In einer Höhle vor genau 800 Jahren: Wie Franz von Assisi die Weihnachtskrippe "erfand"
In den geschmückten Weihnachtsstuben der christlichen Welt steht die Krippe im Mittelpunkt, weit vor dem Baum oder dem Stern. Auch die Aufführung eines Krippenspiels rund um die "Heilige Nacht" ist in vielen Ländern Tradition. Dieses wird nun genau 800 Jahre alt: Am 25. Dezember 1223 gestaltete der Bettelmönch Franz von Assisi im italienischen Dörfchen Greccio erstmals ein lebendiges Umfeld zum Nachempfinden von Christi Geburt - mit Menschen und Tieren. Dieses Ereignis veranlasste sogar den Papst, sein aktuelles Buch über Krippen zu veröffentlichen.
Die älteste Beschreibung der Geburt Christi, auf die sich die meisten anderen beziehen, findet man im Lukas-Evangelium. Der Verfasser konnte 80 Jahre danach sicher nicht mehr auf Augenzeugen zurückgreifen.
Aufgrund vieler Widersprüche und Ungereimtheiten wird der Text von Historikern ohnehin als literarische Fiktion angesehen, selbst Bethlehem als Geburtsort wird angezweifelt. Tun wir an dieser Stelle mal so, als sei der Bericht trotzdem wahr.
Von einem Stall ist da dennoch keine Rede, auch nicht von Ochs und Esel. Bei Lukas erfährt man lediglich, dass Maria das Kind in Windeln wickelte und in eine Krippe legte, weil in der Herberge kein Platz für sie war. Das lag möglicherweise weniger an der Hartherzigkeit des Hausvaters, sondern an den strengen jüdischen Reinheitsgeboten. Eine Gebärende und alles, was mit ihr in Kontakt kam, galt als unrein - zu aufwendige Reinigungszeremonien wären nötig geworden.
Bildliche Darstellungen von Christi Geburt gab es bereits vor dem 13. Jahrhundert - etwa auf Mosaiken in Kirchen. Oft saß Maria auf einem Thron, trug eine Krone und edle Kleider. Und die aus dem Matthäus-Evangelium bekannte Gruppe von Sternforschern war da zu den "Heiligen Drei Königen" aufgemotzt.
Es gab aber auch damals Bilder mit Stallatmosphäre, Ochs und Esel sowie jubelnden und preisenden Hirten - eben mal das einfache Volk.
Politische als auch soziale Provokation
Und für gerade dieses kam der Messias zur Welt, zumindest nach der Ansicht des Bettelmönches Franz von Assisi. Er predigte Armut und Buße und eckte damals heftig mit den Machtinteressen der Kirchenfürsten in ihren prunkvollen Palästen an.
Als er seine lebendige Krippendarstellung 1223 entwarf, war dies sowohl politische als auch soziale Provokation.
Wohl ganz bewusst entschied er sich gegen Rom für ein kleines Provinznest in den Bergen Umbriens, in dem die Landbevölkerung weitgehend leibeigen und abhängig war.
Das Dorf Greccio liegt etwa 80 Kilometer von Rom entfernt. Der schon damals von vielen als Heiliger verehrte Franziskus entdeckte dort unter einem mächtigen Felsen eine Höhle, die für sein Vorhaben geeignet schien. Von hier aus hatte man auch einen herrlichen Panoramablick über das Tal.
Dort ließ Franz also den "Stall von Betlehem" nachbauen, mit viel Heu, Stroh, Holz und einer Krippe in der Mitte. Nach seinem Sinn für Theatralik und Anschaulichkeit sollte so die Menschwerdung Gottes für alle greifbar werden.
Greccio liegt etwa 80 Kilometer von Rom entfernt
Der Predigt, die er in Altitalienisch statt Latein hielt, durften auch Ochsen und Esel zuhören. Angeblich stimmten selbst diese in den Gesang der bäuerlichen Dorfgemeinschaft mit ein.
Ein Krippenspiel mit Laiendarstellern von Maria und Josef war dies noch nicht, das verbreitete sich erst in den Folgejahren. Auch auf eine Puppe in der Krippe verzichtete der Ordensgründer. Und doch wollen einige Anwesende bemerkt haben, wie aus dem Nichts ein Säugling erschien, welchen der Heilige Franz liebevoll umarmte. Es muss eine äußerst ergreifende Szenerie gewesen sein.
Das Stroh und das Heu wurde laut dem Franziskus-Biografen Thomas von Celano wieder ins Dorf gebracht. Ruhte sich ein Kranker darauf aus, ward er geheilt. Auch kranke Gänse, Stuten und anderes Getier, welche davon fraßen, gesundeten zusehends.
Wer in diesen Weihnachtstagen kein Wunder erwartet, darf ja getrost an dieses glauben.
Titelfoto: picture alliance /Heritage Images