Auf Schatzsuche in mitteldeutschem See: Welche Geheimnisse verbergen sich auf dem Grund?
Seeburg - Archäologen suchen den Grund des Süßen Sees in Sachsen-Anhalt mit einem Neutronenbeschleuniger nach archäologischen Schätzen ab.
"Diese Technik wird hier erstmals in Europa in der Unterwasserarchäologie eingesetzt, insofern ist das ein Technologielabor", sagte Projektleiter und Unterwasserarchäologe Sven Thomas am Dienstag.
"Der Beschleuniger, das ist eine vier Meter lange Röhre, schießt Neutronen in den Boden. Die Neutronen werden teilweise gebremst und die Bremszeit berechnet. Aus den unterschiedlichen Bremszeiten ergibt sich, was da unten im Boden für Materialien liegen."
Laut Sven Thomas können alle Metalle bestimmt werden, ebenso Baurelikte. "An Land würde das mit einer Eindringtiefe von acht Metern funktionieren, im Wasser sind es bis zu fünf Meter. Damit ist diese Methode unseren herkömmlichen Bodenradargeräten überlegen", sagte der Archäologe.
"In der Vergangenheit gab es das Problem, dass ein herkömmliches Sedimentsonar nicht in den Seeboden reinschauen konnte, weil der Boden ganz viele Lufteinschlüsse hat."
Außerdem werde als Ergänzung noch ein Sonar, ein "subbottom profiler", der mit sehr niedrigen Frequenzen arbeite, eingesetzt. "Was hier geleistet wird, ist absolute Pionierarbeit auf dem Gebiet der Unterwasserarchäologie", sagte Landesarchäologe Harald Meller.
See soll vor rund 3000 Jahren fast ausgetrocknet sein
Die Schichten des Seegrundes werden zentimeterscharf berechnet. "Mit sogenannten Falschfarben bekommt man dann die Ergebnisse angezeigt, inklusive der Materialanalyse", sagte Thomas.
"So etwas hat es in Europa noch nicht gegeben und ich kenne auch selbst weltweit nichts Vergleichbares. In der Unterwasserarchäologie sind wir auf jeden Fall die Ersten."
Erkundet wird im See ein 2000 Quadratmeter großes Areal. Hier befindet sich ein rund 3500 Jahre altes Hügelgrab. "Bislang wurden möglicherweise mehrere Metallgegenstände geortet", sagte Thomas.
"Außerdem dokumentiert das Gerät die Siedlungsstruktur einer alten, versunkenen Wüstung. Das sind Reste von Gebäuden und Stegen mit Längen zwischen 20 und 50 Meter aus dem 11. bis 15. Jahrhundert im See."
In den vergangenen Jahren hatten die Archäologen des Landesmuseums Halle den Seegrund mit einer Unterwasserdrohne erkundet und die Strukturen entdeckt. Die Archäologen gehen davon aus, dass der See vor rund 3000 Jahren fast ausgetrocknet war und sich im 15. Jahrhundert mit Wasser füllte.
Der 250 Hektar große Süße See liegt etwa 20 Kilometer westlich von Halle. Den Seegrund bedecken Sedimente mit einer Stärke von teilweise mehr als acht Metern. Die Sichtweite für Taucher beträgt kaum mehr als einen halben bis ganzen Meter.
Titelfoto: Heiko Rebsch/dpa