Experte sagt: Problem-Hunde werden "böse geliebt"
Liebenau/Altenstadt/Wiesbaden - "Hunde werden nicht böse geboren, sie werden böse geliebt", sagt der Experte Uwe Bräuer.
Er ist Besitzer der Apollo Hundeschule und Pension im nordhessischen Liebenau. Der 57-Jährige hat sich auf die Resozialisierung von Problem-Hunden spezialisiert.
Wenn Kommunen im Dreiländereck zwischen Niedersachsen, Nordrein-Westfalen und Hessen nicht wissen, wohin mit sichergestellten Vierbeinern, wenden sie sich an Bräuer.
Das Problem mit Hunden ist eigentlich ein Problem mit Menschen: Denn die Tiere hätten mittlerweile einen anderen Stellenwert in der Gesellschaft, seien oft Kinder- oder Partnerersatz, erklärt Bräuer. Doch der Hund verliere durch die übermäßige Liebe den Respekt vor dem Menschen und übernehme die Kontrolle.
Vielen Hunden könne er helfen. "In den ganzen Jahren waren vielleicht ein- bis zweimal Tiere dabei, die so verkorkst waren, dass wir sie nicht mehr hinbekommen haben."
Einrichtungen wie die Apollo Hundepension oder spezialisierte Tierheime sind oft die letzte Rettung für Tiere, die von Behörden sichergestellt wurden oder den Stempel "Problem-Hund" bekommen haben.
Normale Tierheime lehnten diese Vierbeiner oft ab, sagt Ute Heberer, zweite Vorsitzende des Landestierschutzverbands Hessen.
"Schattenhunde" sind großes Problem für Tierheime
Die Heime arbeiteten an der Grenze ihrer Belastungsfähigkeit. Durch geringe Vermittlungschancen seien auffällig gewordene Tiere eine große Bürde. "Die Hunde brauchen mehr Kapazitäten – räumlich wie personell."
Verlässliche Zahlen zu betroffenen Tieren fehlen. "Aber es gibt viel zu viele und es werden immer mehr", sagt Heberer. Sie spricht von "Schattenhunden": Die Tiere säßen jahrelang ohne Vermittlungschance in Heimen, am Ende nehme sie niemand mehr wahr.
Das "Bündnis Schattenhunde", ein Zusammenschluss von Tierheimen aus mehreren Bundesländern, macht auf ihr Schicksal aufmerksam.
Was die Hunde davor bewahren könnte, zu Problem-Hunden zu werden? Wenn die Halter sich informieren.
"Hundekäufer konnten sich noch nie so gut informieren wie heute", sagt Madeleine Martin, die seit 1992 Tierschutzbeauftragte des Landes Hessen ist: "Sie tun es aber nicht."
Zu ihrem Amtsantritt habe sie ein Merkblatt "Augen auf beim Hundekauf" ins Leben gerufen – das gibt es bis heute. Doch wirklich etwas ändern könne nur die Einführung eines Hundeführerscheins.
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