Weihnachtsmarkt-Schock: Müssen wir hierauf schon bald verzichten?

Frankfurt am Main - Ist es bald vorbei mit kultigen Weihnachtsklassikern auf Deutschlands Weihnachtsmärkten?

Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) scheint Städten mit eigenem Weihnachtsmarkt noch tiefer in die Tasche greifen zu wollen.
Die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA) scheint Städten mit eigenem Weihnachtsmarkt noch tiefer in die Tasche greifen zu wollen.  © Marcus Brandt/dpa

Da ist nicht nur die Überraschung groß gewesen: Die Stadt Hanau hat für ihren Weihnachtsmarkt im vergangenen Jahr eine mehr als zehnfach so hohe Rechnung von der Musik-Verwertungsgesellschaft Gema bekommen wie in den Jahren zuvor.

Die Stadt sollte mehr als 18.000 Euro zahlen, wie ein Sprecher sagte. Die Musik auf künftigen Märkten abzudrehen sei für Oberbürgermeister Claus Kaminsky (63) jedoch keine Option.

"Einen Weihnachtsmarkt ohne "Oh du Fröhliche" wird es in Hanau nicht geben", betonte er. "Wir lassen uns die Weihnachtsstimmung auf dem Weihnachtsmarkt von der Gema nicht kaputt machen."

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In Hessen wurden im vergangenen Jahr 71 Weihnachtsmärkte mit mindestens drei Tagen Veranstaltungszeitraum lizenziert, wie die Gema auf Anfrage mitteilte. Bei neun Märkten gab es demnach Korrekturen in der Rechnung, drei Städte haben reklamiert. Bundesweit sind laut Verwertungsgesellschaft etwa 35 Städte von deutlich erhöhten Rechnungen betroffen gewesen.

Dabei hat sich an den Tarifen und Gebühren der Gema kaum etwas geändert. Für ihre Berechnungen beruft sich die Verwertungsgesellschaft auf die gesamte Veranstaltungsfläche, wie sie auf ihrer Internetseite erklärt.

Trotz unveränderter Gebühren: Neue Gema-Berechnungen sorgen für heruntergeklappte Kinnladen

Der Frankfurter Weihnachtsmarkt musste für das vergangene Jahr über 40.000 Euro nachzahlen.
Der Frankfurter Weihnachtsmarkt musste für das vergangene Jahr über 40.000 Euro nachzahlen.  © Frank Rumpenhorst/dpa

In der Vergangenheit sei das jedoch kaum überprüft worden. Laut Gema wurde die Musik auf Basis der von den Kundinnen und Kunden gemeldeten Nutzungsflächen lizenziert.

Nach der Corona-Pandemie seien jedoch bei Nachmessungen zum Teil deutliche Diskrepanzen festgestellt worden. Der Kostenanstieg hängt demnach nicht mit neuen Tarifen zusammen, sondern mit der konsequenten Anwendung der bestehenden Tarife.

Auch in Frankfurt war die Rechnung saftig: "Für das Jahr 2022 erhielten wir eine Nachberechnung der Gema von über 40.000 Euro", teilte der Veranstalter mit. "Im Jahr 2019 zahlten wir vergleichsweise noch unter 1000 Euro." Für den diesjährigen Weihnachtsmarkt sei dennoch ein musikalisches Programm geplant. Es werde auf eine Einigung mit der Gema gehofft.

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Sollte dies nicht der Fall sein, könne es auch noch Absagen geben. "Am Ende leiden neben dem Publikum auch Künstlerinnen und Künstler, deren Auftragsvolumen gemindert wird und damit auch ihr Einkommen."

Es werde sich zeigen, ob die Gema auch für das Jahr 2023 immense Nachzahlungen erheben werde. "Sollte dies der Fall sein, werden wir genau eruieren, ob es Sinn macht, mehr Gema als Gage für ein Konzert zu zahlen", sagte die Sprecherin der Veranstaltung. "Konsequent zu Ende gedacht, bedeutet dies das Ende der Livemusik auf städtischen Festen."

Paradoxe Situation: Künstler auf Weihnachtsmärkten erhalten weniger ausgezahlt als die Gema

Insgesamt befinden sich 35 Städte im Clinch mit der GEMA.
Insgesamt befinden sich 35 Städte im Clinch mit der GEMA.  © Patrick Pleul/dpa

In Fulda seien die Gebühren für den Weihnachtsmarkt 2022 "extrem hoch" gewesen, hieß es seitens der Stadt. Der Grund auch hier: "Die Gema legt für ihre Gebührenberechnung die gesamte Weihnachtsmarktfläche zugrunde, die Lautsprecherverstärkung der Musik erfasst aber nur den Bereich vor der Bühne", erklärte eine Sprecherin. Ihrer Meinung nach wäre es sinnvoll, nur die beschallten Flächen einzubeziehen.

"Bei den aktuellen Zahlen haben wir zudem die paradoxe Situation, dass wir viel mehr an die Gema zahlen als an die Vereine und Künstler, die tatsächlich auf der Bühne auftreten", betonte sie. "Das kann nicht im Sinne der Kultur- und Vereinsförderung sein."

Dennoch werde es für den Weihnachtsmarkt 2023 in Fulda zunächst keine Veränderungen geben. Wetzlar dagegen plant nach Angaben der Stadt insgesamt mit weniger Musik, "um die Kosten im Griff zu halten".

Der Deutsche Städtetag hat auf die Situation reagiert und das Gespräch mit der Verwertungsgesellschaft gesucht. "Uns wurde zugesagt, dass die Gema auf die Städte mit signifikant höheren Rechnungen zugehen wird, um Lösungen dafür zu finden", teilte der Deutschen Städtetag mit.

Gema-Sprecherin Ursula Goebel bestätigte: "Mit einigen wenigen Kunden stehen wir noch im Austausch, um eine für beide Seiten angemessene Lösung zu finden."

Titelfoto: Frank Rumpenhorst/dpa

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