Ukraine-Krieg, Tag 56: Selenskyj bestreitet Erhalt russischer Vorschläge zu Kriegs-Ende

Ukraine - Auch 56 Tage nach dem russischen Einmarsch sind die Kämpfe in der Ukraine noch nicht beendet. Russlands Großoffensive im Osten läuft. TAG24 berichtet im Liveticker.

Die Kampfhandlungen in ostukrainischen Gebieten, wie der Großstadt Charkiw, nehmen zu.
Die Kampfhandlungen in ostukrainischen Gebieten, wie der Großstadt Charkiw, nehmen zu.  © Felipe Dana/AP/dpa

Die Ukraine sieht sich im Osten des Landes mit einem massiven russischen Truppenaufmarsch konfrontiert.

"Jetzt ist praktisch der gesamte kampfbereite Teil der russischen Armee auf dem Territorium unseres Staates und in den Grenzgebieten Russlands konzentriert", sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) in einer Videobotschaft, die in der Nacht zum Mittwoch auf Telegram veröffentlicht wurde.

Russland setzte den Verteidigern der eingekesselten Stadt Mariupol eine weitere Frist. In Deutschland geht die Debatte um die Lieferung schwererer Waffen weiter.

Ukraine-Krieg: 41 Tote und 180 Verletzte bei russischem Angriff auf Poltawa
Ukraine Ukraine-Krieg: 41 Tote und 180 Verletzte bei russischem Angriff auf Poltawa

Die russische Seite habe "fast alle und alles, was fähig ist, mit uns zu kämpfen, zusammengetrieben", sagte Selenskyj. Er forderte erneut Waffen.

Wer die Geschehnisse vom Dienstag (19. April) nochmals nachverfolgen möchte, hat hier die Möglichkeit dazu. Alle aktuellen Entwicklungen des Ukraine-Kriegs am heutigen Mittwoch (20. April) gibt es wie gewohnt im Liveticker.

22.11 Uhr: Joko und Klaas zeigen Auftritt von ukrainischer Band in Bunker

Die Entertainer Joko (43) und Klaas (38) haben zur besten TV-Sendezeit um 20.15 Uhr bei ProSieben den Auftritt einer ukrainischen Band aus einem Bunker in Charkiw gezeigt.

Die beiden Unterhalter hatten am Dienstag gegen den Sender in einer Show 15 Minuten Sendezeit erspielt, die sie am Mittwochabend frei einsetzen konnten - ProSieben hatte auf das Programm nach eigenen Angaben keinen Einfluss.

Die Band Selo i Ludy stand in dem Bunkerraum und spielte drei Songs, darunter eine Interpretation von Rammsteins "Du Hast". Band-Frontmann Alex sprach zudem auf Englisch über den russischen Angriffskrieg und die Lebenssituation in dem Bunker in der ukrainischen Großstadt: Der Krieg in der Ukraine dauere im Grunde schon acht Jahre an.

Es sei eine unerträgliche Belastung. Es sei eine riesige Bedrohung, die die meisten Menschen einfach verdrängen wollten. Bis sich diese Bedrohung nicht mehr ignorieren lasse. "Wir geben unser Bestes, um zu überleben. Wir geben unser Bestes, die Grenzen der zivilisierten Welt zu schützen", sagte der Frontmann. Er verspreche den Deutschen, dass die Band eines Tages zu ihnen komme und dort live auftrete.

Die Band spielte zu einem Schlagzeug-Playback, weil der Drummer mit seiner Frau geflohen sei. Man hoffe, dass er zurückkomme, wenn der Krieg vorbei sei. "Wenn wir gewonnen haben. Denn das ist die einzige Option", sagte Frontmann Alex.

Die Entertainer Joko Winterscheidt (l., 43) und Klaas Heufer-Umlauf (38) zeigen um 20.15 Uhr bei ProSieben den Auftritt der ukrainischen Band Selo i Ludy mit Frontmann Alex aus einem Bunker in Charkiw.
Die Entertainer Joko Winterscheidt (l., 43) und Klaas Heufer-Umlauf (38) zeigen um 20.15 Uhr bei ProSieben den Auftritt der ukrainischen Band Selo i Ludy mit Frontmann Alex aus einem Bunker in Charkiw.  © -/ProSieben/dpa

22.01 Uhr: Krieg ist laut Botschafter Melnyk auch ein Krieg gegen ukrainische Kultur

Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine richtet sich aus Sicht des ukrainischen Botschafters in Deutschland, Andrij Melnyk (46), insbesondere auch gegen die Kultur des Landes.

