Ukraine-Krieg: Selenskyj auf gefährlichem Frontbesuch

Ukraine - In die von drei Seiten eingeschlossene ukrainische Stadt Awdijiwka kommt man nur über eine Straße, die unter russischem Feuer liegt. Präsident Selenskyj hat sich dennoch hineingewagt.

Eine Nacht nach dem schwersten Bombardement seit Kriegsbeginn hat Russland die Ukraine erneut aus der Luft angegriffen.
Eine Nacht nach dem schwersten Bombardement seit Kriegsbeginn hat Russland die Ukraine erneut aus der Luft angegriffen.  © Uncredited/Ukrinform/dpa

In den südlichen Gebieten bis nach Westen herrschte in der Nacht zum Samstag Luftalarm. Die ukrainische Luftwaffe meldete russische Kampfdrohnen, die mit mehrfachen Richtungswechseln über das Land flogen.

Das russische Verteidigungsministerium teilte unterdessen am Samstagmorgen mit, das Militär habe über den grenznahen Gebieten Brjansk, Orjol und Kursk sowie über dem Gebiet Moskau 32 ukrainische Drohnen abgeschossen.

In der Ukraine gehen die Aufräumarbeiten weiter. An den Front im Osten und Süden rechnet das ukrainische Militär am 675. Kriegstag weiter mit russische Sturmangriffen.

Ukraine-Krieg: "Eskalation" - Trump-Umfeld kritisiert Raketen-Freigabe
Ukraine Ukraine-Krieg: "Eskalation" - Trump-Umfeld kritisiert Raketen-Freigabe

Sämtliche wichtigen Entwicklungen in der Ukraine findet Ihr in diesem fortlaufend aktualisierten Artikel.

30. Dezember, 11.30 Uhr: US-Institut warnt vor weiteren russischen Großangriffen auf Ukraine

Nach den beispiellosen russischen Luftschlägen gegen die Ukraine mit vielen Toten haben US-Experten vor weiteren heftigen Angriffen gewarnt.

"Russland wird weiter großangelegte Angriffe gegen die Ukraine durchführen, um die ukrainische Moral sowie die Fähigkeit der Ukraine, ihre Kriegsanstrengungen gegen Russland aufrechtzuerhalten, zu schwächen", heißt es im täglichen Bericht des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) vom Freitagabend.

Zugleich betonten die Analysten, dass Russland nach fast zwei Jahren Angriffskrieg angesichts seiner Reserven und Produktionskapazitäten nicht in der Lage sein dürfte, regelmäßig in großem Umfang mit Raketen angreifen zu können, aber beständiger mit Drohnen.

30. Dezember, 11 Uhr: Polen protestiert gegen russische Luftraumverletzung

Wegen der vom polnischen Militär festgestellten Verletzung des polnischen Luftraums durch eine russische Rakete hat das Außenministerium am Freitagabend den Geschäftsträger der russischen Botschaft vorgeladen und ihm eine Protestnote übergeben.

Wie das Ministerium mitteilte, wird Russland zu einer "Erklärung des Vorfalls der Luftraumverletzung und der sofortigen Einstellung solcher Aktivitäten aufgefordert". Unterdessen nahmen nach polnischen Medienberichten mehrere Hundert Soldaten am Samstagmorgen wieder die Suche nach Raketentrümmern auf, die möglicherweise auf polnischen Boden gefallen sein könnten.

Der polnische Generalstabschef Wieslaw Kukula hatte am Freitag bekannt gegeben, dass nach Radarbeobachtungen eine russische Rakete den Luftraum des Nato-Mitglieds Polen verletzt habe. Den Angaben zufolge befand sich die Rakete etwa drei Minuten lang im polnischen Luftraum und überflog dabei 40 Kilometer.

30. Dezember, 9.11 Uhr: Ukrainische Drohnenangriffe auf russisches Grenzgebiet

Über dem russischen Gebiet Brjansk an der Grenze zur Ukraine war in der Nacht zum Samstag die Flugabwehr im Einsatz, wie Gouverneur Alexander Bogomas (62) mitteilte.

Seinen Angaben nach wurden fünf anfliegende ukrainische Drohnen abgeschossen. Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, außerdem seien 13 Geschosse aus ukrainischen Mehrfachraketenwerfern abgewehrt worden.

