Ukraine-Krieg, Tag 73: CIA-Chef gibt düstere Prognose zu Putin ab!

Kiew (Ukraine) - Seit inzwischen 73 Tagen führt Russland einen Krieg gegen die Ukraine. Dort wächst die Angst vor verstärkten russischen Luftangriffen im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Moskauer Tag des Sieges. Alle aktuellen Entwicklungen im TAG24-Liveticker.

Ein Haus in Charkiw brennt, nachdem Russland das Wohngebiet Saltivka beschossen hat.
Ein Haus in Charkiw brennt, nachdem Russland das Wohngebiet Saltivka beschossen hat.  © Daniel Carde/ZUMA Press Wire/dpa

Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) rief zu Vorsicht und Disziplin auf. "Ich bitte alle unsere Bürger - und gerade in diesen Tagen -, den Luftalarm nicht zu ignorieren", sagte der Staatschef am Freitag in seiner abendlichen Videoansprache. "Bitte, das ist Ihr Leben, das Leben Ihrer Kinder." In frontnahen Städten wie Odessa soll zwei Tage eine Ausgangssperre gelten.

Russland feiert am Montag den sowjetischen Sieg über Hitler-Deutschland im Zweiten Weltkrieg. Bei der traditionellen großen Militärparade in Moskau wird Präsident Wladimir Putin (69) sprechen. Erwartet wird, dass er dabei die weitere Richtung für den zweieinhalb Monate alten Angriffskrieg gegen die Ukraine vorgibt.

Genau für diesen symbolträchtigen Tag lud Selenskyj Bundeskanzler Olaf Scholz (63, SPD) nach Kiew ein. Scholz könne einen "sehr starken politischen Schritt" unternehmen und am 9. Mai in die ukrainische Hauptstadt kommen, sagte er.

Ukraine-Krieg: Russland soll Interkontinental-Rakete abgefeuert haben!
Ukraine Ukraine-Krieg: Russland soll Interkontinental-Rakete abgefeuert haben!

Die Geschehnisse des gestrigen Tages (6. Mai) könnt Ihr im TAG24-Ticker vom Freitag nachlesen. Alle neuen Entwicklungen im Zuge des Krieges in der Ukraine am heutigen Samstag, 7. Mai, gibt es wie gewohnt hier in unserem Liveticker.

22.23 Uhr: Nach Evakuierung von Zivilisten: Azovstal-Kämpfer senden Hilferuf

Nach der Evakuierung der letzten Zivilisten aus dem von russischen Truppen belagerten Stahlwerk Azovstal in der Hafenstadt Mariupol haben die dort verschanzten ukrainischen Kämpfer einen eindringlichen Hilferuf gesendet.

Er könne nur noch auf ein Wunder hoffen, schrieb der Kommandeur der 36. Marineinfanteriebrigade, Serhij Wolynskyj, am Samstag bei Facebook. "Darauf, dass höhere Kräfte eine Lösung für unsere Rettung finden!"

Mariupol ist seit Wochen praktisch vollständig unter russischer Kontrolle. Ukrainische Truppen sind rund 100 Kilometer entfernt und nicht in der Lage, den verbliebenen Soldaten in der zu großen Teilen zerstörten Stadt zu helfen.

Übereinstimmenden Angaben aus Kiew und Moskau zufolge wurden am Samstag die letzten Frauen und Kinder sowie ältere Zivilisten vom Werksgelände in Sicherheit gebracht.

Im Zuge der Evakuierung seien drei ukrainische Soldaten getötet und sechs verwundet worden, schrieb Wolynskyj nun. Beobachter gehen davon aus, dass russische Truppen Azovstal nun so schnell wie möglich einnehmen wollen, um die vollständige Eroberung Mariupols verkünden zu können.

"Es scheint so, als ob ich in irgendeiner höllischen Reality-Show gelandet bin, in der wir Militärs um unser Leben kämpfen, und die ganze Welt schaut dem interessanten Stück zu!", beklagte der 30-Jährige.

