Werke stehen still! IG Metall ruft zu Warnstreiks bei VW an neun Standorten auf
Von Frank Johannsen
Wolfsburg - Bei VW stehen am heutigen Montag in mehreren Werken zeitweise die Bänder still. Die IG Metall droht mit einem der härtesten Konflikte, den Volkswagen je gesehen habe.
Die IG Metall hat für heute zu Warnstreiks an neun der zehn deutschen Volkswagen-Standorte aufgerufen, wie Niedersachsens IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger ankündigte.
Am Vormittag legten mehr als Zehntausend Mitarbeiter zeitweise die Arbeit nieder.
Begonnen hat der Ausstand um 9.30 Uhr in Zwickau, als die ersten Mitarbeiter sich auf eine Kundgebung begaben.
Dann waren weitere Standorte dran: In Wolfsburg zogen Tausende mit einem Demonstrationszug durch das Stammwerk und versammelten sich zu einer Kundgebung direkt vor dem Vorstandshochhaus.
Es folgten Hannover, Braunschweig, Emden und Chemnitz. Auch in Emden gab es eine Versammlung vor dem Werkstor, während in Braunschweig mehr als Tausend Beschäftigte mit einem Demonstrationszug durch die Stadt zogen.
Die Werke Dresden und Kassel-Baunatal folgten um 12 Uhr und 12.30 Uhr.
Der Warnstreik dauere jeweils rund zwei Stunden und werde danach in jeder Schicht wiederholt, sagte ein Sprecher. Dazwischen werde normal produziert.
IG Metall: "Wenn nötig, einer der härtesten Konflikte"
Erst am Wochenende war bei Europas größtem Autobauer die Friedenspflicht ausgelaufen, in der Arbeitskämpfe nicht erlaubt waren.
"Nun folgen Warnstreiks, die das Unternehmen nicht übersehen kann", sagte Gröger. "Wenn nötig, wird das einer der härtesten Konflikte, den Volkswagen je gesehen hat."
Sollte Volkswagen weiter auf seinen Maximalforderungen bestehen, drohe eine weitere Zuspitzung.
"Wer die Belegschaft ignoriert, spielt mit dem Feuer – und wir wissen, wie man Funken in Flammen verwandelt!", so Gröger.
In dem Konflikt geht es um die Bezahlung der rund 120.000 Beschäftigten in den Werken der Volkswagen AG, wo ein eigener Haustarif gilt. Hinzu kommen mehr als 10.000 Mitarbeiter bei VW Sachsen, für die 2021 eine Angleichung an den Haustarif vereinbart wurde.
VW will Löhne kürzen
VW lehnt bisher jede Erhöhung ab und fordert wegen der schwierigen Lage des Konzerns stattdessen zehn Prozent Lohnkürzung.
Auch Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen stehen im Raum. Am 9. Dezember treffen sich beide Seiten zur nächsten Tarifrunde.
"Am Verhandlungstisch war Volkswagen nicht zu einer tragfähigen Lösung des Tarifkonflikts bereit", sagte der für Berlin, Brandenburg und Sachsen zuständige IG-Metall-Bezirksleiter Dirk Schulze. "Daher müssen Warnstreiks den Druck auf das Management erhöhen."
Nach Angaben aus Gewerkschaftskreisen dürfte der zweistündige Warnstreik zu einem Ausfall von mehr als tausend Fahrzeugen führen, die nicht gebaut werden könnten.
Volkswagen hat nach eigenen Angaben Vorkehrungen getroffen, um die Auswirkungen der befristeten Arbeitsniederlegungen gering zu halten.
Das Unternehmen habe gezielt Maßnahmen ergriffen, die eine Notversorgung sicherstellten, hieß es.
Mehr als 50.000 bei Warnstreikwelle 2018
Keine Warnstreiks gibt es heute in Osnabrück. Das um seine Zukunft bangende VW-Werk fällt als einziger deutscher VW-Standort nicht unter den Haustarif, um den derzeit gerungen wird. Dort war es bereits im Tarifkonflikt für die Metall- und Elektroindustrie zu Warnstreiks gekommen.
Flächendeckende Warnstreiks an allen großen Werken in Westdeutschland gab es zuletzt 2018.
Nach Angaben der IG Metall beteiligten sich damals mehr als 50.000 Beschäftigte in Wolfsburg, Hannover, Emden, Kassel-Baunatal, Braunschweig und Salzgitter.
Für die Werke in Zwickau, Chemnitz und Dresden wurde erst 2021 eine stufenweise Angleichung an den Haustarif bis 2027 vereinbart.
Originalmeldung von 7.03 Uhr, zuletzt aktualisiert 13.00 Uhr.
Titelfoto: Hendrik Schmidt/dpa