Leipziger Forscher kritisiert den Begriff "Clankriminalität": "Schürt gesellschaftliche Ressentiments"

Leipzig - Der Forscher und Professor für Islamisches Recht am Orientalischen Institut der Universität Leipzig Dr. Hatem Elliesie spricht sich gegen die Nutzung des Begriffs "Clankriminalität" aus.

Dr. Hatem Elliesie vertritt die Professur für Islamisches Recht am Orientalischen Institut der Universität Leipzig und leitet die ethnologische Forschung am Max-Planck-Institut.
Dr. Hatem Elliesie vertritt die Professur für Islamisches Recht am Orientalischen Institut der Universität Leipzig und leitet die ethnologische Forschung am Max-Planck-Institut.  © Birgit Pfeiffer/Universität Leipzig

In einem Interview mit der Uni erklärte er, dass das Wort "Clankriminalität" seiner Meinung nach einfach nur "gesellschaftliche Ressentiments" gegenüber Personen aus dem Nahen Osten schürt.

"Weil es sich bei dem Kompositum 'Clankriminalität' um ein vom Mediendiskurs, der Politik und Sicherheitsbehörden konstruierten Begriff handelt, der in Statistiken auf Nachnamen von Großfamilien rekurriert", legt er dar: "In diese Statistiken fließen auch Ordnungswidrigkeiten und kleinere Vergehen ein." Großfamilien würden dadurch oftmals automatisch als kriminell abgestempelt werden.

Empirische Forschungen widersprechen aber inzwischen dem daraus resultierenden Mythos, dass der Rechtsstaat angeblich durch "Familien XY" gefährdet sei. Laut Elliesie sei es deshalb äußert bedenklich, wenn die Behörden nicht mehr an der Aufklärung konkreter Straftaten arbeiten, "sondern aufgrund von Nachnamen und Herkunft per se eine Verstrickung in Straftaten unterstellt".

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Auch die sogenannten rechtsfreien Räume sieht der Forscher sehr kritisch und lediglich als "medientaugliches Schlagwort", um den "Mythos der Clankriminalität" zu untermauern. Zwar gebe es vor allem in Berlin oder NRW immer wieder schwer kontrollierbare Tumultlagen, von einem rechtsfreien Raum bezogen auf migrantische Milieus sollte deshalb aber noch lange nicht die Rede sein.

"Bilder von blinder Zerstörung und eskalierender Gewalt, wie wir sie beispielsweise aus den Pariser Vororten kennen, sind uns fremd", so der Wissenschaftler.

Forscher spricht sich gegen Begriffe wie "Clankriminalität" und "rechtsfreier Raum" aus

"Die jahrzehntelang mangelnde Integrationspolitik, mit aufenthaltsrechtlichen Duldungen und fehlenden Arbeitserlaubnissen, hat kriminelle Strukturen gedeihen lassen", benennt Elliesie die Ergebnisse seiner jahrelangen Forschungen. "Nun, wo Flüchtlinge aus Syrien und der Ukraine mit besseren Förderprogrammen unterstützt werden, entstehen gesellschaftliche Spannungen, die sich in Gewalttätigkeiten entfalten, wie wir sie jüngst in Nordrhein-Westfalen erleben."

All diese Probleme könnten sich erst dann bessern, wenn die Politik endlich eine Antwort findet und implementieren kann.

Titelfoto: Birgit Pfeiffer/Universität Leipzig

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