"Miss Germany"-Finalistin hat zwölf Operationen hinter sich: "Das war richtig heftig"
Oldenburg/Rust - Wenn Saskia von Bargen (19) alte Fotos von sich anschaut, sieht sie ein Kind, das aussieht wie ein Junge - und stets am liebsten mit Mädchen spielte und Kleider anziehen wollte.
Bereits mit fünf Jahren erklärte das Kind, dass es ein Mädchen sei - auch wenn es bei der Geburt als Junge eingeordnet worden war. "Meinen Eltern war schnell klar, dass das keine Phase ist", sagt die 19-Jährige, die mit ihren Eltern und drei jüngeren Schwestern in Friedrichsfehn im niedersächsischen Ammerland lebt.
Mit elf nahm sie Hormonblocker, um nicht in die männliche Pubertät zu kommen. Zwei Jahre später bekam sie weibliche Hormone, mit 13 outete sie sich in der Schule. Als sie volljährig war, ließ sie sich geschlechtsangleichend operieren.
Saskia versteht sich als Botschafterin für das Thema Transgender. Aus diesem Grund habe sie sich auch bei der aktuellen "Miss Germany"-Wahl beworben. Sie ist unter die letzten zehn Kandidatinnen gekommen, am 4. März wird im Europa-Park in Rust in Baden-Württemberg das Finale ausgerichtet.
Seit bald 100 Jahren werden "Miss Germany"-Wahlen abgehalten. Bis vor wenigen Jahren stellten dazu Frauen unter anderem auch in Bademode ihre Schönheit auf dem Laufsteg zur Schau. 2019 vollzog das Oldenburger Unternehmen, das die Wahlen alljährlich organisiert, eine radikale Wendung. Seitdem stehen unter dem Motto "Schärpe trägt, wer bewegt" die Persönlichkeit und die "Missionen" der Teilnehmerinnen im Vordergrund.
"Sie sollen eine Inspiration sein", sagt Jil Andert vom Unternehmen Miss Germany Studios über die Kandidatinnen. 15.000 Frauen bewarben sich nach Unternehmensangaben für die aktuelle Staffel.
Neues Konzept der Miss-Germany-Wahl: "Das Äußere spielt keine Rolle mehr"
Früher seien bei der Bewerbung Größe und Gewicht abgefragt worden, das passiere nicht mehr. Auch der Laufsteg gehört der Vergangenheit an. "Das Äußere spielt absolut keine Rolle mehr", versichert Andert.
Von bisherigen Werbepartnern wie Anbietern von Brautkleidern oder Modeschmuck trennte sich das Unternehmen. Neue Kooperationspartner, die für Nachhaltigkeit stehen, werden gesucht. Erstmals wird in diesem Jahr eine Fördersumme von 25.000 Euro an die Gewinnerin ausgezahlt, die diese für ihre "Mission" einsetzen kann.
Saskia von Bargen empfindet das Format als "perfekte Plattform" für sich. "Ich will meine Geschichte erzählen", sagt die 19-Jährige, die eine Ausbildung als Einzelhandelskauffrau in einem Modehaus macht. "Ich will Außenstehende darüber aufklären, was es bedeutet, eine Transfrau zu sein." Offen erzählt sie davon, dass einiges bei ihrer ersten Operation schiefgelaufen sei.
Insgesamt hat sie deshalb zwölf operative Eingriffe hinter sich. "Das war richtig heftig." Trotzdem würde sie sich immer wieder dafür entscheiden: "Ich hatte mir das mein ganzes Leben lang gewünscht."
Bereits im vorigen Jahr kam eine Transfrau bis ins Finale. Saskia hofft nun auf den Titel. Im Finale stehen unter anderem auch eine Schornsteinfegerin, die sich für Frauen im Handwerk engagiert, sowie eine Hebamme, die ein Geburtszentrum gründen will.
Titelfoto: Sina Schuldt/dpa