Großangriff auf Region Charkiw: Ist das der Start der neuen Russen-Offensive?
Wowtschansk - Schon lange hatte Wolodymyr Selenskyj (46) vor einer russischen Offensive gewarnt - nun scheint sie gestartet zu sein. In den frühen Freitag-Morgenstunden seien feindliche Bodentruppen in der Region Charkiw vorgerückt, um die Verteidigungslinien zu durchbrechen, so das ukrainische Verteidigungsministerium.
Ziel der Angriffe war demnach die Stadt Wowtschansk. Sie befindet sich etwa 40 Kilometer nordöstlich von Charkiw Nahe der Grenze. Bislang seien die Angriffe "zurückgedrängt" worden, teilte Kiew gegen Mittag mit.
Es fänden jedoch weiterhin "Kämpfe unterschiedlicher Intensität" statt. Mehrere Einheiten der Reserve seien in die betroffene Gegend verlegt worden, um die Verteidigung zu stärken.
Am Nachmittag bestätigte auch Präsident Selenskyj, dass Russland "eine neue Welle von Gegenoffensivaktionen gestartet" habe und sprach seinerseits von einem "heftigen Kampf", der im Gange sei.
Aus Wowtschansk selbst hieß es von Behördenseite, die Bewohner hätten "solche Angriffe noch nicht erlebt".
Russen äußern sich nicht
Sowohl in der Kleinstadt, in der aktuell 3000 Menschen leben, als auch in umliegenden Ortschaften fanden Evakuierungen statt.
Von russischer Seite gab es zunächst kein Statement, allerdings äußerte sich mit Witali Gantschew der Vertreter für den russisch besetzten Teile der Region Charkiw.
Er sprach auf Telegram davon, dass an "mehreren Abschnitten der Kontaktlinie" Kämpfe stattfänden, "einschließlich der Grenzgebiete". Die Bewohner rief er zur Vorsicht auf.
Überraschend kommt der Angriff nicht. Schon Ende März hatte Selenskyj von einer Offensive der russischen Armee im Frühsommer gesprochen und um internationale Unterstützung bei der Vorbereitung gegen die Attacke gebeten.
Das Militär habe zwar in diesem Winter dem Druck der Angreifer standgehalten, sei aber am Ende seiner Möglichkeiten angelangt, so Selenskyj damals zum US-Sender CBS.
Titelfoto: Bildmontage: IMAGO/Ukrinform, dpa/Sergei Guneyev