Ukraine-Krieg, Tag 30: Frankreich plant mit Türkei und Griechenland Evakuierung in Mariupol

Kiew (Ukraine) - Auch am 30. Tag nach dem russischen Einmarsch wird in der Ukraine weiter gekämpft. Die aktuelle Lage im TAG24-Liveticker.

Menschen stehen inmitten von Trümmern zerstörter Wohnhäuser in Charkiw .
Menschen stehen inmitten von Trümmern zerstörter Wohnhäuser in Charkiw .  © Felipe Dana/AP/dpa

Die EU-Staaten richten zur finanziellen Unterstützung der Ukraine einen Solidaritätsfonds ein. Das beschlossen die Staats- und Regierungschefs in der Nacht zum Freitag bei einem Gipfeltreffen in Brüssel.

Durch den russischen Angriffskrieg erleide die Ukraine enorme Zerstörungen und Verluste, hieß es in einer Erklärung. Dem Land solle geholfen werden bei laufenden Ausgaben, aber auch "nach Beendigung des russischen Angriffs beim Wiederaufbau einer demokratischen Ukraine".

Wie zuvor die USA erhob auch die EU offiziell gegen Russland den Vorwurf, in der Ukraine Kriegsverbrechen zu begehen.

Ukraine-Krieg: Selenskyj verärgert wegen Putin-Telefonat
Ukraine Ukraine-Krieg: Selenskyj verärgert wegen Putin-Telefonat

In der Ukraine wurde in der Nacht weiter gekämpft. Russische Truppen beschossen ukrainischen Angaben zufolge militärische Ziele bei der Großstadt Dnipro mit Raketen.

Nach dem Gipfelmarathon von Nato, EU und der Gruppe der sieben führenden demokratischen Wirtschaftsmächte (G7) in Brüssel besucht US-Präsident Joe Biden (79) am Freitag Polen.

Die Geschehnisse des gestrigen Tages gibt es zum Nachlesen im TAG24-Ticker vom Donnerstag. Alle aktuellen Entwicklungen im Zuge des Krieges in der Ukraine am heutigen Freitag gibt es in unserem Liveticker.

22.17 Uhr: Frankreich plant mit Türkei und Griechenland Evakuierung in Mariupol

Frankreich plant mit der Türkei und Griechenland eine humanitäre Aktion, um kurzfristig Menschen aus der schwer umkämpften ostukrainischen Hafenstadt Mariupol zu evakuieren. Das kündigte Präsident Emmanuel Macron am Freitagabend nach dem EU-Gipfel in Brüssel an.

Es gebe bereits konkrete Gespräche mit dem Bürgermeister von Mariupol sowie eine Abstimmung mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Eine Absprache sei auch mit Russland erforderlich, dessen Truppen die Stadt seit Wochen belagern.

Wie es aus dem Élyséepalast hieß, stehe Frankreich in Kontakt mit den ukrainischen Behörden, den Griechen, den Türken und den zuständigen internationalen Organisationen, um die Bedürfnisse zu präzisieren, auf die reagiert werden muss. Die Grundlage dafür sei, dass Frankreich von Russland verlange, die Belagerung der Stadt aufzuheben, dass Menschen, die gehen wollten, gehen könnten und dass Menschen, die bleiben wollten, bleiben könnten.

Angemessene, an den Grundbedürfnissen ausgerichtete humanitäre Hilfe müsse unter den Bedingungen des humanitären Völkerrechts bereitgestellt werden können.

Über die humanitäre Aktion in Mariupol hatte Macron sich bereits am Vortag mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in Brüssel beraten. Die Aktion solle in den nächsten Tagen losgehen, hieß es aus Paris.

21.48 Uhr: Scholz sieht Selenskyjs Reden als Ansporn für Hilfe

Bundeskanzler Olaf Scholz sieht sich durch die eindringlichen Bitten des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj um Hilfe im Krieg gegen Russland nicht übermäßig unter Druck gesetzt. Die Reden Selenskyjs seien "ein Ansporn, das was wir richtig finden zu tun", sagte Scholz am Freitag nach dem EU-Gipfel in Brüssel.

