Naturschutz gegen Brandschutz: Streit ums Totholz im Nationalpark
Bad Schandau - Schwere Vorwürfe treffen den Nationalpark Sächsische Schweiz. Kritiker halten den Zustand des Waldes für einen Brandbeschleuniger: Totholz liegt auf dem Boden, trockene Käferbäume bleiben stehen. Die Verwaltung weist den Vorwurf zurück.
Wer dieser Tage mit den Bewohnern der Sächsischen Schweiz spricht, hört immer wieder den Begriff "Totholz". Viele sehen darin einen Grund für den verheerenden Waldbrand, der noch immer im Grenzgebiet zu Tschechien wütet.
So auch Daniel Brade (41, SPD), Bürgermeister von Hohnstein, das am Rande des Nationalparks liegt.
"Was ich von kommunaler Seite aus kritisiere ist, dass trockenes, vom Borkenkäfer befallenes Fichtenholz nicht beseitigt wird. Das Holz liegt kreuz und quer, natürlich brennt das wie Zunder."
Er fordert, dass die Nationalpark-Verwaltung zumindest in der Nähe von Wohngebieten den Wald bereinigt.
Der Sachsenforst, zu dem der Nationalpark gehört, sieht das anders. "Totholz ist nicht die Ursache des derzeitigen Waldbrandes im Nationalpark Sächsische Schweiz", teilt der Sachsenforst auf Anfrage mit.
"Aus unserer langjährigen Statistik wissen wir, dass die Mehrzahl der Waldbrände auf menschliches Verhalten zurückzuführen ist."
Totholz mit wichtigem Nutzen!
Das Totholz gehöre zum Konzept des Nationalparks. Laut Sachsenforst bietet es Lebensraum für Tiere, lässt Humus für die nächste Baum-Generation entstehen.
Ein Kompromiss-Vorschlag kommt vom Waldbrandexperten Alexander Held (47), der am Europäischen Forstinstitut in Bonn arbeitet.
Auch er ist überzeugt vom Nutzen des Totholzes:
"Durch Totholz können sich Waldböden besser regenerieren. Es sorgt für mehr Humus und speichert Wasser."
Doch er schlägt die Einrichtung von "Schutzzonen" vor. Darunter versteht er etwa 30 Meter breite Streifen an den Wegrändern, die frei sind vom Totholz.
"Diese Zonen könnten das Feuer aufhalten. Außerdem könnten die Feuerwehren den Brand von dort aus bekämpfen."
Titelfoto: Mike Jäger