Zuckersüße "Schnuckelmaus" sitzt seit über einem Jahr im Tierheim fest: Der Grund ist zum Kopfschütteln
Wiesbaden/Oberursel - Wäre Mucky ein Labrador, hätte sie schon längst ein neues Zuhause, da ist sich Manuela Henninger sicher. "Sie ist eine total nette Hündin, eine echte Schnuckelmaus", schwärmt die stellvertretende Leiterin des Tierheims Oberursel.
Doch die weiß-braune Mucky gehört zu den American Staffordshire Terriern. Unter anderem bei dieser Rasse wird "eine Gefährlichkeit vermutet", wie es in der hessischen Hundeverordnung heißt.
Wer einen dieser sogenannten Listenhunde hält, muss behördliche Auflagen erfüllen und in vielen Kommunen eine sehr hohe Hundesteuer zahlen. Diese Vierbeiner sitzen daher häufig in den Tierheimen und sind schwer zu vermitteln.
Seit 2003 gibt es in Hessen die sogenannte "Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von Hunden" (HundeVO). Nicht alle Tiere einer Rasse seien tatsächlich gefährlich, erklärt das Innenministerium in Wiesbaden. "Gleichwohl sind einige Rassen statistisch besonders auffällig."
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Urteil vom Januar 2004 bestätigt, dass "im Hinblick auf statistische Erhebungen eine Gefährlichkeit vermutet werden kann".
Insgesamt wurden im Jahr 2022 in Hessen 371 Menschen durch Hunde verletzt, davon gab es 26 Fälle durch einen Vertreter der Listenhunde. Angeführt wurde die Beißstatistik von den häufig gehaltenen Schäferhunden mit 53 Fällen, gefolgt von den ebenfalls beliebten Labrador Retrievern (18) und den Australian Shepherds (13).
Beißattacken und ein tragischer Todesfall waren Anlass für sogenannte Rasseliste
Als einziger Listenhund steht der American Staffordshire Terrier mit neun Beißvorfällen in den Top Ten. Mit der Hundeverordnung sollen Menschen vor gefährlichen Attacken seitens der Tiere geschützt werden.
In den 1990er Jahren war es vermehrt zu solchen Angriffen gekommen, im Jahr 2000 wurde ein Junge in Hamburg von Hunden sogar zu Tode gebissen. Bereits kurz darauf führte Hessen seine erste Rasseliste ein.
Von Tierschützern wurde dies von Anfang an kritisiert. "Die meisten Beißvorfälle stammen nicht von Listenhunden", argumentiert Sigrid Faust-Schmidt vom Landestierschutzverband Hessen in Altenstadt, warum sie eine Abschaffung der Rasseliste fordert.
Statt Rassen als gefährlich zu deklarieren, sollte besser - wie zum Beispiel in Niedersachsen - ein Hundeführerschein für die Halter zur Pflicht werden, schlägt sie vor: "Die Tierheime sind voll mit unerzogenen Hunden, weil Menschen den Aufwand der Erziehung unterschätzen und sich Tiere nur nach deren Optik kaufen."
Schlechte Aussichten: Änderungen in Bezug auf die Rasseliste in Hessen vorerst nicht vorgesehen
Doch in Hessen sind aktuell keine Änderungen geplant, wie das Innenministerium mitteilt. Die Liste werde regelmäßig "im Lichte neuer Erkenntnisse und aktueller Statistiken über Beißvorfälle überprüft", hieß es.
Eine Rasse wird von der Liste gestrichen, wenn innerhalb von vier Jahren keine Beißvorfälle notiert wurden und die Durchfallquote bei der Wesensprüfung unter drei Prozent liegt.
So gilt zum Beispiel seit 2010 der Fila Brasileiro, ein brasilianischer Jagdhund, nicht mehr als gefährlich. 2008 wurde der Rottweiler neu aufgenommen, weil die Zahl der Beißattacken zunahm.
Die Einordnung als Listenhund bedeutet für die Tiere unter anderem, dass sie nur von einem Menschen mit Sachkundenachweis Gassi geführt werden dürfen und einen Wesenstest bestehen müssen. Für American Staffordshire Terrier-Hündin Mucky war der Wesenstest gar kein Problem gewesen, wie Henninger berichtet.
Dennoch sitze sie seit fast einem Jahr im Oberurseler Tierheim.
Titelfoto: Tierheim Hochtaunus