Ukraine-Krieg, Tag 78: Kanzler sagt Finnland Unterstützung für Nato-Beitritt zu

Kiew (Ukraine) - Russlands Krieg gegen die Ukraine geht bereits in den 78. Tag. Die Ukraine bemüht sich um internationale Sicherheitsgarantien, während im Süden des Landes weiter erbittert gekämpft wird. Alle aktuellen Entwicklungen im TAG24-Liveticker.

Wolodymyr Selenskyj (44) verhandelt mit den führenden Nationen der Welt um "konkrete Garantien".
Wolodymyr Selenskyj (44) verhandelt mit den führenden Nationen der Welt um "konkrete Garantien".  © Uncredited/Ukrainian Presidential Press Office/AP/dpa

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) sieht deutliche Fortschritte bei den Bemühungen um internationale Sicherheitsgarantien für sein Land.

"Wir verhandeln mit den führenden Nationen der Welt, um der Ukraine Vertrauen in die Sicherheit für die kommenden Jahrzehnte zu geben", sagte Selenskyj am Mittwochabend in seiner täglichen Videoansprache.

Damit könnte die von Moskau geforderte politische Neutralität der Ukraine in einer Nachkriegszeit abgesichert werden.

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Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk (42) verhandelt unterdessen mit der russischen Seite um ein ungewöhnliches Tauschgeschäft - russische Kriegsgefangene gegen schwer verwundete ukrainische Soldaten aus dem Werk Azovstal in Mariupol.

Die Geschehnisse des gestrigen Tages könnt Ihr noch einmal im Ticker vom Mittwoch nachlesen. Alle aktuellen Ereignisse des heutigen Tages findet Ihr hier im Liveticker.

21.53 Uhr: Mindestens fünf Zivilisten im Gebiet Donezk getötet

Bei schweren Gefechten zwischen russischen und ukrainischen Truppen sind im Gebiet Donezk nach ukrainischen Angaben mindestens fünf Zivilisten getötet worden.

Die Gebietsverwaltung berichtete am Donnerstag im Nachrichtendienst Telegram von vier Toten in den Ortschaften Nowosseliwka, Awdijiwka und Lyman. In Jassynuwata, das unter Kontrolle der prorussischen Separatisten steht, fiel nach Medienberichten ein weiterer Zivilist Kämpfen zum Opfer. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig prüfen.

Der russische Angriffskrieg dauert bereits seit Ende Februar. Als eines der Ziele hat Russland die vollständige Eroberung der Gebiete Donezk und Luhansk ausgegeben. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden bereits mehr als 3500 Zivilisten getötet. Die UN gehen aber von weitaus höheren Opferzahlen aus.

Mariupol: Mitarbeiter des Ministeriums für Notsituationen der selbst ernannten Volksrepublik Donezk räumen Trümmer an der Seite des schwer beschädigten Theatergebäudes.
Mariupol: Mitarbeiter des Ministeriums für Notsituationen der selbst ernannten Volksrepublik Donezk räumen Trümmer an der Seite des schwer beschädigten Theatergebäudes.  © Uncredited/AP/dpa

18.34 Uhr: Schweiz: 3,4 Milliarden Franken russisches Vermögen wieder entsperrt

In der Schweiz sind 3,4 Milliarden Franken (3,2 Milliarden Euro) an vorsorglich gesperrtem russischem Vermögen wieder freigegeben worden.

Im Zusammenhang mit Sanktion gegen Russland frieren viele Banken und Versicherungen Vermögen zur Sicherheit ein, erklärte Erwin Bollinger vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Donnerstag in Bern. Diese Schritte müssten dann jedoch überprüft werden, da bei unbegründeten Sperren Schadenersatzforderungen gestellt werden könnten.

Insgesamt sind laut Seco noch immer 6,3 Milliarden Franken im Zusammenhang mit den Sanktionen eingefroren. Anfang April waren es 7,5 Milliarden Franken. Seitdem sind 2,2 Milliarden Franken dazugekommen, während 3,4 Milliarden entsperrt wurden.

18.32 Uhr: G7 will Blockade ukrainischer Getreideexporte brechen

Die G7-Gruppe der führenden demokratischen Industrienationen will sicherstellen, dass die Ukraine trotz des russischen Angriffskriegs ein bedeutender Getreideexporteur bleiben kann.

