Als Ferkel dem Tod entkommen: Schwein Rosalie lebt sauglücklich in Ostfriesland

Großefehn - Im Schlamm suhlen, an Bäumen schubbern oder einfach nur auf der faulen Haut im Stroh liegen: Das alles war im Leben vom Mastschwein Rosalie eigentlich niemals vorgesehen - bis das Ferkel Reißaus nahm und dem sicheren Tod von der Schippe sprang.

Das ehemalige Mastschwein Rosalie steht auf einem Bauernhof auf einer Weide. Als Ferkel lief Rosalie bei der Verladung auf einen Anhänger davon.
Das ehemalige Mastschwein Rosalie steht auf einem Bauernhof auf einer Weide. Als Ferkel lief Rosalie bei der Verladung auf einen Anhänger davon.  © Hauke-Christian Dittrich/dpa

Seit knapp drei Jahren lebt Rosalie nun sauglücklich auf dem Hof von Landwirtin Maren Osterbuhr (34) mitten in Ostfriesland. "Rosalie soll hier alt werden dürfen - und zwar gesund", sagt die junge Landwirtin, während sie eine Banane schält. "Rosalie, magst du ein bisschen Banane?"

Langsam trottet die 400 Kilo schwere Sau auf die Landwirtin im knallgelben Anorak zu, nimmt das Obst grunzend an und lässt sich dabei sichtlich zufrieden am Bauch kraulen. Wäre Rosalie in der Mast geblieben, wäre sie wohl nicht einmal ein halbes Jahr alt geworden.

Rosalies Leben veränderte sich in einer eiskalten Winternacht im Februar 2019. Mit minus acht Grad war es für ostfriesische Winterverhältnisse ungewöhnlich kalt, sogar Schnee lag.

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Am frühen Morgen machte sich Maren Osterbuhr auf zu ihrem Kuhstall, der rund 800 Meter vom Hof bei Großefehn im Landkreis Aurich entfernt steht, um ihre Kühe zu melken.

"Und dann saß da ein Ferkel bei uns im Stall zwischen den Kühen", erinnert sich die 34-Jährige. Fast erfroren und mehr tot als lebendig sei das kleine Tier gewesen. Doch woher kam es?

Rosalie büxte als Ferkel beim Umladen auf einen Viehtransport aus

Nach einer kalten Winternacht suchte das junge Tier Zuflucht im Stall der ostfriesischen Landwirtin Maren Osterbuhr (34).
Nach einer kalten Winternacht suchte das junge Tier Zuflucht im Stall der ostfriesischen Landwirtin Maren Osterbuhr (34).  © Hauke-Christian Dittrich/dpa

"Ein Schwein läuft einem ja eigentlich nicht zu", sagt Osterbuhr. Und doch: Bei einem Spaziergang am Tag entdeckte die junge Landwirtin Spuren, die das Ferkel offenbar bei seinem Weg in den warmen Stall im Schnee hinterlassen hatte - durch die klirrend kalte Nacht.

"Das können Ferkel eigentlich gar nicht überleben", sagt die Bäuerin. Denn normalerweise verbrächten Ferkel ihre ersten Lebenswochen unter der Wärmelampe bei wohligen 20 bis 25 Grad. Doch Rosalie schaffte es.

Über die Ohrmarke fand Osterbuhr den Halter heraus: ein Schweinebauer aus der Nachbarschaft. Der hatte am Vorabend seine Ferkel von einem Stall zur Mast in einen anderen transportieren wollen. "Da ist Rosalie wohl einfach abgezischt", sagt Osterbuhr.

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Zurücknehmen durfte der Landwirt Rosalie aus hygienischen Gründen nicht. "Ich hätte sie sowieso nicht rausgerückt", gibt die Bäuerin mit einem Lachen zu.

Und so wurde das "Findel-Ferkel" mit mehreren Wärmflaschen und Decken an die Küchenheizung gelegt. Etwa einen halben Tag habe es gedauert, bis Rosalie halbwegs wieder aufgetaut war. "Und dann hatte sie sehr viel Hunger", erinnert sich Osterbuhr.

Schwein Rosalie ist mittlerweile ein kleiner Star auf Instagram

Mittlerweile ist Rosalie auch auf Instagram bekannt.
Mittlerweile ist Rosalie auch auf Instagram bekannt.  © Hauke-Christian Dittrich/dpa

Der Hunger ließ so schnell auch nicht nach. Bananen, Erdbeeren, Tomaten und Salat liebe die Sau. "Wir versuchen schon, sie mager zu ernähren". Doch bei einem Schwein, das eigentlich für die Mast gezüchtet wurde, sei das gar nicht so einfach.

"Alles, was wir Menschen richtig lecker finden, findet Rosalie auch super." Kekse etwa, die Maren Osterbuhr immer reichlich in ihrer Tasche hat - und das weiß Rosalie natürlich.

Mittlerweile ist die Sau nicht nur ein liebevoll umsorgtes Familienmitglied der Osterbuhrs, sondern auch ein kleiner Star auf Instagram - eine echte Rampensau sozusagen.

Denn Maren Osterbuhr berichtet in dem sozialen Netzwerk ihren rund 16.000 Followern schon lange über ihre Arbeit als Landwirtin. "Dann wurde Rosalie irgendwann zum Liebling."

Zum Teil seien Follower sogar aus Berlin angereist und hätten ihren Urlaub an der Nordseeküste verbracht - nur um dabei einmal auch Rosalie besuchen zu können, berichtet sie.

Maren Osterbuhr will für mehr Wertschätzung der Landwirtschaft werben

Landwirtin Maren Osterbuhr nutzt Instagram, um für mehr Wertschätzung der Landwirtschaft zu werben.
Landwirtin Maren Osterbuhr nutzt Instagram, um für mehr Wertschätzung der Landwirtschaft zu werben.  © Hauke-Christian Dittrich/dpa

Instagram nutzt Maren Osterbuhr, um mit Verbraucherinnen und Verbrauchern in Kontakt zu kommen. Die Bevölkerung sei extrem entfremdet von der Landwirtschaft, beklagt sie.

"Wir haben als Landwirte komplett verpasst, den Verbraucher mitzunehmen. Also die Verbraucher wissen überhaupt nicht mehr, was muss wie warum gemacht werden."

Viele hätten gar keinen Bezug zu dem Fleisch, das sie essen. Dabei bräuchte es eine viel größere Wertschätzung für die Arbeit und die Lebensmittel, die die Landwirtschaft produziere, auch damit etwa Schweinebäuerinnen und Schweinebauern von ihrer Arbeit leben könnten.

Schwein Rosalie habe einige ihrer Instagram-Follower bereits zu einem anderen Kaufverhalten bei Fleisch bewegt, berichtet Maren Osterbuhr. Indem sie ausführlich von Rosalie, ihren Milchkühen und dem Hofleben berichte, habe sich bei vielen ein anderes Bild von Landwirtschaft eingestellt.

"Ich erhoffe mir dadurch, dass die Landwirte irgendwann vielleicht mal ein bisschen mehr Geld für ihre Produkte erhalten und wir dann alle in der Lage sind, die Tiere wesentlich besser halten zu können", sagt die 34-Jährige. Schwein Rosalie soll ihr dabei noch lange zur Seite stehen und nun auf dem Hof alt werden.

Titelfoto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

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