Doch: "Schmerz, Leiden, Hunger, Qualen, Tränen, Angst, Tod - alles ist echt!". Dazu postete Wolynskyj ein Foto von sich, auf dem er unrasiert, übernächtigt und mit offenbar verletzter Nase zu sehen ist.

21.38 Uhr: CIA-Chef gibt düstere Prognose zu Putin ab!

Russlands Präsident Wladimir Putin (69) wird den Krieg in der Ukraine nach Ansicht von CIA-Chef Bill Burns weiter vorantreiben. Putin sei in einer Verfassung, in der er nicht glaube, es sich leisten zu können, zu verlieren, zitierte die Financial Times Burns am Samstag. Der CIA-Chef sprach in Washington auf einer Veranstaltung der Zeitung.

Nach Einschätzung von Burns ist Putin überzeugt, mit noch mehr Einsatz Fortschritte erzielen zu können. Besonders umkämpft sind der Osten und Südosten der Ukraine. Viele Menschen blicken mit Spannung auf Putins Rede zur jährlichen Militärparade am 9. Mai in Moskau.

Der CIA-Direktor sagte außerdem, dass die US-Geheimdienste keine praktischen Beweise dafür sähen, dass Russland einen Einsatz taktischer Atomwaffen plane. Dennoch dürfe man diese Möglichkeit nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Unter taktischen Atomwaffen oder nuklearen Gefechtsfeldwaffen versteht man Kernwaffen, deren Wirkungskreis und Sprengkraft deutlich geringer ist als bei strategischen Atomwaffen, die über einen Kontinent hinaus eingesetzt werden können.

Burns zufolge hat der Krieg in der Ukraine auch Chinas Präsident Xi Jinping verunsichert. Das liege zum einen an dem Reputationsschaden, der China durch die Brutalität der russischen Aggression gegen die Ukrainer entstehen könne, zitierte die Zeitung den CIA-Chef weiter.

Andere Punkte seien die wirtschaftliche Unsicherheit, die der Krieg verursacht habe, und das enge Zusammenrücken des Westens. Die chinesische Führung prüfe, welche Lehren sie für Taiwan ziehen sollte, so Burns. Er gehe aber nicht davon aus, dass ihre Entschlossenheit, die Kontrolle über Taiwan zu erlangen, nachgelassen habe. China betrachtet das demokratische Taiwan als eigenes Territorium.

Russlands Präsident Wladimir Putin (69).
Russlands Präsident Wladimir Putin (69).  © Mikhail Tereshchenko/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

19.03 Uhr: Laut Kiew alle Frauen, Kinder und Ältere aus Stahlwerk gerettet!

Aus dem belagerten Stahlwerk Azovstal in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol sind offiziellen Angaben zufolge die letzten Frauen, Kinder und älteren Menschen evakuiert worden.

"Dieser Teil der humanitären Operation in Mariupol ist abgeschlossen", schrieb die ukrainische Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk am Samstag im Nachrichtendienst Telegram. Ob unter den verbliebenen Männern noch Zivilisten sind, ließ sie zunächst offen. Auf dem Werksgelände haben sich weiter die letzten verbliebenen ukrainischen Kämpfer verschanzt, die sich den russischen Truppen entgegen stellen.

Zuvor hatten bereits die prorussischen Separatisten, die an der Seite Moskaus kämpfen, über die Evakuierung von 50 Zivilisten informiert. In anderen Teilen Mariupols, wo vor dem Krieg mehr als 400 000 Menschen lebten, sollen allerdings noch weitere Menschen ausharren.

Die jüngste Evakuierungsmission kam mit Hilfe der Vereinten Nationen und des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz zustande. Russlands Militär hatte dafür seit Donnerstag jeden Tag mehrstündige Feuerpausen in der völlig zerstörten Stadt am Asowschen Meer zugesichert.