"Unsere Theater werden vorsätzlich zerbombt, wie in Mariupol geschehen ist, unsere Bibliotheken und Museen werden geplündert, Bücher beschlagnahmt", sagte er am Mittwochabend bei einem Solidaritätskonzert der ukrainischen Volkstanzgruppe "Virsky" im Friedrichstadtpalast in Berlin.

Damit stehe der Krieg in einer langen Tradition der Unterdrückung ukrainischer Kultur durch Kolonialmächte aus Ost und West, betonte Melnyk. "Die ukrainische Sprache, die ukrainische Kirche, die ukrainische Kultur - alles Ukrainische wurde im Laufe unserer Geschichte immer wieder verboten, vernachlässigt und mit Füßen getreten."

Dies habe auch in Deutschland Folgen. "Obwohl über 30 Jahre vergangen sind, seitdem wir unsere Unabhängigkeit wiedererlangt haben, ist die ukrainische Kultur für viele Deutsche immer noch eine Terra Inkognita." Diese "Trägheit" habe "auch gefährliche politische Folgen", sagte der Botschafter, ohne weiter darauf einzugehen.

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk (46), nach seiner Rede bei einem Solidaritätsabend der Ukraine im Berliner Friedrichstadtpalast.
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk (46), nach seiner Rede bei einem Solidaritätsabend der Ukraine im Berliner Friedrichstadtpalast.  © Christophe Gateau/dpa

21 Uhr: Finanzminister verlassen G20-Treffen wegen Russland - Lindner bleibt

Finanzminister mehrerer Länder haben das G20-Treffen in Washington wegen Russlands Teilnahme zeitweise verlassen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur verließ etwa US-Finanzministerin Janet Yellen am Mittwoch den Raum, als der russische Finanzminister Anton Siluanow das Wort ergriff.

Der deutsche Finanzminister Christian Lindner (43, FDP) dagegen sei geblieben, ebenso wie Amtskollegen mehrerer G7-Staaten, hieß es. Die Gruppe habe stattdessen auf den Redebeitrag des Russen geantwortet.

Nach Informationen von CNN verließen auch andere europäische Minister das G20-Treffen der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Der Nachrichtenseite Axios zufolge verließen auch die Chefin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, sowie ihr US-Kollege Jerome Powell den Raum.

Finanzminister Christian Lindner (43, FDP).
Finanzminister Christian Lindner (43, FDP).  © Fabian Sommer/dpa

20.34 Uhr: Ukraine hat jetzt laut Pentagon mehr als 20 zusätzliche Kampfflugzeuge

Die ukrainische Luftwaffe hat nach Darstellung des US-Verteidigungsministeriums für den Kampf gegen Russland inzwischen mehr einsatzfähige Kampfflugzeuge als noch vor wenigen Wochen.

Die Ukraine habe dank der Koordination der Vereinigten Staaten "genügend Ersatzteile und zusätzliche Ausrüstung bekommen", um einige ihrer zuvor stillgelegten Kampfflugzeuge wieder in Betrieb zu nehmen, sagte der Sprecher des Pentagons, John Kirby, am Mittwoch.

Mit Ersatzteilen aus den USA und von Verbündeten habe die ukrainische Luftwaffe ihre Flotte um "eine ziemlich Zahl" erhöhen können, sagte Kirby weiter - ohne dabei eine genaue Zahl zu nennen. Ein ranghoher Mitarbeiter des US-Verteidigungsministeriums erklärte dazu: "Sie haben mehr als 20 zusätzliche Flugzeuge zur Verfügung als noch vor drei Wochen."

