Im Wohnwagen Freiheit genießen: Urlaub mitten in der Natur - Camping boomt in Sachsen wie nie zuvor
Dresden - Camping hat sich in Deutschland seit Corona zu einem wahren "Massenphänomen" entwickelt. Mit Wohnmobilen, Wohnwagen, ausgebauten Kleinbussen oder Zelt und Schlafsack ziehen jedes Jahr Millionen Menschen hinaus, um freie Tage, Ferien oder einfach Zeit im Grünen zu verbringen. Hier lest Ihr, warum Camping für einige Sachsen Urlaub ist und welche Impulse es im Freistaat setzt.
"Ich liebe es, den ganzen Tag über Vogelgezwitscher zu hören", schwärmt Frank Steinert (52) aus Gebelzig (bei Weißenberg) und lädt herzlich ein ins Vorzelt seines Wohnwagens auf dem Naturcampingplatz Brettmühlenteich (bei Radeburg).
Die halbe Familie hat sich dort um einen Campingtisch versammelt. Es gibt Obst, Saft und viel zu lachen. "Wir mögen am Camping, dass alles ungezwungen ist und es keine steifen Regeln gibt wie in einem Hotel", sagt er. Seine Frau Kathrin nickt. Gemeinsam erinnern sie sich daran, wie ihre Kinder früher herumgetobt sind: "Im Hotel oder einer Ferienanlage hätte es da bestimmt Stress gegeben. Aber auf den Zeltplätzen waren alle immer entspannt".
Im vergangenen Sommer zog die Familie ihren Wohnanhänger bis nach Kroatien in den Urlaub. "Da war es schön", sagt Frank Steinert. Auf zwei Tage An- und Abreise hatte er dieses Jahr aber keine Lust. Darum fiel die Wahl auf den Campingplatz im Norden von Dresden. Keine zwei Stunden dauerte seine Anfahrt aus der Oberlausitz. Er schwärmt:
"Donnerstag nach der Arbeit sind wir los. Ehrlich, so schnell war ich noch nie raus aus dem Alltag. Sachsen ist auch herrlich. Man muss nicht immer weit weg."
Der Freistaat will vom Camper-Trend profitieren
Michael Welde (47) freut das. Er betreibt den traditionsreichen Zeltplatz am Brettmühlenteich seit wenigen Jahren. 2019 begann er umfangreiche Bau- und Sanierungsmaßnahmen.
"Geplant waren damals Investitionen im Umfang von 1,9 Millionen Euro. Doch durch Corona kam es zu erheblichen Verzögerungen. Dann explodierten die Baupreise. Bis heute haben wir insgesamt 3,5 Millionen Euro in den Zeltplatz gesteckt", sagt Welde.
Er konnte dafür Fördermittel nutzen. "Dafür bin ich sehr dankbar", sagt er. Der Platz ist ein kleines Juwel geworden. 50 Ferienhäuser, ein großer Spielplatz, eine Ballspielanlage, Versorgungsgebäude und insgesamt 140 Zelt-Caravanplätze sind entstanden. "Die Ferienhäuser werden vor allem übers Wochenende gebucht. Wir profitieren auch vom Trend des mobilen Campings mit Auto und Dachzelt oder Multivan. Unsere Gäste lieben es, sich 'Rauszeiten' zu nehmen", berichtet Welde.
Deutschlandweit zählte man 2023 insgesamt 42,3 Millionen Camping-Gästeübernachtungen. Das sind 5,2 Prozent mehr gewesen als im Jahr zuvor. In Sachsen wurden im gleichen Zeitraum 1,06 Mio. Camping-Übernachtungen verzeichnet (plus 22,3 Prozent gegenüber 2022), laut der Tourismus- und Marketinggesellschaft Sachsen.
"Wir verzeichnen ungebrochen eine hohe Nachfrage der Gäste im Camping- und Caravaningbereich", sagt Tourismusministerin Barbara Klepsch (58, CDU).
Camping-Comfort gibt es schon längst auf Luxus-Level
Lausitzer Seenland, Sächsische Schweiz, Vogtland, Leipzig: Gleich mehrere neue Campingplätze befinden sich gegenwärtig in der Planung.
Zudem werden hierzulande bestehende Anlagen erweitert und auch Bauernhöfe, Pensionen, Weingüter richten Zeltwiesen sowie Camper-Stellplätze ein, um Gäste anzulocken. Ein Ende des Booms lässt sich schließlich noch nicht absehen.
Woher kommt die neue Lust auf wilde Romantik, mobilem Leben und Reisen? Dieser Trend zeichnete sich schon vor Corona ab. Als Verreisen in der Pandemie dann nur bedingt möglich war, entdeckten viele Menschen Camping neu für sich. Sie stillten damit ihren Drang nach Freiheit.
Die Outdoor-Szene nährt heute die geweckte Sehnsucht weiter mit tollen Storys von Menschen, die dem Alltag den Rücken gekehrt haben. Ausrüster und Wohnmobil-Ausstatter tun darüber hinaus ihr Bestes, um Wünsche zu erfüllen.
Camping-Komfort gibt es heute längst auch auf dem Luxus-Level.
Sachsen gehört zu den beliebtesten Reisezielen
Urlaub mit dem Caravan - darauf fahren die Deutschen momentan voll ab.
Binnen eines Jahres stieg die Zahl der Wohnmobile in Deutschland um 70.000 auf jetzt insgesamt 908.000.
Damit hat sich der deutsche Wohnmobil-Bestand seit 2017 verdoppelt. Um der Entwicklung Schritt zu halten und davon zu profitieren, geben sowohl Kommunen als auch die Tourismusbranche Gas.
Bund und Freistaat fördern die Erschließung von Camper-Stellplätzen. Im Lausitzer Seenland werden dafür zum Beispiel Mittel aus dem Strukturfonds verwendet. Ende Juni übergab Sachsens Tourismus Barbara Klepsch (58, CDU) im Kurort und Staatsbad Bad Elster einen Fördermittelbescheid in Höhe von 800.000 Euro zur Errichtung von 20 neuen Wohnmobilstellplätzen sowie entsprechenden Sanitäranlagen und überdachten Grill- und Sitzmöglichkeiten. Das Geld stammt aus dem Landesprogramm "Ganzjahrestourismus".
Sachsen gehört zu den Lieblingsdestinationen der Wohnmobil-Fangemeinde. Das Portal stellplatz.info hat aktuell aus einer Auswahl von 17.000 Stellplätzen und mehr als acht Millionen Bewertungen die beliebtesten Stellplätze ermittelt.
Zu den Top 5 in Europa zählen der Camping-Stellplatz Struppen (Sächsische Schweiz) auf Platz 3 und der Stellplatz am Schanzberg (Oberlausitz) auf Platz 5.
Titelfoto: Montage: 123rf/vadymvdrobot, ronaldbonss.com /Ronald Bonss, Norbert Neumann