Die letzte sollte am Samstagabend enden. Beobachter gehen davon aus, dass der Kreml Azovstal so schnell wie möglich einnehmen will, um am kommenden Montag - dem 77. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion über Hitler-Deutschland - die Eroberung Mariupols verkünden zu können.

Auf das belagerte Stahlwerk Azovstal gab es in den vergangenen Tagen immer wieder heftige Angriffe.
Auf das belagerte Stahlwerk Azovstal gab es in den vergangenen Tagen immer wieder heftige Angriffe.  © Laut Kiew alle Frauen, Kinder und Ältere aus Stahlwerk evakuiert!

17.52 Uhr: Angriff auf Charkiw: Haus von Weltkriegs-Veteranen zerstört

Kurz vor dem 77. Jahrestag des Sieges der Sojwetunion über Hitler-Deutschland ist im ostukrainischen Gebiet Charkiw das Haus eines 97 Jahre alten Weltkriegsveteranen durch mutmaßlich russischen Beschuss zerstört worden.

"Wenn ich noch die Kraft hätte, würde ich als erstes zur Verteidigung gehen und unserer Armee helfen", sagte Iwan Lyssun, der im Zweiten Weltkrieg in der Roten Armee kämpfte, am Samstag im ukrainischen Fernsehen. Der alte Mann zeigte den Reportern sein völlig zerstörtes Haus sowie die Stelle im Garten, in dem die Granate eingeschlagen sein soll.

16.17 Uhr: Noch keine Einigung zu Öl-Embargo gegen Russland

Die EU-Länder können sich weiter nicht auf ein Öl-Embargo gegen Russland einigen. Hintergrund ist ein Streit um Ausnahmen für einige Staaten, die in besonderem Maße von russischem Öl abhängig sind.

Eine nächste Verhandlungsrunde der ständigen Vertreter der Staaten wurde für Sonntag angesetzt, wie die französische EU-Ratspräsidentschaft auf Twitter mitteilte.

16.12 Uhr: Menschenrechtsexpertin: Verstöße in Ukraine-Krieg sind erschütternd

Die Menschenrechtskommissarin des Europarats hat das Ausmaß und die Schwere der Menschenrechtsverstöße in Folge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine als erschütternd bezeichnet. Dunja Mijatović schrieb nach einem viertägigen Besuch in Kiew am Samstag in einer Mitteilung, Menschen in der Ukraine hätten entsetzliche Gräueltaten erlebt. "Jeder von ihnen verdient Gerechtigkeit und darf nicht vergessen werden."

Mijatović ermahnte in ihrem Schreiben: "Menschenrechte enden im Krieg nicht, sie treten nicht in den Hintergrund." Auch das Völkerrecht müsse von allen in allen Umständen geachtet werden. Mijatović forderte, die humanitäre Hilfe für Opfer des Kriegs auszubauen und die Unterstützung bei der Nachverfolgung von Verbrechen aufrechtzuerhalten.

Der Europarat mit Sitz im französischen Straßburg ist gemeinsam mit seinem Gerichtshof für die Wahrung der Menschenrechte in den 46 Mitgliedstaaten zuständig. Er ist kein Organ der Europäischen Union. Die Ukraine ist Mitglied im Europarat. Russland wurde wegen des Angriffskriegs auf sein Nachbarland ausgeschlossen.

16.10 Uhr: Schwere russische Raketenangriffe auf Odessa laut ukrainischen Medien

Auf die südukrainische Hafenstadt Odessa sind ukrainischen Angaben zufolge mindestens vier russische Raketen abgefeuert worden. Örtliche Medien zeigten am Samstag dicke schwarze Rauchwolken über dem Stadtgebiet.

Berichten zufolge soll ein Militärflugplatz getroffen worden sein. Die Behörden machten zunächst keine Angaben zu möglichen Opfern. Von russischer Seite gab es am Nachmittag keine Bestätigung.

