Tierfilmer braucht für seine Bilder Zeit und Nerven: Gut getarnt ist halb gewonnen!

Sachsen - Er macht scheue Tiere in seltenen Posen zu Kino- und Fernsehstars: Lennert Piltz (41) ist Tierfotograf und -filmer. Sein Jagdrevier für kamerascheue Tiere ist vor allem das über 5.000 Hektar große Lausitzer Seenland.

Mit zehn Kilo Technik auf Fotopirsch: Für alle seine Filmaufnahmen braucht Lennert Piltz (41) Sondergenehmigungen von Naturschutzbehörden und Landbesitzern.
Mit zehn Kilo Technik auf Fotopirsch: Für alle seine Filmaufnahmen braucht Lennert Piltz (41) Sondergenehmigungen von Naturschutzbehörden und Landbesitzern.  © Lennert Piltz

Um dabei zum Beispiel den Ziegenmelker - den am besten getarnten Vogel der Lausitz - vor die Linse zu bekommen, muss er selbst zum Meister der Tarnung werden.

"Das Klicken der Spiegelreflexkamera stört Vögel übrigens nicht, während Säugetiere bei dem Geräusch Reißaus nehmen", erklärt er.

Dort, wo Tiere schlafen, schlägt auch Piltz sein Nachtlager auf und legt sich auf die Pirsch. Bis dann ein Tier vor seine Optik läuft, kann es manchmal ewig dauern.

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"Auf mein erstes gutes Foto von einem Ziegenmelker musste ich zwei Jahre warten", sagt er. Er hatte den perfekt getarnten Tieren zuvor so lange nachgestellt, dass er fast schon zum Vogelfamilienmitglied wurde.

Eisvogel löste einst das Foto-Jagdfieber aus

Hier hat ein Fuchs die Kamera auf einem Biberdamm ausgelöst, die dann automatisch eine Minute lang filmt.
Hier hat ein Fuchs die Kamera auf einem Biberdamm ausgelöst, die dann automatisch eine Minute lang filmt.  © Lennert Piltz

Für einzigartige Bilder bleibt im Sommer an 20 Tagen im Monat das Bett neben seiner Freundin Marleen (39) zu Hause leer, wenn er mal wieder in der Wildnis übernachtet.

Einmal kam er dabei sogar in Lebensgefahr, "als ein brunftiger Hirsch auf mein Versteck losstürmte, erst in letzter Sekunde abbog".

Ein Eisvogel, der sich beim Angeln auf die Rutenspitze setzte, löste einst das Jagdfieber nach Fotos aus. Geschossen hat er ihn damals mit einer Canon-Spiegelreflexkamera, die er sich von seinem ersten Lehrlingsgeld kaufte.

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"Als 16-Jähriger bewarb ich mich mit dem Eisvogel-Bild bei einem Wettbewerb des NABU und belegte den ersten Platz. Der Preis war ein Buch über Ornithologie", erinnert er sich. Darin entdeckte er erstmals sein späteres Lieblingsmodell - den Ziegenmelker.

Ziegenmelker und Küken

Der streng geschützte Ziegenmelker wurde im Laufe der Jahre zu seinem Lieblingsvogelmotiv. "Er ist nachtaktiv, legt seine Eier als Bodenbrüter direkt auf dem Waldboden ab", weiß Piltz. Das macht es besonders mühsam, die Nachtschwalben-Art beispielsweise in der Slamener Heide aufzuspüren.

"Ich orientiere mich am markanten Schnurren der Vögel, mit dem sie ihr Revier abstecken. Dann suche ich mit dem Fernglas Meter für Meter den Boden ab", erzählt er. So kommt er Schnurren für Schnurren dem Gelege Schritt für Schritt näher - wenn es windstill, Nacht und 20 Grad warm ist.

Für dieses seltene Foto eines Ziegenmelker-Weibchens mit Küken schoss er 2017 gleich 50 Bilder im Dauerfeuer hintereinander. "Nur bei diesen einem Foto schien die Sonne genau auf die Gesichter, dann war sie untergegangen", sagt er. Oft gibt es keine zweite Chance für den richtigen Augenblick.

Lieblingsmotiv Ziegenmelker. Hier sogar mit einem Küken im Schlepptau.
Lieblingsmotiv Ziegenmelker. Hier sogar mit einem Küken im Schlepptau.  © Lennert Piltz

Grünes Heupferd

Auch auf das richtige Equipment kommt es an. Dieses seltene Grüne Heupferd erwischte Piltz ganz zufällig beim Radeln mitten auf einem Sandweg - und das auch noch während einer nur seltenen dokumentierten Ei-Ablage in freier Wildbahn.