Man berate gemeinsam darüber, wie man die derzeit von Russland ausgeübte Getreideblockade deblockieren und ukrainisches Getreide in die Welt bringen könne, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (41, Grüne) am Donnerstag zu Beginn von Beratungen mit Kolleginnen und Kollegen aus den anderen G7-Staaten in Weißenhäuser Strand an der Ostsee. Derzeit seien wegen des Kriegs 25 Millionen Tonnen Getreide in ukrainischen Häfen blockiert, insbesondere in Odessa.

Das Getreide werde dringend in afrikanischen Ländern und im Nahen Osten gebraucht, sagte Baerbock. Am Himmel braue sich eine Ernährungskrise zusammen, die durch durch die globalen Klimaauswirkungen noch einmal verschärft werde.

Die Ukraine zählt weltweit zu den wichtigsten Getreidelieferanten. So war sie 2021 nach Zahlen der Welternährungsorganisation der UN noch drittgrößter Exporteur von Gerste und fünftgrößter Exporteur von Weizen.

18.16 Uhr: Baerbock zurückhaltend zu Kiews Forderung nach westlichen Kampfjets

Außenministerin Annalena Baerbock (41, Grüne) hat sich zurückhaltend zur ukrainischen Forderung nach der Lieferung westlicher Kampfjets geäußert.

Zu Beginn eines Treffens der Außenminister der G7-Gruppe der führenden demokratischen Industrienationen in Weißenhäuser Strand an der Ostsee verwies die Grünen-Politikerin am Donnerstag auf die bisherige Haltung zur Einrichtung von Flugverbotszonen. Auch zur Lieferung von "Flugmaterialien haben wir uns ja bereits deutlich positioniert".

Bundesregierung und Nato sind strikt gegen die Einrichtung einer Flugverbotszone über der Ukraine, da befürchtet wird, dass es bei deren Durchsetzung zu einer direkten Konfrontation zwischen der Nato und Russland kommen könnte. Dann bestünde die Gefahr, dass sich der Krieg in der Ukraine dramatisch ausweitet.

Außenministerin Annalena Baerbock (41, Grüne).
Außenministerin Annalena Baerbock (41, Grüne).  © Kay Nietfeld/dpa

17.05 Uhr: Kanzler sagt Finnland Unterstützung für Nato-Beitritt zu

Bundeskanzler Olaf Scholz (63, SPD) hat Finnland "die volle Unterstützung der Bundesregierung" auf dem Weg zu einem Nato-Beitritt zugesichert.

In einem Telefonat mit dem finnischen Staatspräsidenten Sauli Niinistö habe Scholz die Erklärung des Staatsoberhaupts und der Ministerpräsidentin Sanna Marin für einen unverzüglichen Beitritt ihres Landes zu dem westlichen Verteidigungsbündnis begrüßt, teilte der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Hebestreit, am Donnerstag mit. In dem Gespräch sei es auch um die Sicherheitslage in Europa infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gegangen.

Als Reaktion auf diesen Krieg fordert Finnlands politische Führung den schnellstmöglichen Beitritt des Landes zur Nato. Niinistö und Marin hatten sich am Donnerstag in einer gemeinsamen Erklärung klar für eine Mitgliedschaft in der westlichen Militärallianz ausgesprochen. Für das lange Zeit bündnisfreie Finnland wäre der Schritt historisch. Ein Beitritt würde die Nato-Grenze zu Russland mit einem Schlag verdoppeln.

Bundeskanzler Olaf Scholz (63, SPD).
Bundeskanzler Olaf Scholz (63, SPD).  © Kay Nietfeld/dpa

17 Uhr: UN-Menschenrechtsrat verlangt Zugang zu Verschleppten in Russland

In einer Sondersitzung zur Ukraine hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen die von Experten dokumentierten Gräueltaten in russisch besetzten Gebieten verurteilt.

In einer Resolution wies das Gremium am Donnerstag in Genf unter anderem auf Fälle von Folter, Erschießungen und sexueller Gewalt hin, die ein UN-Team vor Ort dokumentiert hat. Der Rat forderte Russland auf, humanitären Helfern umgehend Zugang zu den Menschen zu erlauben, die nach Berichten aus der Ukraine nach Russland verschleppt worden sind. Für die Resolution stimmten 33 der 47 Mitgliedsländer. Nur China und Eritrea stimmten dagegen, weitere zwölf Staaten enthielten sich der Stimme.

Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, hatte zum Auftakt der eintägigen Sitzung gesagt, dass viele der untersuchten Verstöße gegen die Menschenrechte "auf Kriegsverbrechen hinauslaufen können".