"Ich finde, dass der ukrainische Präsident die Interessen seines Landes gut wahrnimmt, dass er das sehr entschieden und auch sehr entschlossen macht." Er mache damit Eindruck für die Sache der Ukrainer.

Selenskyj hatte sich in den ersten Kriegswochen immer wieder in sehr emotionalen Reden an die Parlamente einzelner westlicher Länder gewandt und hatte auch vor dem Bundestag geredet. Dort hatte er sich an Scholz persönlich gewandt: "Lieber Herr Bundeskanzler Scholz, zerstören Sie diese Mauer. Geben Sie Deutschland die Führungsrolle, die Deutschland verdient."

Am Donnerstag und Freitag war der ukrainische Präsident auch jeweils kurz per Video zu den Gipfeln der Europäischen Union, der Nato und der G7 zugeschaltet. Beim Nato-Gipfel forderte er die Lieferung schwerer Waffen wie Panzer und Kampfflugzeuge, beim EU-Gipfel forderte er ein beschleunigtes Verfahren für einen Beitritt der Ukraine zur EU. Er sagte, dass er dabei auch auf die Unterstützung Deutschlands setze.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verlässt die Abschluss-Pressekonferenz nach dem EU-Gipfel.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) verlässt die Abschluss-Pressekonferenz nach dem EU-Gipfel.  © Michael Kappeler/dpa

21.13 Uhr: Viele UN-Mitgliedsstaaten fordern Schutz von Journalisten in Ukraine

Deutschland und Dutzende weitere UN-Mitgliedsstaaten haben in einer gemeinsamen Erklärung die Tötung mehrerer Journalisten im russischen Angriffskrieg in der Ukraine scharf verurteilt und einen besseren Schutz für Medienschaffende dort gefordert.

"Die Leben und die Sicherheit von Journalisten und Medienschaffenden dort - sowohl aus der Ukraine als auch international - sind in großer Gefahr", hieß es in der am Freitag in New York veröffentlichten Erklärung.

"Wir betonen, dass alle Journalisten und Medienschaffende unter internationalem Menschenrecht Zivilisten sind und keine legitimen Ziele sein können", hieß es weiter. "Ihre Rechte müssen respektiert und geschützt werden." In dem schon seit rund einem Monat andauernden russischen Angriffskrieg sind bereits mehrere Journalisten ums Leben gekommen.

20.42 Uhr: Frankreich bestellt russischen Botschafter wegen Karikaturen ein

Frankreichs Außenministerium hat den russischen Botschafter nach der Veröffentlichung von Karikaturen auf dem Twitter-Account der Botschaft einbestellt. "Diese Veröffentlichungen sind inakzeptabel. Wir haben dies heute gegenüber dem russischen Botschafter deutlich gemacht", hieß es am Freitag aus dem Außenministerium in Paris. "Wir bemühen uns, einen anspruchsvollen Dialogkanal mit Russland aufrechtzuerhalten, und diese Handlungen sind völlig unangebracht."

Eine der Zeichnungen zeigt kniende Europäer, die den Hintern einer Figur lecken, die Uncle Sam, also die USA, darstellt, und auf Englisch den Titel trägt, "Europäische Solidarität, wie sie ist". Die zweite Karikatur zeigt bildlich das kranke Europa, das auf einem Bett liegt und von seinen Peinigern, den USA und der EU, mit verschiedenen Substanzen namens "Neonazismus", "Russophobie" oder "Covid-19" geimpft wird.

Beide Karikaturen waren bereits am Donnerstag wieder vom Twitter-Account der russischen Botschaft gelöscht worden. Frankreichs Europa-Staatssekretär Clément Beaune hatte auf Twitter von "einer Schande" gesprochen.

19.11 Uhr: Moskau behauptet, Kiew ziehe Friedensverhandlungen absichtlich in die Länge

Russland hat der Ukraine vorgeworfen, die Verhandlungen über ein Kriegsende weiter absichtlich in die Länge zu ziehen. "Sie haben es nicht eilig, sie glauben, dass die Zeit auf ihrer Seite ist", sagte der russische Delegationsleiter Wladimir Medinski am Freitag der Agentur Tass zufolge.

