Mitten im Kriegsgebiet: Frau plaudert mit Banksy - ohne zu wissen, dass er es ist!
Kiew - Mitten im Kriegsgeschehen steht ein Mann vor einer zerstörten Wand und malt. Insgesamt lässt er sieben kraftvolle Werke entstehen. Eine Frau und ihre Tochter entdecken den Künstler und unterhalten sich, ohne zu wissen, wer da eigentlich gerade vor ihnen steht.
Yula Patoku (42) läuft mit ihrer sechsjährigen Tochter Zlata im Oktober letzten Jahres durch Borodjanka in der Region Kiew, als sie Zeugen einer außergewöhnlichen Situation werden.
Die zwei Ukrainerinnen bleiben vor einer zerstörten Wand der Stadt stehen, die Monate zuvor durch russische Artillerie- und Flugzeugangriffe verwüstet wurde. Sie beobachten einen Unbekannten dabei, wie er das Bild eines kleinen Kindes auf die Reste der Mauer malt, das einen übermächtig scheinenden Mann beim Kampfsport zu Fall bringt.
Doch der Unbekannte ist nicht irgendwer, sondern der weltberühmte Straßenkünstler Banksy! Der Brite hält seine wahre Identität geheim und arbeitet stets inkognito. Die wenigsten Menschen wissen, wie der 48-Jährige aussieht, geschweige denn, wie er seine Meisterwerke plant und in die Tat umsetzt.
Zu dieser sehr kleinen Gruppe Mitwissender zählen nun Patoku und ihre Tochter, denn wie die 42-Jährige gegenüber dem britischen Mirror erzählte, hätten beide den Künstler nicht nur getroffen, sondern sich sogar mit ihm unterhalten!
Yula Patoku vor dem Banksy-Gemälde
Patoku sicher: Bild symbolisiert "junge Ukraine, die den bösen Terrorismus des älteren Russlands besiegt"
"Ich unterhielt mich mit Banksy, ohne zu wissen, wer er war, als er dieses Kunstwerk schuf, und als er mit meiner Tochter sprach, sagte sie ihm, dass es ihr gefalle", erinnert sich Patoku. "Sie erzählte Banksy, dass sie es für ein Kind hält, das seinen Vater vor dem Angriff eines Monsters rettet - ein bisschen wie die Ukraine, die die Welt vor etwas Bösem, wie Russland, rettet."
Angesichts des gewählten Ortes und der Ähnlichkeit des dargestellten Mannes mit Wladimir Putin (70) ist dieser Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg offensichtlich. Es wird vermutet, dass Banksy das Bild als Anspielung auf den russischen Präsidenten wählte, der selbst begeisterter Judoka ist.
Patoku ist sich sicher, das Kunstwerk symbolisiere eindeutig die russische Invasion in der Ukraine und den Kampf des Landes gegen die Invasoren.
"Das Bild zeigt die Ukraine, die Russland besiegt, aber aus den Augen eines Kindes sieht es vielleicht anders aus", sagte sie. "Andere sehen es als die junge Ukraine, die den bösen Terrorismus des älteren Russlands besiegt."
Banksy bekennt sich zu Kunstwerken auf Instagram
Banksy-Kunstwerke haben enorme Bedeutung für Ukrainer und Ukrainerinnen
Die Kunstwerke symbolisieren Hoffnung und Durchhaltevermögen für zahlreiche Ukrainerinnen und Ukrainer. Örtliche Behörden errichteten daher eine Plastikbarriere rund um das Kunstwerk, um es vor Beschädigungen zu schützen.
"Ich liebe dieses Kunstwerk. Für mich ist es eine jugendliche und starke, trotzige Ukraine, die gegen das Monster Russland kämpft und gewinnt - oder Präsident Selenskyj, der Putin in einem Kampf besiegt", erklärt Patokus Schwester Oksana Koronik dem Mirror. "Es wird für immer hier sein und uns daran erinnern, wie wir uns gegen Putin gestellt haben."
Das Stück ist Berichten zufolge außerdem durch Bewegungssensoren gesichert, die ein "schnelles Reaktionsteam" alarmieren, sobald sich jemand dem Werk nähert.
Zum Jahrestag des russischen Überfalls am 24. Februar erschien das Judo-Motiv sogar als ukrainische Briefmarke mit dem Spruch "Hau ab Putin" in der unteren linken Ecke.
Titelfoto: Efrem Lukatsky/AP/dpa