Gnade vor Unrecht? Abschussbefehl für "Problembärin" Gaia ausgesetzt
Trient - Erst Anfang April hatte Bärin Gaia nachweislich einen Jogger (26) getötet. Nun hat ein italienisches Gericht den Abschussbefehl gegen die Schwester des bayerischen "Problembären" Bruno (†2006) ausgesetzt.
Damit reagierte das Verwaltungsgericht mit Sitz in der norditalienischen Stadt Trient auf die eingelegte Berufung von Tierschutzvereinen.
Demnach soll laut richterlichem Dekret der Abschussbefehl bis zum 11. Mai 2023 ausgesetzt werden. Im Anschluss soll es eine Anhörung geben, bei der über das Schicksal der Braunbärin entschieden wird.
Vielen Italienern stößt diese Entscheidung sauer auf. Sie wollen Gaia, die im amtlichen Schriftverkehr als "JJ4" gekennzeichnet ist, am liebsten tot sehen. Auch die Regierung der Provinz Trentino möchte das Säugetier und zahlreiche weitere Artgenossen aus der Region "entfernen".
Die politischen Entscheider sehen sich durch das tragische Ereignis der vergangenen Woche bestärkt.
Am 6. April hatte Gaia einen 26-Jährigen Mann beim Joggen überrascht und ihn dann getötet. Am Körper des Opfers wurden schwerste Verletzungen festgestellt. Regionalpräsident Maurizio Fugatti ordnete daraufhin die Tötung der 17 Jahre alten Bärin an.
In ganz Italien hat sich seit dem Tod des Trentiner Joggers die Debatte um das Zusammenleben von Bär und Mensch zugespitzt.
Gaia griff bereits mehrmals Menschen an
Schon in der Vergangenheit fiel die Bärin immer wieder durch Angriffe auf Menschen auf. Im 22. Juni 2020 attackierte die Bärin einen Vater mit seinem Sohn in den Dolomiten. Beide kamen mit Verletzungen ins Krankenhaus. "Gaia" wurde - wie einst ihr Bruder Bruno - als Problembär eingestuft und schon damals von der italienischen Regierung zum Abschuss freigegeben. Auch 2020 entschied ein Gericht gegen die Tötung.
Die Tierschutzorganisationen LAV und LAC freuten sich über die Entscheidung der Richter. Auf Twitter verkündete LAV: "Für uns ist diese Nachricht äußerst positiv." Und weiter: "Die Bären und Bürger des Trentino haben das Recht, in Frieden zusammenzuleben!"
Um eine friedliche Koexistenz zwischen Mensch und Bär zu gewährleisten, fordern die Tierschutzaktivisten deshalb nun eine vertiefende Umweltbildung für die lokale Bevölkerung und die Einrichtung von Wildtierkorridoren.
Titelfoto: Peter Kneffel/dpa