Bei Beschuss auf die russische Stadt Belgorod kam nach Angaben der Behörden ein Mann ums Leben, vier Menschen wurden verletzt.

30. Dezember, 9.05 Uhr: Selenskyj auf gefährlichem Frontbesuch

"Die Ukraine verteidigt hier ihre eigenen Leute. Und verteidigt unser ganzes Land", sagte Selenskyj bei seinem Frontbesuch in Awdijiwka im ostukrainischen Gebiet Donezk.

Ein Video zeigte ihn am Stadteingang, der mit ukrainischen Fahnen geschmückt war. Der Weg dorthin führt nur über eine Straße, die von Russland unter Feuer genommen werden kann.

"Heute habe ich in Awdijiwka zusammen mit meinem Team den Soldaten ein frohes Weihnachtsfest und ein gutes neues Jahr gewünscht", sagte Selenskyj. "Wir sind ihnen zu großem Dank verpflichtet."

Der ukrainische Präsident Selenskyj hat die halb von russischen Truppen eingeschlossene Frontstadt Awdijiwka im Gebiet Donezk besucht.
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat die halb von russischen Truppen eingeschlossene Frontstadt Awdijiwka im Gebiet Donezk besucht.  © Uncredited/Ukrainian Presidential Press Office/AP/dpa
Wolodymyr Selenskyj (2.v.l), Präsident der Ukraine, gemeinsam mit Andrij Jermak (r.), Leiter des Präsidialamts der Ukraine, und Roman Maschowets (2.v.r), stellvertretender Leiter des Präsidialamts der Ukraine.
Wolodymyr Selenskyj (2.v.l), Präsident der Ukraine, gemeinsam mit Andrij Jermak (r.), Leiter des Präsidialamts der Ukraine, und Roman Maschowets (2.v.r), stellvertretender Leiter des Präsidialamts der Ukraine.  © Uncredited/Ukrainian Presidential Press Office/AP/dpa

30. Dezember, 8.57 Uhr: Biden fordert vom Kongress Geld für die Ukraine

US-Präsident Joe Biden (81) forderte den Kongress erneut eindringlich auf, weitere Mittel für Kiew zu bewilligen.

"Über Nacht hat Russland seinen größten Luftangriff auf die Ukraine seit Beginn dieses Krieges gestartet", hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme. "Bei diesem Kampf steht weit mehr auf dem Spiel als nur die Ukraine", mahnte Biden. "Er betrifft das gesamte Nato-Bündnis, die Sicherheit Europas und die Zukunft der transatlantischen Beziehungen."

Die US-Hilfen sind mit dem Jahresende ausgelaufen. Die Genehmigung neuer Finanzmittel hängt im Streit zwischen Republikanern und Demokraten im US-Kongress fest.

US-Präsident Joe Biden (81) drängte den Kongress erneut.
US-Präsident Joe Biden (81) drängte den Kongress erneut.  © Manuel Balce Ceneta/AP/dpa

30. Dezember, 8.45 Uhr: Russland macht Ukraine für Luftangriffe verantwortlich

Nach dem beispiellosen Bombardement der Ukraine in der Nacht zum Freitag hat Russland Kiew die Verantwortung für die Angriffe gegeben.

Das eigentliche Problem sei, dass die Ukraine ihre Luftverteidigungssysteme in Wohngebieten aufgestellt habe, sagte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja am Freitag (Ortszeit) in der Dringlichkeitssitzung des Weltsicherheitsrates in New York.

"Würden die ukrainischen Luftverteidigungssysteme nicht eingesetzt, hätte es überhaupt keine Opfer unter der Zivilbevölkerung gegeben", sagte er weiter.

29. Dezember, 22.19 Uhr: Weitere russische Sturmangriffe auf Frontstadt Awdijiwka

Neben dem schweren Bombardement aus der Luft hat Russland nach Kiewer Angaben die Ukraine am Freitag auch mit Bodentruppen angegriffen.

Allerdings verzeichnete der ukrainische Generalstab mit 31 Gefechten nur eine vergleichsweise geringe Zahl direkter Zusammenstöße. Schwerpunkt war erneut Awdijiwka im ostukrainischen Gebiet Donezk. Präsident Wolodymyr Selenskyj (45) stattete der auf drei Seiten eingekesselten Stadt am Freitag einen unangekündigten Besuch ab. In Awdijiwka selbst gab es dem abendlichen Lagebericht zufolge drei Gefechte, weitere zehn Gefechte in der unmittelbaren Umgebung.

