Vorwürfe nach Hochwasser: Wurde an der Talsperre Kelbra gepennt?
Kelbra - Haben die Betreiber der Talsperre Kelbra (Landkreis Mansfeld-Südharz) während des bevorstehenden Weihnachts-Hochwassers zu spät reagiert? Anwohner erheben schwere Vorwürfe.
Die Talsperre in Kelbra ist im Jahr 1969 fertiggestellt worden und hat seitdem 35 Hochwasser abgewehrt. Sie ist unter anderem dafür gebaut worden, Fluten zu verhindern, die sonst ungehindert in den Fluss Helme fließen.
Doch warum ist die Lage derzeit in den umliegenden Ortschaften an der Helme so kritisch? Dieser Frage ging die MDR-Sendung "Umschau" am gestrigen Dienstag nach.
Anwohner beschuldigen die Behörden und Betreiber der Talsperre, dass dort nicht rechtzeitig das zuvor angestaute Wasser abgelassen wurde, um Platz für neue Wassermassen zu machen.
Weil die Helme selbst durch die starken Regenfälle und zusätzlich durch das abfließende Wasser aus der Talsperre überfordert war, sind viele Grundstücke überflutet worden.
Unter anderem ein Campingplatz, auf dem zahlreiche Dauercamper ihre Wohnwagen im Hochwasser zurücklassen mussten.
Reitschule stand kurz vor Evakuierung
Der Wohnwagen von Andreas Kuchynka ist sein Hauptwohnsitz geworden. Diesen habe er noch vor den Fluten retten können, sagte er den Reportern.
Im Vorbau seines Stellplatzes stehen der Herd und sämtliche Möbel im dreckigen Wasser. Nur seinen Wohnwagen konnte er noch rechtzeitig retten und wegfahren.
"Der [Stausee, Anm. d. Red.] war schon recht voll. Der hätte schon leerer sein können", kritisierte Kuchynka.
Auch weiter flussabwärts in Heygendorf (Kyffhäuserkreis, Thüringen) hagelt es Kritik.
Dort stand unter anderem die Reitschule von Marc Roßmann kurz vor der Evakuierung. Doch das Technische Hilfswerk (THW) konnte die Wassermassen abpumpen.
Wäre die Talsperre in Kelbra allerdings vorher geleert worden, wäre es nie so weit gekommen, wird in dem Fernsehbeitrag vermutet. "Ich glaube selber, dass die Behörden dort überfordert waren mit der Situation", sagte Roßmann.
Das sagen die Verantwortlichen der Talsperre
Warum die Talsperre zum Winter hin nicht komplett geleert wurde, hat einen besonderen Grund. Denn im Herbst dient sie als Rastplatz für Kraniche, die in den Süden ziehen.
Trotz alledem ging der Wasserstand der Talsperre Anfang Dezember in Richtung der Nullmarke. Kurz darauf gab es jedoch wieder Wassermengen, die die Talsperre zu einem Viertel aufgefüllt haben.
Bevor dieses Wasser wieder abgelassen werden konnte, kam das Weihnachts-Hochwasser.
Die Betreiber weisen die Schuld deshalb von sich.
"Wir haben für keine Nutzungsart - weder für den Naturschutz oder die Freizeitgestaltung - kein Wasser angestaut. Sondern im Winter ist die Aufgabe, die natürlich hohen Zuflüsse zu managen", sagte Burkhard Henning, Direktor des Talsperrenbetriebs Sachsen-Anhalt.
Ziel ist es jetzt, das Wasser der Talsperre kontrolliert über einen Meter weiter abzusenken. Denn durch das kalte Wetter und das gefrierende Wasser drohen nun unter anderem die Wohnwagen der Dauercamper zerdrückt zu werden.
Laut den aktuellen Pegelständen auf der Webseite des Talsperrenbetriebs scheint dieses Vorgehen Erfolg zu haben.
Titelfoto: Matthias Bein/dpa