Er konnte der Laubheuschrecke mit einem speziellen Makroobjektiv, das wie ein Stabmikrofon aussieht, ganz nah auf die Pelle rücken und jedes Detail einfangen. "Ich bin meist mit einem Fotorucksack unterwegs, in dem sich verschiedenste Kameras, Objektive und Stative befinden", erzählt er.

Damit ist der Tierfilmer quasi jederzeit schussbereit für alles, was da vor seinen Linsen kreucht und fleucht.

Ein Grünes Heupferd posierte vorm Makroobjektiv. Auf dem Foto ist beinahe jedes Detail des kleinen grünen Insekts zu erkennen.
Ein Grünes Heupferd posierte vorm Makroobjektiv. Auf dem Foto ist beinahe jedes Detail des kleinen grünen Insekts zu erkennen.  © Lennert Piltz

Wölfe auf Gleisen

Zwei Wolfswelpen vor der Linse, die auf Bahngleisen spielen, ist schon eine Seltenheit. Doch dass sie dann auch noch einer heranbrausenden Diesellok Platz machen, ist ein Glücksfall. Mit diesen Aufnahmen im Kasten wurde Piltz zum Glückspilz.

"Für die Bilder habe ich zwei Monate lang täglich bis zu zehn Stunden an einer Waldschneise in meinem Tarnzelt gewartet", gesteht er. "Ich wollte gerade frustriert abbrechen, da kamen erst die Wölfe, dann die Lok ins Bild." Nach dem Klickgewitter und als sie nur noch die Rücklichter der Lok sahen, kehrten die Welpen übrigens seelenruhig zum Spielen auf den Gleisdamm zurück.

Zum Dank für die seltenen Bilder hat sein Filmproduzent die Initialen von Lennert Pilz später am Computer künstlich auf die Lok geprägt: LP - zwei Buchstaben als Signatur für größtes Glück.

Jetzt aber schnell! Wolfsjunge toben auf Bahngleisen herum.
Jetzt aber schnell! Wolfsjunge toben auf Bahngleisen herum.  © Lennert Piltz

Wildschweine

Für legendäre Bilder muss der Tierfilmer auch Detektiv sein, um Fährten zu lesen oder Tierlaute zu erkennen. Seit zwei Jahren nutzt er auch Wärmebildgeräte, um Tiere aufzuspüren - zum Beispiel diese Wildschweinrotte, die sich aus Schilfhalmen eine Art Nest für den Winter gebaut hatten.

Zudem knipsen ferngesteuerte Kameras die Tiere, wenn sie in Bewegungssensoren tappen. "Dafür nutze ich 40 mal 50 Zentimeter große Kunststoffkisten, in denen Weitwinkelkameras versteckt sind."

Und weil es für spannende Tierdokumentationen auch Schnittbilder aus unterschiedlichen Blickwinkeln geben muss, werden manchmal bis zu vier solcher Kisten aufgestellt.

Manchmal schauen die tierischen Models auch direkt in die Kamera.
Manchmal schauen die tierischen Models auch direkt in die Kamera.  © Lennert Piltz

Blaue Moorfrösche

Diese Blauen Moorfrösche ließen sich im März bei bibberkalten sieben Grad Wassertemperatur ablichten. "Für solche Amphibien-Aufnahmen gehe ich mit Wathose in Tümpel oder liege tagelang in selbstgebauten Buden oder im Zelt am Wasser."

Jedes Verlassen der Verschläge verscheucht Tiere. Deshalb bleibt auch die Notdurft in einem Eimer im Zelt. Denn absolute Ruhe ist die beste Garantie für gute Aufnahmen. Tee aus der Thermoskanne spendet etwas Wärme. Manchmal bringt ihm seine Freundin Marleen (39) Eintöpfe in Tupperdosen in die Lausitzer Wildnis hinaus.

"Am liebsten mag ich ihre Kartoffelsuppe mit Würstchen." Und statt einer Dusche hat er immer Wechselsachen im Auto.

"Erst kommt das Tier, dann das Foto", lautet das Credo von Piltz. "Deshalb nutze ich auch kein Futter, um Tiere vor meine Kameras zu locken."
"Erst kommt das Tier, dann das Foto", lautet das Credo von Piltz. "Deshalb nutze ich auch kein Futter, um Tiere vor meine Kameras zu locken."  © Lennert Piltz

Der aktuelle Kinofilm "Wilder Grenzgänger - der Wolf ist zurück" (91 min.) mit Aufnahmen von ihm ist derzeit in der ARTE Mediathek zu sehen.

www.lennertpiltz.de

Titelfoto: Bildmontage: Fotos/Lennert Piltz

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