Das Pentagon machte keine Angaben zur Gesamtzahl der einsatzfähigen ukrainischen Kampfflugzeuge.
Das Pentagon machte keine Angaben zur Gesamtzahl der einsatzfähigen ukrainischen Kampfflugzeuge.  © Senior Airman Joseph Barron/U.S. Air Force via AP/dpa

19.46 Uhr: Selenskyj will keine russischen Vorschläge zur Kriegs-Beendigung erhalten haben

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) hat nach eigenen Angaben bisher keine Vorschläge aus Moskau für eine Beendigung des Krieges erhalten.

"Ich hab nichts gehört, ich hab nichts gesehen. Bin überzeugt, dass sie uns nichts übergeben haben", sagte der Staatschef am Mittwoch bei einer Pressekonferenz mit EU-Ratschef Charles Michel in Kiew. Nach russischen Angaben wurden die Vorschläge bereits am vergangenen Freitag übermittelt.

Kremlsprecher Dmitri Peskow hatte von konkreten Vorschlägen gesprochen. Er nannte keine Details, beklagte aber, dass die Ukraine ständig ihre Positionen ändere und Dynamik vermissen lasse. Der Ball liege nun in Kiew, meinte er. "Hier scheint mir, dass er mit sich Fußball selbst spielt, der Herr Peskow", sagte Selenskyj. Sobald die Ukraine einen Ball erhalte, werde sie zeigen, wie sie aufs Tor schieße, betonte er.

Für die in der südostukrainischen Hafenstadt Mariupol im Stahlwerk Asowstal von russischen Truppen eingekesselten Soldaten und Zivilisten zeigte Selenskyj sich zu einem Austausch bereit. "Wir sind bereit, unsere Leute gegen russische Soldaten, die sie zurückgelassen haben - sowohl Leichen, als auch Verwundete - auszutauschen", sagte der 44-Jährige.

In den Bunkeranlangen des Werks sollen sich noch rund 2000 ukrainische Soldaten und Hunderte Zivilisten aufhalten. Das russische Militär bot den Zivilisten mehrfach freien Abzug an. Die Soldaten wurden zur Aufgabe aufgefordert, sie sollen sich in russische Gefangenschaft begeben. Russland führt seit knapp zwei Monaten Krieg gegen die Ukraine.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44).
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44).  © Efrem Lukatsky/AP/dpa

19.03 Uhr: UN-Generalsekretär will nach Kiew und Moskau reisen

UN-Generalsekretär António Guterres (72) verstärkt seine diplomatischen Versuche, um eine Waffenruhe im Ukraine-Krieg zu erreichen.

Guterres habe Briefe an die UN-Vertretungen Russlands und der Ukraine geschickt: "In diesen Briefen bat der Generalsekretär Präsident (Wladimir) Putin, ihn in Moskau zu empfangen, und Präsident Wolodymyr Selenskyj, ihn in Kiew zu empfangen", sagte Sprecher Stephane Dujarric am Mittwoch in New York.

Es müssten "dringende Schritte" zur Herstellung von Frieden in der Ukraine herbeigeführt werden.

UN-Generalsekretär António Guterres (72).
UN-Generalsekretär António Guterres (72).  © Xie E/XinHua/dpa

18.48 Uhr: Russland hat USA vorab über Raketentest informiert

Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums hat Russland die USA vorab über den Test einer ballistischen Interkontinentalrakete informiert.

Moskau habe die Vereinigten Staaten im Rahmen seiner Verpflichtungen aus dem atomaren Abrüstungsvertrag New Start "ordnungsgemäß davon in Kenntnis gesetzt, dass es einen ICBM-Test plant", sagte Pentagon-Sprecher John Kirby am Mittwoch in Washington.

Die Abkürzung ICBM steht für Interkontinentalrakete. "Solche Tests sind Routine, und sie waren keine Überraschung", betonte er. Der Test werde nicht als Bedrohung für die Vereinigten Staaten oder ihre Verbündeten angesehen.

18.35 Uhr: Anfang Mai internationale Geberkonferenz für Ukraine

Eine internationale Geberkonferenz am 5. Mai soll Geld für die vom Krieg schwer getroffene Ukraine sammeln. Die Konferenz werde der Start des kürzlich beschlossenen Solidaritätsfonds für das Land sein, sagte EU-Ratschef Charles Michel (46) am Mittwoch bei einem Besuch in Kiew.

