Rassistische Angriffe in Magdeburg nehmen fast täglich zu

Magdeburg - Drohungen, Schläge, Verfolgung: Seit dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt vom 20. Dezember hagelt es Angriffe auf Menschen mit ausländischem Aussehen.

Die Herkunft des Attentäters führte schon einen Tag nach dem Anschlag zu einer Demonstration rechter Gruppen, in der sie Remigration und Abschiebungen forderten.
Die Herkunft des Attentäters führte schon einen Tag nach dem Anschlag zu einer Demonstration rechter Gruppen, in der sie Remigration und Abschiebungen forderten.  © DPA

Die Todesfahrt vom saudi-arabischen Arzt Taleb A. (50) hat einen regelrechten Domino-Effekt an rassistischen Anfeindungen ausgelöst: Schon kurz nach der Tat zogen gewaltbereite rechte Gruppen durch die Stadt.

Laut dem Netzwerk der Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt wurden Menschen mit Migrationshintergrund durch Magdeburg gejagt, beleidigt und angegriffen.

Beispielsweise landeten eine arabisch aussehende Intensivkrankenpflegerin und ihr Mann an Heiligabend nach einem Angriff in der Notaufnahme, in der sie selbst kurz vorher um das Leben der Anschlagsopfer gerungen hatte.

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Taten dieser Natur haben auch seit dem Jahreswechsel nicht abgenommen. Die Zahl der Opfer wachse offiziellen Behörden zufolge nahezu täglich, wie der MDR berichtete.

Am Neujahrstag sei ein 31-jähriger Marokkaner am Bahnhof Neustadt von fünf Männern und einer Frau wegen seines Aussehens beleidigt, bespuckt, getreten und mit einem Schlagstock verprügelt worden, wie er der Süddeutschen Zeitung in einem Interview erzählte.

Er verbrachte die Nacht mit Wunden, Prellungen und einer Gehirnerschütterung im Krankenhaus.

Zuletzt sollen Unbekannte einer syrischen Familie ein Hakenkreuz an Wohnungstür geschmiert haben, so der MDR. Außerdem ermittle die Polizei zu Berichten über Drohbriefe in Briefkästen mehrerer Familien mit Migrationshintergrund.

Abdalla A.: "Manche Leute wollen den Hass auf uns schieben, als wären wir die Täter vom Weihnachtsmarkt"

In dem Blumenmeer an der Johanniskirche drücken etliche Menschen ihr Beileid für die Opfer des Anschlags aus, wie hier eine iranische Familie.
In dem Blumenmeer an der Johanniskirche drücken etliche Menschen ihr Beileid für die Opfer des Anschlags aus, wie hier eine iranische Familie.  © Isabelle Wiermann/TAG24

Abdalla A. war das erste Opfer in dieser neuen Reihe rassistischer Gewalt. Er wurde wenige Stunden nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt auf dem Heimweg von sechs Männern krankenhausreif geschlagen.

"Manche Leute wollen den Hass auf uns schieben, als wären wir die Täter vom Weihnachtsmarkt", sagte der 18-Jährige gegenüber der Süddeutschen Zeitung.

Vier Stadtratsfraktionen haben am gestrigen Freitag ihre Besorgnis über diese rassistisch motivierten Angriffe ausgedrückt.

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"Solche Übergriffe sind abscheulich und widersprechen allem, wofür unsere Stadt steht. Wir verurteilen sie aufs Schärfste", schreiben CDU/FDP, SPD/Tierschutzallianz/Volt, Grüne/future! und Die Linke in einer gemeinsamen Erklärung.

"Magdeburg darf jetzt nicht gespalten werden. In dieser Zeit der Trauer und des Schmerzes brauchen wir Zusammenhalt und gegenseitige Unterstützung", heißt es.

Die Fraktionen rufen alle Magdeburger dazu auf, zu handeln, wenn man Bedrohungen oder Angriffe beobachtet.

"Magdeburg darf nicht von Angst und Hass beherrscht werden - wir brauchen ein Klima des Trostes, der Menschlichkeit und des Zusammenhalts."

Titelfoto: DPA

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