Die ukrainische Seite handle nicht unabhängig, behauptete Medinski. "Deshalb stimmt der aktuelle Stand der Dinge nicht optimistisch." Moskau wirft Kiew vor, auf Anweisung Washingtons zu handeln.

Medinski sagte, er teile die von den Ukrainern zuletzt verbreitete Zuversicht nicht. "Es gibt keine Bewegung bei den grundsätzlichen Positionen, auf denen die russische Seite besteht", sagte der Berater von Präsident Wladimir Putin. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba zeigte sich am Freitag zurückhaltender.

"Kein Konsens bisher in den Verhandlungen", twitterte Kuleba. "Die ukrainische Position ist klar: Waffenstillstand, Sicherheitsgarantien, keine Kompromisse bei der territorialen Integrität. Aber Russland hält an Ultimaten fest." Kuleba forderte mehr Sanktionen und mehr Militärhilfe.

Boris Gryslow (l.-r.), russischer Botschafter in Belarus, Andrei Rudenko, stellvertretender Außenminister, Wladimir Medinski, russischer Präsidentenberater, und Leonid Slutski, Vorsitzender des Ausschusses für internationale Angelegenheiten der russischen Staatsduma.
Boris Gryslow (l.-r.), russischer Botschafter in Belarus, Andrei Rudenko, stellvertretender Außenminister, Wladimir Medinski, russischer Präsidentenberater, und Leonid Slutski, Vorsitzender des Ausschusses für internationale Angelegenheiten der russischen Staatsduma.  © Maxim Guchek/POOL BelTa/AP/dpa

18.58 Uhr: Deutsche Raketen und Maschinengewehre in Ukraine eingetroffen

In der Ukraine sind weitere Waffen aus Deutschland für den Kampf gegen die russischen Angreifer eingetroffen. Wie die Deutsche Presse-Agentur am Freitag aus ukrainischen Regierungskreisen erfuhr, handelt es sich um 1500 Luftabwehrraketen vom Typ "Strela" und 100 Maschinengewehre MG3.

Hinzu kommen 8 Millionen Schuss Munition für Handfeuerwaffen. Außerdem sind den Angaben zufolge jenseits der Waffen weitere Hilfsgüter aus Deutschland für die ukrainischen Streitkräfte im Kriegsgebiet angekommen. Darunter sind 350.000 Esspakete, 50 Fahrzeuge für den medizinischen Transport und Material für die medizinische Versorgung.

18.49 Uhr: Russischer Generalstab: Konzentration auf Hauptziel Donbass

Nach einem Monat Krieg gegen die Ukraine hat der russische Generalstab ungeachtet von Berichten über hohe Verluste ein positives Fazit gezogen. "Im Großen und Ganzen sind die grundlegenden Aufgaben der ersten Etappe der Operation erfüllt", sagte der Vizechef des russischen Generalstabs, Sergej Rudskoj, am Freitag der Agentur Interfax zufolge.

"Das Kampfpotenzial der ukrainischen Streitkräfte wurde erheblich reduziert, das ermöglicht es, ich betonte das noch einmal, die Hauptanstrengungen auf das Erreichen des Hauptziels zu richten - die Befreiung des Donbass."

Nach Ansicht westlicher Militärexperten reagieren die russischen Streitkräfte mit der Darstellung auch auf die stockenden Vorstöße auf größere Städte wie Kiew, Charkiw und Mykolajiw.

18.25 Uhr: Start der Luftbrücke - Ukraine-Flüchtlinge aus Moldau in Frankfurt

Erstmals hat ein Flugzeug Ukraine-Flüchtlinge aus dem Nachbarland Moldau direkt nach Deutschland gebracht. Rund 130 Menschen - vor allem Frauen und Kinder - landeten am Freitagabend in einer Lufthansa-Maschine auf dem Flughafen Frankfurt.

