das Publikum bunt gemischt. Modelleisenbahn-Fans, Neugierige, Kinder, Jugendliche und ältere Semester begeben sich im Wunderland auf Entdeckungstour.
Das war jedoch nicht immer so. "Damals haben Frauen ihre Männer hier abgegeben und sind dann in die Stadt gegangen, um zu shoppen, weil sie sich dachten, dass das hier nur eine blöde Eisenbahn ist. Wir standen dann immer vor den Türen und haben die Mädels hereingeschoben und gesagt: 'Ihr braucht nur bezahlen, wenn es euch gefällt.'"
Inzwischen geht es nicht mehr nur um die Eisenbahn. Die Provence habe nur noch acht Meter Strecke. Im neuen Monaco-Abschnitt fährt der Zug nur unterirdisch.
Öffnungszeiten und Tickets unter miniatur-wunderland.de.
Titelfoto: Tag24/Madita Eggers