"Wilde Nachbarn": Immer mehr Wildtiere zieht es in die Städte
Leipzig/Burg - Rehe auf Leipzigs Südfriedhof, Füchse in Berliner Gärten, Nutrias in Burg (bei Magdeburg). Immer mehr Wildtiere zieht es mittlerweile in Deutschlands Städte. Unter dem Titel "Wilde Nachbarn - Siegeszug der Stadttiere" ist "MDR Exakt" dem Phänomen auf den Grund gegangen.
Dabei wurden verschiedene Städte im Osten Deutschlands besucht und beleuchtet, wie sich die Tiere dort niederlassen, welche Auswirkungen dies hat und wie die Menschen damit umgehen.
Die Nutrias in Burg (bei Magdeburg) haben es sich beispielsweise im dortigen Stadtpark heimisch gemacht. Menschen haben sie angelockt, indem sie die zahmen Tiere fütterten. Seitdem hat sich ihre Zahl deutlich erhöht.
"Wahrscheinlich werden wir im nächsten Jahr über 100 Tiere haben", erklärt Förster Marco Klapper während der Sendung.
Der Zuwachs bringt jedoch auch Probleme mit sich. "Sie könnten den gesamten Stadtpark durcheinander bringen", so Klapper.
Die Nutrias würden den Park durchwühlen, um Höhlen für ihre Jungtiere zu bauen. Eine Insel im Parkteich sei bereits so sehr geschwächt, dass sie einbrechen würde, wenn man darauf läuft.
Waschbär hat sich mittlerweile zur Plage entwickelt
Haben sich Wildtiere einmal in eine Stadt verliebt, lassen sie nur schwer davon ab.
Fuchs und Marder gehören vielerorts bereits seit Jahren zum Stadtbild. Darüber hinaus hat sich der Waschbär einen Namen als erfolgreicher Einsiedler gemacht. Der Grund dafür liegt in ihrer Ernährung: Die Tiere sind Omnivoren, also Allesfresser. Zwar gilt dasselbe auch für Wildschweine, diese sind jedoch zu groß für die Stadt.
Waschbären sind dabei sogar so erfolgreich, dass sie sich vielerorts bereits zur Plage entwickelt haben und gejagt werden. Allein in den Städten soll ihre Zahl in den vergangenen Jahren von 18.000 auf 200.000 gestiegen sein. Ihr einziger Feind ist der Mensch, was dazu führt, dass sie mittlerweile die heimische Tierwelt bedrohen, indem sie beispielsweise Vogelnester ausrauben.
Menschen sollten bei einer Begegnung mit Waschbären stets auf Abstand achten. Sie sind immer noch Wildtiere und können Krankheiten übertragen.
Menschen müssen lernen, den Lebensraum zu teilen
Nicht alle Tiere werden jedoch gleich als Problem angesehen.
In Dresden beispielsweise kämpft Jacqueline Gräfe um jedes verletzte Eichhörnchen. 2022 seien besonders viele Tiere gefunden worden. "Wir vermuten, das liegt aber auch an Corona", sagt sie. "Die Menschen waren zu Hause, sind mit ihren Kindern rausgegangen. Da wurden dann besonders viele Tiere entdeckt."
14 Wochen päppelt sie die Tiere auf, dann geht es zurück in die freie Wildbahn.
Sowohl der alte Lebensraum der Tiere als auch die Stadt haben sich in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Stadt bietet viele Vorteile. Es gibt viel Futter, wodurch sie ein kleineres Revier benötigen.
Je größer eine Stadt, umso mehr Wildtierarten leben in ihr. In Berlin beispielsweise wurde mittlerweile bereits ein Drittel aller in Deutschland vorkommenden Säugetiere entdeckt.
Deutschlands Städte mausern sich immer mehr zu Inseln der Artenvielfalt. Für den Menschen bedeutet das, dass es künftig noch zu mehr Begegnungen mit den wilden Nachbarn kommen wird. Es ist nun an uns zu lernen, den Lebensraum mit ihnen zu teilen.
"Wilde Nachbarn - Siegeszug der Stadttiere" kann aktuell noch in der Mediathek von MDR nachgeschaut werden.
Titelfoto: Montage: MDR/Simank-Film + MDR/ IZW Berlin