Alfons: "Wenn wir so intelligent sind, warum machen wir dann so viel Quatsch?"

Hamburg/Bremen – Am liebsten würde Emmanuel Peterfalvi (56) alias Kabarettist Alfons seine ganz eigene Art des Bühnenprogramms in keine Schublade stecken, da wir aber nun einmal in Deutschland leben, passe am ehesten noch die Bezeichnung Kabarett oder Theater, wie Alfons im Gespräch mit TAG24 betonte. Comedy macht er keine, er erzählt Geschichten, auch um Menschen zum Lachen zu bringen, aber eben nicht nur. In seinem aktuellen Programm beschäftigt sich der Kultreporter beispielsweise mit den ganz großen Fragen der Menschheit.

Aktuell ist Kabarettist Alfons (56) mit seinem Programm "Wo kommen wir her? Wo gehen wir hin? Und gibt es dort genügend Parkplätze?" auf Deutschlandtour.
Aktuell ist Kabarettist Alfons (56) mit seinem Programm "Wo kommen wir her? Wo gehen wir hin? Und gibt es dort genügend Parkplätze?" auf Deutschlandtour.  © Jonas Walzberg/dpa

TAG24: Alfons, gerade bist du mit deinem Programm "Wo kommen wir her? Wo gehen wir hin? Und gibt es dort genug Parkplätze?" auf Tour. Kannst Du den doch etwas ungewöhnlichen und recht langen Titel mal erklären?

Alfons: Der ist nicht nur lang, sondern ZU lang (lacht). Das hat mir der Typ erzählt, der das Plakat machen sollte, und auch die Theater haben eigentlich immer nur eine Zeile für die Programmtitel. Aber es war zu spät, es gefiel mir einfach zu gut, sodass ich gesagt habe, wir müssen Lösungen dafür finden.

TAG24: Und warum genau diese Fragen?

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Alfons: Na ja, das sind drei wichtige Fragen: Wo kommen wir her? Wo gehen wir hin? Und das mit den Parkplätzen ist ein bisschen auf das deutsche Publikum angepasst (lacht). Es ist ein Programm über uns Menschen und letztendlich über eine Frage, die ich mir schon seit meiner Kindheit stelle: Es wird immer gesagt, wir sind so intelligente Wesen, aber warum machen wir dann so viel Quatsch?

Ich versuche nicht, DIE eine Antwort darauf zu finden, aber der Suche nach einer Antwort – auch mithilfe von Kindheitserinnerungen – nachzugehen. Ich hatte in Paris einen Nachbar, der Paläontologe war und zu mir meinte: 'Wenn du wissen willst, warum der Mensch so tickt, musst du erstmal wissen, woher wir kommen!' Diese Frage hat mich nicht losgelassen und es war für mich klar, dass irgendwann ein Programm darüber kommen wird.

TAG24: Gab es einen bestimmten Anlass, warum genau jetzt?

Alfons: Einen Auslöser gab es nicht, der kam dann im Nachhinein durch den Krieg in Europa oder eben auch Corona. Wir stehen vor riesigen Herausforderungen, und wir sind alle auf der Suche nach Klopapier.

Wenn wir so intelligent sind, warum kaufen wir dann so viel, obwohl es eigentlich wirklich andere Probleme gibt?

Kabarettist Alfons: "Ich erzähle gerne menschliche, nicht immer lustige Dinge!"

Alfons Geschichten, seine Umfragen und natürlich sein Humor erfreuen sich beim Publikum seit mehr als 20 Jahren großer Beliebtheit.
Alfons Geschichten, seine Umfragen und natürlich sein Humor erfreuen sich beim Publikum seit mehr als 20 Jahren großer Beliebtheit.  © Guido Werner

TAG24: Deine Programme sind sehr ehrlich und realitätsnah und doch schaffst Du es immer auch, einen Hoffnungsschimmer zu verbreiten. Fällt Dir das angesichts der aktuellen Weltlage manchmal schwer?

Alfons: Hin und wieder sicherlich, aber diese Hoffnung ist nicht gespielt, die ist wirklich in mir drin und kein Marketing. Es gibt immer mal Momente, wo ich mir denke: "Das kann doch nicht wahr sein, das schaffen wir nie" etc., aber dann kommt immer ein grundsätzliches sehr, sehr tiefes Vertrauen ganz tief aus mir heraus, dass eines Tages, etwas Gutes passieren wird. Und das spiegelt sich auch in meinem Programm wider.

TAG24: Als ich bei Deinem Programm "Jetzt noch deutscherer" zu Gast war, herrschte eine Stimmung im Publikum, die ich so noch auf keiner Bühnen-Veranstaltung wahrgenommen habe. Ohne das Programm zu kennen, hat sich das Publikum sofort auf Deine Art des Geschichtenerzählens eingelassen. Wie machst Du das?

