"Juni Streikmonat fürs Süße": Müssen wir im Sommer auf Eis verzichten?
Hamburg - Sommerzeit bedeutet Eiszeit. In Hamburg werden im Schnitt jährlich 15 Millionen Liter Eis verspeist. In Kugeln gerechnet sind das etwa 215 Millionen Stück, sagen die Statistiker vom Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI). Aber: Gibt es bald überhaupt noch genug Eis für alle süßen Schleckermäulchen? Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) kündigt nun im gesamten Juni Streiks an.
Nicht alles ist so süß wie es schmeckt und das vor allem, wenn es um die Produktion der Zuckerprodukte geht. "Was die Süßwarenindustrie nicht verrät: Sie produziert süßes Eis gerade mit einem bitteren Beigeschmack - jedenfalls für die Beschäftigten. Denn denen schmecken die Löhne schon lange nicht mehr", teilte Silke Kettner von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten mit.
Doch nicht nur bei der Eisproduktion stoßen die Löhne der Gewerkschaft bitter auf. Das Gehaltsproblem bestehe in der gesamten Branche, egal ob Gummibärchen, Schokolade oder Kekse.
"Wer in der Süßwarenindustrie in der Produktion am Band steht oder im Lager arbeitet, muss am Ende des Monats jeden Euro dreimal umdrehen. Gerade in den unteren Lohngruppen ist an den Jobs nur das süß, was produziert wird. Nicht aber das, was verdient wird", so die Geschäftsführerin der NGG-Region Hamburg-Elmshorn.
Wenn das so weitergehe, werden viele der Branche bald den Rücken kehren, wenn sie es nicht schon getan haben.
Die NGG, die eigentlich bereits in Tarifverhandlungen mit den Herstellerfirmen solcher Süßwaren steckt, wolle diese nun erstmal abbrechen. Arbeitgeber wie die Branchengiganten Ferrero, Storck, Lindt, Haribo, Nestlé oder Bahlsen hätten bisher absolut keine Bereitschaft gezeigt, mit einem angemessenen Lohnangebot zu reagieren.
116 Kugeln Eis gönnt sich der Deutsche pro Jahr
Nun will die Gewerkschaft Konsequenzen ziehen und streiken. "Mit Peanuts lassen sich die Beschäftigten nicht abspeisen. Jetzt gibt es flächendeckende Warnstreiks. Der Juni wird zum 'Streikmonat fürs Süße'", so Gewerkschafterin Silke Kettner.
Ziel der Gewerkschaft sei es, die hohen Preissteigerungen aufzufangen und monatlich 500 Euro mehr für Mitarbeiter in den unteren Lohngruppen zu fordern. Alle anderen sollen zukünftig einen Mehrlohn von 400 Euro erhalten.
Auch Azubis sollen bei den Lohnverhandlungen nicht leer ausgehen. Hier fordert die Gewerkschaft mindestens 200 Euro mehr Gehalt im Monat. Zusätzlich wolle man noch ein "Ticket-Geld", das heißt eine monatliche Fahrtkostenpauschale von 50 Euro, für die Mitarbeitenden durchsetzen.
Die Hoffnung auf eine Einigung ist sicherlich im Interesse aller. Nicht nur die Beschäftigten, auch die Hamburger Eis-Hungrigen würden von besseren Löhnen und Mitarbeitererhalt profitieren. Der Bundesverband hat nämlich den durchschnittlichen "Eis-Hunger" pro Kopf ermittelt und erstaunliche Ergebnisse geliefert.
8,1 Liter Speiseeis lässt sich Jung und Alt pro Jahr schmecken. Das sind ganze 116 Kugeln pro Kopf. Eine beachtliche Summe, die bald aufgrund von eventueller Eis-Knappheit einschrumpfen könnte.
Titelfoto: Jens Kalaene/dpa (Symbolbild)