Dutzende Haustiere warten stundenlang in U-Bahn-Station: Der Grund dafür rührt zu Tränen
Frankfurt am Main - Katze Mimi schaut erschrocken aus ihrem Tragekorb. "Katzen sind sehr sensibel, denen ist hier eigentlich zu viel los", sagt Maja Firlé. Die Tierärztin gibt Mimis Besitzer eine Tablette und erklärt deren Anwendung. Dazu erhält er eine Überweisung in die Praxis, sodass Mimi in Ruhe genauer untersucht werden kann. Firlé ist Gründerin der Sozialen Tier-Not-Hilfe Frankfurt am Main.
Der Verein unterstützt Tierhalter, die sich die medizinische Behandlung ihrer Lieblinge nicht leisten können. Dazu bauen mehrere Tierärztinnen und Tierärzte sowie Helferinnen und Helfer einmal im Monat eine provisorische Praxis in der B-Ebene der zentralen U- und S-Bahnhaltestelle Hauptwache in Frankfurt auf.
Stundenlang untersuchen sie hier Tiere, hauptsächlich Hunde und Katzen.
Sie geben Impfungen, Mittel zur Entwurmung und andere Medikamente. Ein älterer Labrador etwa muss einmal im Monat eine Spritze gegen Arthrose erhalten. "Ohne die Tier-Not-Hilfe würde ich das nicht schaffen", sagt die Besitzerin.
Der Verein finanziert sich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen. Die Behandlung ist ausschließlich für Tiere von Frankfurter Bürgerinnen und Bürgern möglich.
Sie müssen dazu nachweisen, dass sie obdachlos sind, Bürgergeld beziehen oder nur über eine geringe Rente verfügen.
Bei der Sprechstunde an der Hauptwache müssen sie zehn Euro pro Tier bezahlen, maximal zwei werden behandelt. Die Tiere müssen älter als ein Jahr sein, um aufgenommen zu werden. "Das Angebot ist gedacht für Tierbesitzer, die in Not geraten sind", sagt Vereinsvorsitzende Simone Glaser. Die Tiere von Obdachlosen werden kostenlos behandelt.
Ist eine Überweisung in die Praxis nötig, bezahlt die Tier-Not-Hilfe die Behandlung zu zwei Dritteln, ein Drittel muss selbst finanziert werden. "Notfalls suchen wir einen Spender oder einen Paten", sagt Glaser.
Sprechstunde der Tier-Not-Hilfe wird im Schnitt von rund 35 Tieren und deren Haltern genutzt
Knapp 400 Tierhalter befinden sich in der Kartei, insgesamt rund 55.000 Euro betragen die jährlichen Ausgaben des Vereins, mit steigender Tendenz. Spenden werden dringend benötigt.
Die Bereitschaft dazu sei angesichts allgemein steigender Kosten zurückgegangen, sagt Glaser. "Gleichzeitig haben auch wir höhere Ausgaben und die Kosten für Tierarztbehandlungen sind gestiegen."
Es gebe Anfragen aus ganz Deutschland von Menschen, die Hilfe brauchten für ihre Tiere. Doch hier könne der Verein nicht helfen. "Seit Corona haben wir mehr Anfragen, damals haben sich viele Menschen Tiere angeschafft und dann Probleme bekommen, die Behandlungskosten aufzubringen."
In der B-Ebene der Hauptwache hat sich an diesem Samstag eine lange Schlange gebildet. Vor allem Hundebesitzer warten geduldig, bis sie an der Reihe sind. Im Schnitt 35 Tiere kommen pro Sprechstunde dran, bis zu drei Stunden dauert es, bis alle Patienten versorgt sind.
Gegründet wurde die Tier-Not-Hilfe vor 15 Jahren. Seitdem gab es viele Anfragen aus anderen Städten, wie man ein solches Angebot aufbauen kann, sagt Gründerin Firlé. Auch andernorts in Hessen kümmern sich Vereine um Tiere, deren Besitzer sich die Behandlungskosten nicht leisten können.
Nicht nur die Frankfurter Tier-Not-Hilfe setzt sich für Stubentiger und Fellnasen ein
Etwa die Underdog-Sprechstunde in Darmstadt und die mobile Pfotenhilfe für Obdachlose in Groß-Gerau. Auch Tiertafeln helfen, sie verteilen Futter und greifen den Tierhaltern bei Arztkosten unter die Arme - so weit möglich.
In Kassel unterstützt die Tiertafel des Tierheims "Wau-Mau-Insel" etwa Impfungen oder Kastrationen. Größere Operationen könnten nicht finanziert werden, sagt Leiter Karsten Plücker. Es gebe auch überregional zahlreiche Anfragen von Tierhaltern, bei denen man nicht helfen könne.
Plücker ruft dazu auf, sich bei der Anschaffung eines Tieres zu vergegenwärtigen, welche potenzielle Kosten auf einen zukommen - und dann entweder Geld dafür zurückzulegen oder eine Versicherung abzuschließen.
Titelfoto: Helmut Fricke/dpa