Man arbeite zudem eng mit Organisationen wie dem Internationalen Währungsfonds oder der Weltbank zusammen, um Geld zu mobilisieren, damit die Ukraine kurz-, mittel- und langfristig Sozialleistungen zahlen könne. Dies sei auch wichtig, damit das Land so schnell wie möglich mit dem Wiederaufbau beginnen könne, sagte Michel bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj (44).

17.45 Uhr: Nach Test mit Rakete, die 12 Atomsprengköpfe tragen kann: Putin droht!

Russland hat inmitten seines Krieges in der Ukraine seine neue ballistische Interkontinentalrakete vom Typ Sarmat (Nato-Codename: SS-X-30 Satan 2) getestet.

Mehr Infos unter: "Nach Test mit Rakete, die 12 Atomsprengköpfe tragen kann: Putin droht!"

Der russische Präsident Wladimir Putin (69).
Der russische Präsident Wladimir Putin (69).  © Mikhail Tereshchenko/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

17.13 Uhr: Grünen-Antrag: Keine Geschäfte mehr mit Putins Russland

Die Grünen wollen auf ihrem kleinen Parteitag Ende des Monats darüber diskutieren, ob Geschäfte mit Russland tabu sein sollten, solange Wladimir Putin (69) russischer Präsident ist.

In einem Leitantrag für den Länderrat der Grünen am 30. April in Düsseldorf heißt es: "Klar ist: Wir müssen uns auf eine neue friedens- und sicherheitspolitische sowie außenwirtschaftliche Situation in Europa und der Welt einstellen. Es geht jetzt um den kompletten ökonomischen Bruch mit Putins Russland."

Im Kern bedeute die aktuelle geopolitische Lage, "dass wir die Transformation zur klimaneutralen Produktion unter erschwerten Bedingungen mit noch größerem Handlungsdruck und mit noch schnellerem Tempo vorantreiben müssen".

Für die Grünen stehe fest: "Wer die Transformation bremst, beschleunigt die Krise." Über den Inhalt des Leitantrags für den Länderrat hatte zuerst die Rheinische Post berichtet. Ungefähr 100 Delegierte kommen am 30. April zu der halbtägigen Veranstaltung in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt zusammen.

Omid Nouripour (46), Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen.
Omid Nouripour (46), Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen.  © Fabian Sommer/dpa Pool/dpa

16.22 Uhr: IWF-Chefin zu G20 in Kriegszeiten: Kooperation muss weitergehen

IWF-Chefin Kristalina Georgiewa hält trotz des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine internationale Kooperation auch in der Runde der G20-Staaten für unverzichtbar.

"Wir leben in einer sehr schwierigen Zeit, in großer Ungewissheit. Und in erster Linie müssen wir uns auf diese Herausforderungen konzentrieren - zum Wohle der Milliarden von Menschen, die für ihre Familien, für ihre Existenzgrundlage auf eine vernünftige Wirtschaftspolitik angewiesen sind", sagte die Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF) am Mittwoch in Washington auf Nachfragen von Reportern zur Funktionalität der "Gruppe der 20".

Als Teil der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank wollten an diesem Mittwoch in Washington die Finanzminister der G20-Staaten zu Beratungen zusammenkommen. Russland ist Mitglied der "Gruppe der 20" der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer.

Wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine laufen intensive Debatten, wie die G20-Runde mit Russland umgehen soll. US-Finanzministerin Janet Yellen etwa hatte angekündigt, die USA wollten bestimmte G20-Treffen auf dem Weg bis zu dem Gipfel der Gruppe Mitte November boykottieren, wenn Vertreter Russlands teilnehmen.

Am Dienstag war aus deutschen Regierungskreisen verlautet, die G20-Finanzminister wollten bei ihrem Treffen am Mittwoch wegen des Ukraine-Kriegs auf eine gemeinsame Abschlusserklärung verzichten. Es sei davon auszugehen, dass auch Vertreter Russlands an dem Treffen teilnehmen wollten, hieß es. Daher sei eine gemeinsame Erklärung im Konsens schwer vorstellbar.

Titelfoto: Efrem Lukatsky/AP/dpa

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