Recycling als Geschäftsmodell: Dresdner Kunststofffirma kämpft gegen Plastikmüll
Dresden - Gigantische Mengen Plastikmüll landen jedes Jahr in unseren Ökosystemen - bis zu 13 Millionen Tonnen allein in unseren Meeren, Flüssen und Seen. Das zu ändern, hat sich das Dresdner Start-up "HolyPoly" auf die Fahne geschrieben. Dessen Ziel: Mehr hochwertige Kunststoffprodukte aus recyceltem Plastik auf dem Markt zu etablieren. Bisher bekanntester Partner: Mattel.
"Viele denken beim Stichwort 'Plastik' an vermüllte Strände und strangulierte Schildkröten. Kunststoff hat ein negatives Image. Dabei ist Kunststoff leicht, vielfältig einsetzbar und lässt sich mit vergleichsweise wenig Energie leicht recyceln", erklärt Fridolin Pflüger (27), Teil der vierköpfigen Geschäftsführung der HolyPoly GmbH (Infos: www.holypoly.co), die im September 2020 aus der "Kunststoffschmiede", einer offenen Werkstatt im Dresdner Verein "Konglomerat", hervorging und inzwischen 21 Mitarbeiter hat.
Das Problem: Nur zehn Prozent aller Produkte bestehen derzeit aus Recyclingmaterial. Vielmehr landen in Deutschland jährlich etwa 3,5 Millionen Tonnen und damit etwa 50 Prozent der Kunststoffabfälle in Müllverbrennungsanlagen.
"Das ist absurd: Plastik wird mit viel Aufwand aus Erdöl gewonnen, nur um dann im Verbrennungsofen und somit in der Atmosphäre zu landen", ärgert sich der Vertriebsleiter.
Schon beim Design läuft vieles falsch
Doch warum ist das so? "Noch ist das Sortieren von gebrauchtem Plastik aufwendig und teuer. Schon beim Design läuft vieles falsch: In einem Produkt sind oft verschiedene Arten von Plastik so verbaut, dass sinnvolles Recycling unmöglich ist. Denn Plastik ist nicht gleich Plastik", beschreibt Geschäftsführerin Johanna Bialek (31), die mit ihrem Team genau das ändern möchte.
"Wir arbeiten für eine Welt, in der der Einsatz von recyceltem Plastik für die Herstellung neuer Produkte normal geworden ist. Das Ziel sind hochwertige Produkte, die zu 100 Prozent recycelt sind und zu 100 Prozent recyclingfähig."
Heißt: Je mehr Produkte recyclingfähig designt werden, indem sie zum Beispiel nur aus einem Kunststoff bestehen, desto günstiger wird das Recycling und damit auch das Rezyklat.
Außerdem werde für Konsumenten dadurch das Sammeln und Trennen erleichtert.
Markenhersteller sollen Anstoß zum Umdenken geben
Doch um dahin zu kommen, möchte HolyPoly möglichst Markenhersteller gewinnen, die in die Kreislaufwirtschaft ihrer Produkte investieren und so die Botschaft in die Welt tragen und einen Anstoß für ein Umdenken geben.
Bei der Umstellung zur nachhaltigen Produktion hilft HolyPoly vom Entwurf übers Prototyping bis zur Serienproduktion und Vermarktung. "Wir wollten nicht selbst zum Markenhersteller werden und das nächste nachhaltige Produkt in die Läden stellen, sondern möglichst viele Markenhersteller dazu befähigen, umzudenken und verantwortlich zu handeln", erklärt Fridolin Pflüger.
Und die ersten großen Player hat das Start-up schon an Land gezogen, zum Beispiel den Spielzeughersteller Mattel, dessen Ziel es ist, bis 2030 Spielzeuge und Verpackungen auf komplett recycelte, recycelbare oder biobasierte Kunststoffe umzustellen.
So koordiniert HolyPoly in Deutschland das "PlayBack"-Programm. Dabei können ausgediente Mattel-Spielsachen zurückgeschickt werden, aus denen dann ein Spielplatz und später auch neues Spielzeug entstehen soll.
Zu den neuesten Kunden zählt außerdem die japanische Lifestylekette MUJI, die unter anderem Schreibwaren, Kosmetik, Kleidung und Möbel anbietet, und über 800 Filialen in 26 Ländern besitzt. HolyPoly berät MUJI dabei, ein deutschlandweites Rücknahmesystem von Kunststoff-Artikeln zu entwickeln.
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