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Alfons: Ein Geheimrezept gibt es nicht, aber ich denke, es ist eine Mischung aus mehreren Dingen. Zum einen die Sympathie für die Figur, und ich rede hier bewusst nicht über mich.

Alfons gibt es seit über 20 Jahren auf verschiedenen Kanälen. Dadurch, dass ich in mehreren Sendungen mit unterschiedlichem Publikum wie "Extra3", "Verstehen Sie Spaß?" oder "Panorama" war, habe ich ganz unterschiedliche Leute mit einer Figur erreicht, die scheinbar sehr markant ist: französischer Akzent, Puschelmikrofon und orangefarbene Jacke sind Dinge, die anscheinend in Erinnerung bleiben.

Zum anderen wissen diejenigen, die mich schon länger verfolgen – egal, ob Bühne oder Fernsehen –, dass ich gerne menschliche, nicht immer lustige Dinge erzähle. Ich glaube, mittlerweile gehen viele blind zu Alfons Shows, weil sie wissen: "Ich werde lachen, und ich werde etwas mit nach Hause nehmen, was mich durch die nächsten Tage, vielleicht auch nur die nächsten 24 Stunden trägt und mal nicht an der Menschheit zweifeln lässt."

TAG24: Eigentlich ja etwas sehr Schönes, die Zuschauer-Erwartungen regelmäßig zu erfüllen. Erzählst Du im privaten auch so gerne Geschichten wie auf der Bühne?

Alfons: Nein, dass ich überhaupt Geschichten auch auf der Bühne und im Fernsehen erzählen möchte, habe ich relativ spät verstanden. Am Anfang dachte ich, mein Ziel ist es, berühmt zu werden, dass man mich auf der Straße erkennt. Das ist dann relativ schnell passiert, aber es war nicht das, was mich glücklich gemacht hat. Dann dachte ich, ich will die Leute zum Lachen bringen – ein hart zu erlernender Job – aber einfach nur Gags erzählen war es auch nicht. Es fehlte mir etwas.

Das war echt ein langer Weg, bis ich formulieren konnte, dass ich Geschichten erzählen will, die die Leute bewegen, gerne zum Lachen bringen, aber eben nicht nur. Es soll Zuhause in den Köpfen noch weiterarbeiten.

Kabarettist Alfons: "Oh, was ich mache, ist doch größer, als ich dachte!"

Der gebürtige Franzose und treuer Wahl-Hamburger lebt seit über 30 Jahren in Deutschland, seit 2017 auch als offizieller deutscher Staatsbürger.
Der gebürtige Franzose und treuer Wahl-Hamburger lebt seit über 30 Jahren in Deutschland, seit 2017 auch als offizieller deutscher Staatsbürger.  © Sebastian Gollnow/dpa

TAG24: Nervt es Dich, gerade vor dem Hintergrund, nach 20 Jahren im Showbusiness immer noch nach den Unterschieden zwischen Deutschen und Franzosen gefragt zu werden?

Alfons: Um ehrlich zu sein, hat es mich nicht wegen der Frage gestört, sondern weil ich irgendwann das Gefühl hatte, das Thema deutsch-französische Freundschaft ist zwar da, aber irgendwie ein bisschen klein. Das habe ich lange gedacht, bis ich vor ein paar Tagen eine Mail von jemandem aus dem Irak bekommen habe, der etwas von mir über die deutsch-französische Freundschaft gesehen hatte.

Ich fragte dann, ob er deutsche oder französische Wurzeln habe und wie er das Video überhaupt verstanden hatte. Er meinte dann, jemand hätte es auf Arabisch übersetzt.

TAG24: Wie beeindruckend.

Alfons: Ja, ich wusste null davon. Und er meinte: "Ich habe mit Deutschland oder Frankreich nichts zu tun, aber was ich gelernt habe, ist, dass Deutschland und Frankreich richtige Erzfeinde waren, und ihr habt es geschafft, euch zu versöhnen, das gibt uns im Irak Hoffnung".

Ich weiß nicht genau, in welchen Konflikt er da involviert war, aber man kann ahnen, dass es dort viele gibt. Er hat mir wirklich die Augen für eine sehr universelle Dimension von der deutsch-französischen Freundschaft geöffnet: menschliche Versöhnung. Und auf einmal fand ich das gar nicht mehr klein, sondern sehr, sehr groß.

TAG24: Ein größerer Gedanke hinter einem vielleicht eher kleineren Anfangsgedanken.

Alfons: Ja, genau. Ich selber kam erst einmal nicht darauf. Bei mir passiert das instinktiv und dann passiert etwas und ich merke: Oh, was ich mache, ist doch größer, als ich dachte.

Mit seinem Programm "Wo kommen wir her? Wo gehen wir hin? Und gibt es dort genug Parkplätze?" gastiert Alfons als Nächstes in Düsseldorf, Oberhausen und am 30. September in Bremen. Tickets und weitere Termine unter alfons-fragt.de.

Titelfoto: Jonas Walzberg/dpa

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