Verantwortliche flüchteten ohne sie: Nur 200 Hunde überlebten Tierheim-Hölle bei Kiew

Von Anke Brod

Borodyanka (Oblast Kiew) - Seit dem 24. Februar tobt in der Ukraine Putins Krieg, der nicht nur Menschen-, sondern auch Tierleben fordert. So beispielsweise im städtischen Tierheim von Borodyanka (Verwaltungsbezirk Kiew): Über einen Monat bangten Tierfreunde nun um die 450 Hunde und 51 Katzen der Einrichtung, die hier nach der Flucht ihrer Betreuer eingesperrt allein zurückblieben. Am Samstag endlich gelangten erste Helfer zu dem Heim. Jetzt steht fest: Nur etwa 200 Hunde überlebten ihre Hungertortur.

Ein Helfer trägt einen getöteten Hund aus dem Heim. Seit Samstag sind Tierschützer in die Einrichtung zurückgekehrt, haben dort Schreckliches vorgefunden.
Ein Helfer trägt einen getöteten Hund aus dem Heim. Seit Samstag sind Tierschützer in die Einrichtung zurückgekehrt, haben dort Schreckliches vorgefunden.  © Screenshot/facebook.com/haveaheartequine/

Niemand konnte im März zum Tierheim in Borodyanka vordringen, um die leidenden Vierbeiner zu füttern. Denn russische Streitkräfte hielten die Gegend um Kiew massiv besetzt. Tierschutzorganisationen und Bürger befürchteten daher längst einen gigantischen "Tierfriedhof".

Nachdem das ukrainische Militär die Befreiung der Gebiete um Kiew bekannt gegeben hatte, konnten Ehrenamtler die Anlage am Samstag endlich betreten. Der Anblick, der sich ihnen bot, bestätigte fast all ihre Befürchtungen: Zahlreiche, völlig abgemagerte Hunde lagen tot in ihren Käfigen.

Wie durch ein Wunder zählten die Helfer über das Wochenende aber auch mehr als 200 Überlebende! Sämtliche Katzen waren indes nicht mehr im Heim - warum, ist unbekannt. Tierretter vermuten, dass sie bereits zu Kriegsbeginn nach Kiew ausgelagert wurden.

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Viele der überlebenden Fellnasen fanden die Retter stark geschwächt, dehydriert und traumatisiert, teils in lebensbedrohlichen Zuständen, vor. Sie werden derzeit privat tierärztlich behandelt. Gesunde Artgenossen wurden auch am Montag weiterhin evakuiert und in sichere Unterkünfte gebracht.

Die Kadaver transportierten die Helfer teils unter Tränen auf Schubkarren nach draußen.

Kritik an der Tierheim-Leitung

Von den 450 zurückgelassenen Hunden überlebten nur 200 die vergangenen Wochen ohne Nahrung und Wasser.
Von den 450 zurückgelassenen Hunden überlebten nur 200 die vergangenen Wochen ohne Nahrung und Wasser.  © Screenshot/facebook.com/haveaheartequine/

Unter Facebooklesern machte sich Erleichterung über die relativ hohe Zahl lebender Tiere breit. "Wir sind sprachlos", schreibt sinngemäß eine ukrainische Tierretterin. Sie erklärt: "Unsere Ehrenamtler geben ihr Bestes, um die überlebenden Hunde zu retten. Sie haben gewartet, aber nicht alle", fasst sie allerdings traurig zusammen.

Die Helfer betonten am Sonntag, dass ihr Einsatz in Borodyanka in Eigeninitiative und explizit ohne Beteiligung der Tierheimleitung erfolgt sei.

Über die mutmaßliche Untätigkeit der Direktorin, die ihr anvertrauten Tiere bei der eigenen Flucht nicht auch zu retten, hatte sich in den letzten Wochen in sozialen Medien Empörung breitgemacht.

In vielen Kommentarspalten fordern Leser rechtliche Konsequenzen für das Vorgehen der Direktorin: Sie hätte die Hunde beim Verlassen der Anlage wenigstens freilassen können, so der Vorwurf.

Der ukrainische Tierschutzverein UAnimals erklärte mittlerweile via Facebook, dass man gegen die Tierheim-Leitung eine Strafverfolgung anstrenge.

Original-Text vom 5. April, 7.40 Uhr. Text aktualisiert um 15.08 Uhr.

Titelfoto: Montage: Screenshots/facebook.com/haveaheartequine/

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