Ein weiterer Schwerpunkt war der Brückenkopf der Ukrainer auf dem südlichen Ufer des Flusses Dnipro im Gebiet Cherson im Süden. Dort hätten russische Truppen neunmal erfolglos versucht, die Ukrainer aus ihren Stellungen zu vertreiben. Die Angaben des Militärs waren indes nicht unabhängig zu überprüfen.

29. Dezember, 19.30 Uhr: Biden macht nach brutalen Attacken Druck auf Kongress!

Angesichts der beispiellosen russischen Luftschläge gegen die Ukraine hat US-Präsident Joe Biden (81) den Kongress erneut eindringlich aufgerufen, weitere Mittel für Kiew zu bewilligen.

"Über Nacht hat Russland seinen größten Luftangriff auf die Ukraine seit Beginn dieses Krieges gestartet", hieß es am Freitag in einer schriftlichen Stellungnahme Bidens. "Bei diesem Kampf steht weit mehr auf dem Spiel als nur die Ukraine", mahnte er. "Er betrifft das gesamte Nato-Bündnis, die Sicherheit Europas und die Zukunft der transatlantischen Beziehungen."

Mit ihrer militärischen Hilfe hätten die USA dazu beigetragen, viele Menschenleben zu retten, betonte er. "Aber wenn der Kongress im neuen Jahr nicht dringend handelt, werden wir nicht in der Lage sein, weiter die Waffen und lebenswichtigen Luftverteidigungssysteme zu liefern, die die Ukraine zum Schutz ihres Volkes benötigt. Der Kongress muss handeln, und zwar ohne weitere Verzögerung."

Wenn Diktatoren und Autokraten in Europa ihr Unwesen treiben dürften, steige das Risiko, dass die USA direkt mit hineingezogen würden. "Wir dürfen die Ukraine nicht im Stich lassen", mahnte er. "Die Geschichte wird jene hart bestrafen, die dem Ruf der Freiheit nicht folgen."

US-Präsident Joe Biden (81).
US-Präsident Joe Biden (81).  © Evan Vucci/AP/dpa

29. Dezember, 18.09 Uhr: Großbritannien liefert 200 Flugabwehrraketen an Ukraine

Am Tag der schwersten russischen Luftangriffe auf die Ukraine seit Kriegsbeginn hat Großbritannien dem attackierten Land weitere Waffen zugesichert.

Es würden Hunderte Flugabwehrraketen geliefert, um die ukrainischen Verteidigungsfähigkeiten zu unterstützen, schrieb der britische Verteidigungsminister Grant Shapps am Freitag im Onlinedienst X. Nach Angaben seines Ressorts handelt es sich um 200 Raketen.

Die Lieferung sei angesichts der russischen "Barbarei" eine klare Botschaft, dass das Vereinigte Königreich die Ukraine weiterhin uneingeschränkt unterstützen wolle, betonte Shapps. "Putins jüngste Welle mörderischer Luftangriffe ist ein verzweifelter und vergeblicher Versuch, nach dem katastrophalen Verlust Hunderttausender Wehrpflichtiger und vor der Demütigung, dass sein dreitägiger Krieg ins dritte Kalenderjahr geht, wieder an Schwung zu gewinnen."

29. Dezember, 15.42 Uhr: Russische Rakete für kurze Zeit im polnischen Luftraum

Eine russische Rakete hat nach bisherigen Erkenntnissen der polnischen Armee für kurze Zeit den Luftraum des Nato-Mitgliedslandes Polen verletzt.

"Alles deutet daraufhin, dass eine russische Rakete in den polnischen Luftraum eingedrungen ist. Sie wurde von uns auf dem Radar verfolgt und hat den Luftraum auch wieder verlassen", sagte Generalstabschef Wieslaw Kukula am Freitag in Warschau. Den Angaben zufolge befand sich die Rakete etwa drei Minuten lang im polnischen Luftraum und überflog dabei 40 Kilometer.

Titelfoto: Montage: Uncredited/Ukrainian Presidential Press Office/AP/dpa (2)

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