Gefährden Radler und Reiter Dresdens Flutschutz?
Dresden - Deiche schützen Anwohner und deren Häuser vor Hochwasser. Doch die mehr als zehn Kilometer langen Anlagen im Stadtgebiet sind wegen unerlaubter Nutzung mancherorts in einem schlechten Zustand. Dresdens Deichgräfin warnt!
Zwar bestehe noch kein Grund zur Panik, stellt Maren Wittig (56) von der Landestalsperrenverwaltung Sachsen (LTV) klar. Doch die Leiterin des zuständigen LTV-Betriebs Oberes Elbtal und ihre 20 Kollegen von der Dresdner Flussmeisterei blicken mit Sorge auf die Grasnarbe der Deiche.
Die hat die Aufgabe, das Erdreich zusammenhalten und Wasser abzuleiten, ist an einigen Stellen aber schwer beschädigt. Im Ernstfall droht hier ein Deichbruch!
"Es sind insbesondere Radfahrer und Reiter, die durch ihre Nutzung den Boden aufreißen", erklärt Wittig. Dann schaut die studierte Juristin auf ein kleineres Loch im Boden: Auch wühlende Hunde, Kaninchen und Mäuse leisten ihren Beitrag zum Schadensbild.
Zu beobachten ist das im Dresdner Nordwesten, an der Elbe bei Gohlis. Hier standen 2002 und 2013 große Teile der Häuser in Ufernähe unter Wasser. Seitdem unternahmen die Behörden große Anstrengungen, um die Anlagen zu verbessern.
Verantwortliche sind sich Ernst der Lage bewusst
Deichschau, die regelmäßige Verfüllung mit Erde, die Aussaat geeigneter Gras-Sorten: Das alles geht ins Geld, kostet mehrere Zehntausend Euro pro Jahr. Häufig sind Fachfirmen im Einsatz. Hinzu kommen die Folgen des Klimawandels.
Heiße, niederschlagsarme Sommer trocknen das Gras auf dem Deich aus. Künstliche Bewässerung ist wegen der Weitläufigkeit der Anlagen entweder gar nicht oder nur punktuell möglich.
Der Ernst der Lage ist auch den Verantwortlichen am Dr.-Külz-Ring bewusst. Erst vor wenigen Tagen schrieb die Verwaltung in einer Mitteilung, dass bei schweren Beschädigungen der Deiche ein Bußgeld zwischen 100 und 25.000 Euro drohe! Wie sollten gutwillige Bürger also mit der Situation umgehen?
Falls möglich, ist eine Begehung des Deiches zu vermeiden, sagt Maren Wittig.
Schilder geben Anweisungen für das korrekte Verhalten. Insbesondere Radfahrer und Reiter sollten jedoch unbedingt die Rasenflächen meiden und auf offizielle Routen ausweichen. "Gerade in solchen Ortslagen ist es wichtig, in der Bevölkerung das Bewusstsein für den Hochwasserschutz zu schärfen."
Neue Hochwasser-Funktion im Themenstadtplan
Plötzlicher Starkregen, steigende Pegel, überflutete Straßen – in Dresden kann das schneller passieren, als man denkt. Eine neue Funktion im Themenstadtplan soll in diesen Situationen helfen.
Dank dieser Funktion können sich alle Dresdner in Echtzeit anschauen, wie es um Flüsse wie die Elbe, die Weißeritz oder den Lockwitzbach steht. Die interaktive Karte zeigt per Ampelfarben an, ob alles im grünen Bereich ist oder ob man besser schon mal die Gummistiefel bereithalten sollte.
"Insbesondere diejenigen, die bereits von Hochwasser betroffen waren, können so rechtzeitig Vorsorge treffen", erklärt Umweltamtsleiter René Herold (45).
Gerade bei Starkregen direkt über der Stadt könne es schnell brenzlig werden, sodass wenig Zeit zum Handeln bleibt. Eine neue Karte zeigt außerdem, welche Gebiete bei extremem Starkregen überflutet werden könnten.
Automatische Messstellen liefern die aktuellen Pegelstände dazu direkt per Funk, an manchen Orten gibt es sogar Live-Kamerabilder.
Im Themenstadtplan ist das Thema "Oberflächenwasser - aktuelle Messwerte" über die Themengruppe Umwelt und den Unterpunkt Hochwasser & Starkregen erreichbar. Die Karten zu Wassertiefen und Fließgeschwindigkeiten bei Starkregen gibt es hier: dresden.de/stadtplan-starkregen.
Trocken bleiben!
Ein Kommentar von Lennart Zielke
Wir Deutschen verlassen uns gerne auf den Staat - ob für die Rente, unsere Sicherheit oder die Erziehung unserer Kinder. Ob dieses Prinzip überall Anwendung finden sollte, darf bezweifelt werden. Doch beim Deichschutz macht es Sinn.
Denn die Anlagen sind riesig, bedürfen einer fachgerechten Betreuung. Aber selbst dort, wo die Behörden wichtige und gute Arbeit für die Allgemeinheit leisten, gilt: Ganz ohne unsere Mithilfe geht es auch hier nicht. Denn zu jeder Jahreszeit werden die Anlagen für den Hochwasserschutz als Freizeitfläche genutzt.
Im Sommer und Herbst lassen Familien dort Drachen steigen, im Winter dienen die Hügel als Untergrund für einen Sonntagsspaziergang. Doch an nicht wenigen Stellen ist genau das verboten! Zurecht: Das Erdreich des Deichs und die darüberliegende Grasnarbe dienen den Einwohnern von Stadtteilen wie Gohlis, Hosterwitz und Kaditz im Ernstfall als Haus- oder sogar Lebensversicherung!
Falls Ihr also jemanden kennt, der in Ufernähe gerne mit seinem Hund Gassi geht, mit dem Pferd ausreitet oder passionierter Fahrer eines Mountainbikes ist, dann weist ihn auf den Ernst der Lage hin. Denn am Ende liegt es in unser aller Verantwortung, dass die Häuser unserer Mitmenschen beim nächsten großen Hochwasser trocken bleiben!
Titelfoto: Bildmontage: Matthias Hiekel/dpa, Norbert Neumann