Vom Aussterben bedroht: Naturschützer greifen Steinkauz unter die Flügel
Groitzsch - Von wegen kauzig: Eulen sind faszinierende Tiere. Das gilt auch für die kleinen Exemplare der Familie wie den Steinkauz. Im Südraum von Leipzig kümmern sich Naturschützer um die vom Aussterben bedrohte Art.
Der Steinkauz bleibt weiter auf menschlichen Beistand angewiesen. Mit der Zucht und gezielten Auswilderung versuchen Naturschützer wie Ingo Thienemann aus Groitzsch den Bestand zu vergrößern. "Viel schlechter kann es nicht mehr werden", schätzt der 63-Jährige die Situation ein.
Nach Angaben des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) gibt es bundesweit nur noch etwa 6000 Brutpaare. Ursache ist die Verringerung ihres Lebensraumes.
"Die Kleinteiligkeit der Landschaft ist großflächig verschwunden", sagt Thienemann. Früher seien die Dörfer von Streuobstwiesen umgeben gewesen. Doch der bevorzugte Lebensraum der Steinkäuze nehme immer weiter ab.
"Der Steinkauz ist für uns eine "Leuchtturm-Art" für eine ganze Gruppe von Tieren, die an Streuobstwiesen gebunden sind. Das wird man nicht in allen Regionen des Landes wiederherstellen können", betont Thienemann. Aber gerade im ländlichen Raum wäre es schön, wenn Gärten auch wirklich wieder als Gärten genutzt werden und nicht nur für die Mahd.
Streuobstwiesen sollten verjüngt und Nistmöglichkeiten geschaffen werden. "Der Steinkauz ist ein Kulturvogel und geht dem Menschen nicht unbedingt aus dem Weg", betont der Experte.
Der Steinkauz: Was Ihr schon immer über die Eulenart wissen wolltet
Steinkäuze erreichen eine Körpergröße von gut 20 Zentimetern. Thienemann gibt die Flügelspannweite mit bis zu 40 Zentimetern an. Schon bei den alten Griechen galt der Steinkauz als Symbol für Weisheit.
Seine Leibspeise sind Feldmäuse. Gibt es viele davon, wächst auch die Zahl der Nachkommen beim Steinkauz. Selbst Käfer und Regenwürmer verschmäht er nicht. "Alles was kreucht und fleucht", beschreibt der Experte den Speiseplan. Der Steinkauz laufe seiner Beute am Boden auch hinterher.
Seine größten Feinde sind Marder. Weil er so klein ist, wird er auch von großen Eulen gejagt.
Aber auch der Straßenverkehr und offen stehende Wasserbehälter werden Steinkäuzen zum Verhängnis. "Deshalb gilt es, möglichst viele Lebensräume zu schaffen, damit die Art wieder Fuß fassen und Verluste wegstecken kann", sagt der 63-Jährige, der als Vorsitzender der Nabu-Gruppe Südraum Leipzig amtiert.
Momentan hat er gemeinsam mit seiner Frau drei Paare in der Zucht. Aber auch andere Mitstreiter der Ökostation Borna-Birkenhain unterstützen das Anliegen und schaffen einen Pool an jungen Käuzen. Eine Voliere auf einem Autoanhänger dient als mobile Auswilderungsstation.
In Sachsen werden Steinkäuze inzwischen gezüchtet
Bevor sie in Freiheit kommen, haben die Steinkäuze 14 Tage Zeit, sich im Schutz der Voliere und bei täglicher Fütterung mit dem Gelände und den Geräuschen vertraut zu machen. Meist dauert es dann noch ein paar Tage, bis sie endgültig in die Freiheit fliegen. An Futterplätzen wird noch eine Zeit lang Nahrung ausgelegt.
"Man versucht immer, Paare auszuwildern. Aber nicht immer passt es, das ist wie bei den Menschen", sagt Thienemann. Schon in der Voliere könne man sehen, ob sie sich verstehen. "Wenn die bereits nach zwei Tagen zusammensitzen, kann man die ruhigen Gewissens auch gemeinsam auswildern."
In manchen Jahren hat Thienemann mit Unterstützung anderer nur vier oder fünf Käuze ausgewildert, in guten Jahren wie diesem sind es 19. Alle von ihnen wurden 2019 geboren. Im Oktober findet die letzte Auswilderung des Jahres statt - ein Familienverbund mit Vater, Mutter und fünf Kindern. In diesen Tagen schaut Thienemann häufiger mal in die Luft, um neue Beute für die Steinkäuze zu sichten. "Wir warten jetzt auf die Juni-Käfer."
Sachsens Umweltminister Wolfram Günther (49, Grüne) ist des Lobes voll. "Das Engagement der vielen ehrenamtlichen Naturschützerinnen und Naturschützer ist enorm wertvoll. Wir haben in den letzten Jahren den Naturschutz deutlich gestärkt, den ehrenamtlichen wie den staatlichen. Die Aufgabe ist doch ganz klar: Wir müssen dringend den Verlust der Artenvielfalt stoppen. Jede Art zählt, jeder Lebensraum zählt."
Titelfoto: Carsten Rehder/dpa