16.35 Uhr: Lauterbach: Hilfe für Erhalt der Gesundheitsversorgung in Ukraine

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (59, SPD) hat der Ukraine weitere deutsche Unterstützung zugesagt, um die medizinische Versorgung im Krieg aufrechtzuerhalten.

Dabei geht es vor allem um den Aufbau von Traumazentren für Verbrennungen und die Versorgung mit Prothesen, wie der SPD-Politiker am Donnerstag nach einer Schalte mit seinem ukrainischen Amtskollegen auf Twitter mitteilte. Die Ukraine brauche nicht nur schwere Waffen, "sondern auch unsere Solidarität, um die Bevölkerung medizinisch zu versorgen", betonte Lauterbach.

Er nannte es erschütternd, dass Russland auch vor der Zerstörung von Krankenhäusern in der Ukraine nicht Halt mache. Deutschland wolle - wo dies schon möglich sei - auch beim Wiederaufbau von Einrichtungen der Gesundheitsversorgung helfen.

16.30 Uhr: Ukrainischer Außenminister will eingefrorenes Russland-Geld für Wiederaufbau verwenden

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba (41) kann sich vorstellen, zum Wiederaufbau seines Landes Anspruch auf im Ausland eingefrorene russische Gelder zu erheben.

"Juristisch gesehen ist das ein kompliziertes Thema genauso wie politisch", sagte Kuleba der "Welt" am Donnerstag. Um damit erfolgreich zu sein, müsse es einen vorbereiteten juristischen Weg geben und den politischen Willen, ihn umzusetzen. "Es gibt einige Länder, die uns schon versprochen haben, dass sie notwendige Gesetze verabschieden werden, um das zu ermöglichen", sagte er.

Deutschland gehöre noch nicht dazu. Er hoffe aber, dass sich Deutschland beteiligen werde, denn es sei der beste und wirtschaftlich sinnvollste Weg, um Mittel für den ukrainischen Wiederaufbau aufzubringen. "Russland hat es zerstört, lasst Russland dafür bezahlen. Das ist eine faire Lösung", sagte er.

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba (41) am Donnerstag in Berlin.
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba (41) am Donnerstag in Berlin.  © Wolfgang Kumm/dpa

16.20 Uhr: Ukrainischer Außenminister fordert Ende von Russland-Geschäften

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba (41) hat deutsche Unternehmen aufgefordert, Russland zu verlassen. Er appelliere an sie, ihre Geschäfte in Russland einzustellen und die russische Kriegsmaschinerie nicht weiter zu unterstützen, sagte Kuleba am Donnerstag in Berlin nach einem Treffen mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (52, Grüne).

Er rief dazu auf, die Geschäfte stattdessen in die Ukraine zu verlegen. Die deutsch-ukrainischen Verbindungen hätten Zukunft, davon könnten beide Seiten profitieren - zumal, wenn sein Land im Sommer wie erhofft den Status als EU-Beitrittskandidat erhalte.

Kuleba forderte erneut auch einen Importstopp für russisches Erdgas. Habeck machte deutlich, dass Deutschland sich zwar darauf vorbereite, aber noch nicht so weit sei.

16.12 Uhr: Putin sagt, dass Westen sich mehr mit Sanktionen schade als Russland

Russlands Staatschef Wladimir Putin (69) hat westlichen Ländern bescheinigt, mit den gegen Moskau verhängten Sanktionen ihren eigenen Volkswirtschaften zu schaden.

Die westlichen Länder seien "von Russophobie getrieben" und versetzten mit den Sanktionen "ihren eigenen nationalen Interessen, ihren eigenen Volkswirtschaften und dem Wohlstand ihrer eigenen Bürger einen viel härteren Schlag" als Russland, sagte Putin am Donnerstag. Deutlich werde dies insbesondere durch die hohen Inflationsraten in Europa, "die in einigen Ländern fast 20 Prozent beträgt".

Während die "Sanktions-Besessenheit" der EU "schwerste Auswirkungen" auf deren Bürger haben werde, schaffe Russland es dank seiner "verantwortungsvollen makroökonomischen Politik der vergangenen Jahre" sowie aufgrund der "Stärkung seiner wirtschaftlichen Souveränität und Sicherheit in den Bereichen Technologie und Ernährung", auf die "externen Herausforderungen" zu reagieren, sagte Putin.

Der Kreml-Chef verwies dabei unter anderem auf die sich "allmählich" verlangsamende Inflation und die Stärkung des Rubels.

Titelfoto: Kay Nietfeld/dpa

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