Darum arbeiten Katzenvorleser im Tierheim: Zeitvertreib für Rentner oder Hilfe fürs Tier?
Hamburg - Im Hamburger Tierheim an der Süderstraße lesen Freiwillige den herrenlosen Katzen regelmäßig Geschichten vor. Aber wozu soll das überhaupt gut sein?
Das Vorlesen, sei ein wichtiges Ehrenamt, durch das die Vermittlungschancen scheuer Katzen erhöht werde, so der Hamburger Tierschutzverein (HTV) auf Facebook.
Der Lokalsender NOA4 schaute sich das Ganze genauer an und begleitete eine Vorleserin bei ihrer Arbeit.
Dreimal die Woche besuche die Rentnerin Marion Bernstein die schüchternen Fellnasen im Heim. Dort sitzt sie auf einem Rattansessel und liest aus dem Buch "Der kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupéry vor.
"Wenn die wild sind, dann haben die ja noch nicht viel mit Menschen zu tun gehabt. Und die sollen sich ja an die (...) menschliche Stimme gewöhnen", erklärt die Vorleserin.
Die Katzen würden so merken, dass der Mensch, der dort sitzt, nichts "mache" und nach einer gewissen Zeit auch Vertrauen fassen. Oftmals dauere es mehrere Wochen, bis die Katzen zutraulich werden - Das Ziel der ganzen Mühe.
Frau Bernstein bringe jedes Mal neue Bücher mit. Vorlesen könne sie aber alles. Egal ob Roman, Gebrauchsanweisung oder Kassenzettel. Nur gleichmäßig ruhig müsse die Stimme dabei sein.
Je jünger die Katzen seien, desto schneller käme es zum Kontakt "Die kommen aus ihren Verstecken raus, die bleiben liegen. Die gucken zu, die Augen werden geschlossen."
Katzenvorleser im Hamburger Tierschutzverein
20 Katzenvorleser im HTV
Dass das Vorlesen Wirkung zeigt, beweist Conrad, der sich während des Beitrags nach nur wenigen Zeilen Frau Bernstein genauer anschaut. Sogar streicheln lässt er sich.
Fürs Vorlesen hätten die Angestellten im Alltagsgeschäft keine Zeit, so Sven Fraaß vom HTV. Dafür bräuchten sie viele Ehrenamtlichen, die mit viel Ruhe, Zeit und Entspannung den Katzen vorlesen. "Damit dann auch wirklich die Katzen merken, 'der Mensch ist entspannt, ich kann auch entspannen'." Würde diese Aufgabe von gestressten Hauptamtlichen übernommen, hätte das den gegenteiligen Effekt.
Wer nur zum Kuscheln käme, werde enttäuscht. Auch der HTV betont auf Facebook: "Es handelt sich um scheue Katzen, also Tiere, die (noch) keinen Wert auf Streicheleinheiten und Spielereien legen."
Der "Trend" käme aus den USA. Für den Hamburger Tierschutzverein würden derzeit 20 Katzenvorleser ehrenamtlich arbeiten.
Titelfoto: Monika Skolimowska/dpa