Das war der Auftakt der von der Bundesregierung angestoßenen internationalen Luftbrücke für Flüchtlinge aus Nachbarländern der von Russland angegriffenen Ukraine. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wollten die Flüchtlinge auf Deutschlands größtem Airport empfangen.

Diese sollten mit Bussen zur Erstaufnahme nach Bitburg in der Eifel in Rheinland-Pfalz gebracht werden.

18.12 Uhr: Woelki prangert "völkerrechtswidrigen Krieg" Russlands an

Kardinal Rainer Maria Woelki hat im Kölner Dom den "völkerrechtswidrigen Krieg, der von Russland ausgegangen ist", angeprangert.

"Es ist ein unvorstellbares Leid, das seit vier Wochen über die Menschen in der Ukraine und auch in Russland kommt", sagte der Erzbischof am Freitag in einer Zeremonie mit einem Weihegebet für die Ukraine und Russland, zu dem Papst Franziskus aufgerufen hatte. Woelki formulierte die "große und innige Bitte, dass Gott möge Frieden schaffen". Dies weitete er ausdrücklich auf das Erzbistum Köln aus, das ebenfalls Versöhnung nötig habe.

Papst Franziskus hatte alle Bischöfe dazu aufgerufen, Russland und die Ukraine "an das Unbefleckte Herz Mariens" zu weihen. Dieses altertümliche Ritual ist auch in der Kirche selbst nicht unumstritten. Nach Angaben des Münsteraner Dogmenhistorikers Michael Seewald geht es im Ursprung auf Berichte über Marienerscheinungen in Fatima in Portugal im Juli 1917 zurück.

17.59 Uhr: Biden bezeichnet Putin bei Polen-Besuch erneut als "Kriegsverbrecher"

US-Präsident Joe Biden hat Russlands Präsidenten Wladimir Putin bei seinem Besuch in Polen erneut einen "Kriegsverbrecher" genannt. Die Verwüstung in der Ukraine gehe "von einem Mann aus, den ich, offen gesagt, für einen Kriegsverbrecher halte", sagte Biden am Freitag im polnischen Rzeszow etwa 90 Kilometer von der Grenze zur Ukraine entfernt.

"Und ich denke, das wird auch der rechtlichen Definition entsprechen", fügte er hinzu. Biden hatte Putin bereits in der Vergangenheit als Kriegsverbrecher bezeichnet. Das Weiße Haus hatte daraufhin betont, dass der US-Präsident aus seinem Herzen gesprochen habe.

Joe Biden salutiert, bevor er auf dem Flughafen Rzeszow-Jasionka auf dem Weg nach Warschau in die Air Force One steigt.
Joe Biden salutiert, bevor er auf dem Flughafen Rzeszow-Jasionka auf dem Weg nach Warschau in die Air Force One steigt.  © Evan Vucci/AP/dpa

17.32 Uhr: AfD-Abgeordneter sorgt mit Äußerung zum Ukraine-Krieg für Empörung

Mit seiner Einschätzung zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat der AfD-Abgeordnete Steffen Kotré im Bundestag für Empörung gesorgt - und das auch in der eigenen Fraktion.

"Ich distanziere mich in aller Entschiedenheit von der widerlichen Putin-Propaganda, die Steffen Kotré heute im Bundestag verbreitet hat", schrieb der stellvertretende Vorsitzende der AfD-Fraktion, Norbert Kleinwächter, am Freitag bei Twitter. Er werde nun "Konsequenzen einfordern".

Kotré hatte zuvor in einer Rede zum Thema Gasreserven im Plenum gesagt, der völkerrechtswidrige Angriffskrieg bringe viel Leid, für das Russland die Verantwortung trage. Er führte dann weiter aus: "Wenn wir darüber reden, müssen wir immer die Mitschuld des Westens betrachten."

Der Westen, namentlich die USA, habe nichts dafür getan, "diese Situation zu entschärfen, im Gegenteil, hat sogar noch provoziert". Denkfabriken in den USA beschäftigten sich mit der Frage, wie man Russland destabilisieren könne. In der Ukraine gebe es "Biowaffen-Labore".

Titelfoto: Geert Vanden Wijngaert/AP/dpa

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