Explosionen - teils von der Luftabwehr - wurden auch aus dem benachbarten Gebiet Mykolajiw, dem zentralukrainischen Poltawa und dem westukrainischen Chmelnyzkyj gemeldet. Bei einem Angriff auf das grenznahe nordostukrainische Gebiet Sumy sei bei einem Luftangriff mindestens ein Mensch verletzt worden.

In Odessa wurden schon mehrere Gebäude getroffen.
In Odessa wurden schon mehrere Gebäude getroffen.  © -/Ukrinform/dpa

15.08 Uhr: Putin verdreht laut Blinken die Geschichte

US-Außenminister Antony Blinken hat Putin mit Blick auf das Gedenken an das Kriegsende 1945 Geschichtsrevisionismus vorgeworfen.

"Präsident Putin versucht, die Geschichte zu verdrehen, um seinen unprovozierten und brutalen Krieg gegen die Ukraine zu rechtfertigen", erklärte Blinken am Samstag in Washington. Selenskyj und das ukrainische Volk "verteidigen tapfer ihr Land, ihre Demokratie und die rechtmäßige Zukunft der Ukraine" in einem freien und friedlichen Europa.

Es gebe eine "heilige Pflicht" gegenüber den im Zweiten Weltkrieg Gefallenen, so Blinken weiter. Das bedeute, "die Wahrheit über die Vergangenheit zu sagen und all jene zu unterstützen, die in unserer Zeit für die Freiheit eintreten".

Russlands Präsident Wladimir Putin (69).
Russlands Präsident Wladimir Putin (69).  © Alexander Zemlianichenko//dpa

15.06 Uhr: Russische Schwarzmeerflotte verliert mindestens zwei große Schiffe

Inzwischen ist bestätigt, dass die russische Schwarzmeerflotte seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine Ende Februar mindestens zwei große Schiffe verloren hat.

Im ostukrainischen Hafen Berdjansk wurde Ende März ein großes Landungsschiff mit einer Rakete versenkt. Das Flaggschiff der Flotte, der Raketenkreuzer "Moskwa", sank Mitte April nach einem Brand in der Nähe der Schlangeninsel. Während Russland bis heute keine nähere Erklärung zu den Brandursachen abgegeben hat, nimmt die Ukraine für sich in Anspruch, den Kreuzer mit Anitschiffsraketen abgeschossen zu haben.

15.05 Uhr: Ukrainisches Militär meldet Abschuss eines russischen Landungsboots

Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben ein Landungsboot der russischen Schwarzmeerflotte versenkt.

"In den Gewässern des Schwarzen Meeres wurde ein feindliches Landungsboot vom Typ "Serna" vernichtet", teilte der Pressechef der Militärverwaltung von Odessa, Serhij Bratschuk, am Samstag auf seinem Telegram-Kanal mit. Dazu veröffentlichte er ein Video, das den Beschuss des Schiffs mit einer Drohne zeigen soll. Die Echtheit der Bilder konnte unabhängig nicht überprüft werden. Von russischer Seite gab es zunächst keine Reaktion auf den angeblichen Vorfall.

Das Schiff soll den ukrainischen Angaben zufolge nahe der Schlangeninsel versenkt worden sein. Ukrainische Journalisten hatten am Vortag davon berichtet, dass in diesem Gebiet eine russische Fregatte beschossen worden und in Brand geraten sein soll - was allerdings weder aus Kiew noch aus Moskau offiziell bestätigt wurde.

Unklar war zunächst auch, ob die Berichte vom Freitag und vom Samstag sich tatsächlich auf zwei verschiedene russische Wasserfahrzeuge bezogen oder ob möglicherweise dasselbe gemeint sein könnte.

Titelfoto: Mikhail Tereshchenko/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

Mehr zum Thema Ukraine: