Flut-Wache bei der Weißen Flotte: So traf das Hochwasser Dresdens Dampfer
Von Anneke Müller, Jakob Anders, Katrin Koch
Dresden - Der Elbpegel kratzt an der dritten Alarmstufe: Während sich das Hochwasser in anderen Landesteilen langsam zurückzieht, bleibt die Situation in Dresden weiter angespannt. So traf die Flut die DVB-Fähren und die Weiße Flotte.
Beinahe stolz sehen die Dampfer der Weißen Flotte am derzeit uferlosen Terrassenufer aus, wie sie dem reißenden Strom trotzen. Die Schiffe dort halten zu können, ist nur durch Dauereinsatz der Mitarbeiter möglich.
Per Boot fahren sie Tag und Nacht in regelmäßigen Zeitabständen die Dampfer nacheinander ab, kontrollieren und korrigieren den Druck auf den Drähten, mit denen die historischen Dampfer und die beiden Salonschiffe an den überspülten Pollern zusätzlich festgemacht sind.
Seit Tagen schieben jeweils zwei Leute in zwei Schichten Wachdienst am Terrassenufer. Zwischen Augustusbrücke und Albertbrücke liegen derzeit sechs historische Dampfer sowie die beiden Motorschiffe. Mit einem Motorbötchen fahren Uwe Stirius (53), Schiffsführer vom "August" und der Nautische Leiter Jochen Haubold (45) bis fast zur Albertbrücke. Hier liegt die "Diesbar". Nach der Kontrolle ist klar: Es ist alles in Ordnung. Der Pegel stieg in den letzten Stunden nur gering.
Steigt das Wasser weiter, müssen die Drähte gelockert werden, "sonst reißen sie ab", so Uwe Stirius. Außerdem muss kontrolliert werden, ob sich Treibgut an den Leinen und Drähten aufbaut, das entfernt werden muss.
Seit dem zweiten Weihnachtstag laufen die Kontrollen per Boot. Drei Tage zuvor wurde alles vorbereitet. Anders als beim letzten Hochwasser 2013 kam das Wasser nicht nur aus Tschechien, sondern auch aus dem Gebirge in Sachsen.
"Damit war unser Hochwasserplan weniger kalkulierbar", so Haubold. Deshalb wurden Beräumungen, wie die Landküche, lieber vorzeitig gemacht. "Wir haben kaum geschlafen, immer nur auf die Pegel geguckt", sagt Haubold. "Wir gehen davon aus, dass wir das Hochwasser gut überstehen."
Wenn der Pegel fällt, ist noch lange nicht Schluss für die Wächter: Dann müssen die Drähte wieder angezogen werden und der Schlamm an der Kaimauer (bevor er antrocknet) mit Feuerlöschpumpen entfernt werden.
Pianist rettet Piano vom Salonschiff
"Hilfe, mein Piano ist noch an Bord!" Weil er am heutigen Freitag wieder in die Tasten hauen will, startete Pianist Dirk Ebersbach (59) am Donnerstag eine waghalsige Bergungsaktion auf der Elbe.
"Mein Piano stand von den Lichterfahrten, die ich musikalisch begleite, noch auf dem Salonschiff August. Aber für einen Auftritt in Hoppes Hoftheater brauche ich das Instrument", so Ebersbach.
Zum Glück genügte ein Anruf bei der Sächsischen Dampfschiffahrt, beim nautischen Leiter Jochen Haubold. "Die Weiße Flotte hat mir sofort geholfen. Weil wir vom Terrassenufer nicht aufs Schiff kamen, sind wir mit einem Rettungsboot mit Außenbordmotor von der Carolabrücke aus hinten um den August herumgefahren. Der Kapitän vom August hat uns selbst gefahren", erzählt Ebersbach.
"Ich hätte nicht gedacht, dass die Strömung so stark ist. Wir sind über die schwere Ankerkette geklettert und an Bord gestiegen." Natürlich mit Rettungs-Schwimmweste. Ebersbach packte sein transportables, nur 15 Kilogramm schweres Piano ein - und zurück gings ans Ufer.
"Ich bin echt erleichtert, dass alles geklappt hat. Jetzt hoffe ich, dass ich ab Januar wieder Dampfer für Winterfahrten ablegen und ich mit an Bord bin. Seit immerhin rund 25 Jahren musiziere ich auf den Schiffen", sagt Ebersbach stolz.
Hochwasser-Lage bleibt angespannt
Bei den Verkehrsbetrieben (DVB) sind alle Fähren an ihren Anlegern vertäut. Die Elb-Überquerung wäre zu gefährlich, wenn man die Fähren denn überhaupt trockenen Fußes oder Reifens erreicht.
"In Kleinzschachwitz kann die Personenfähre noch bei gut sechs Metern überholen. In Niederpoyritz ist ab 5,75 Metern Schluss", so DVB-Sprecher Falk Lösch (57). Die Autofähre Kleinzschachwitz verkraftet maximal 4,50 Meter, Johannstadt ("Johanna") 4,20 Meter.
Sollte der Wasserpegel weiter bedrohlich ansteigen und die Feuerwehr keine Mittel mehr haben, kann das Brand- und Katastrophenschutzamt jederzeit Hilfe vom Technisches Hilfswerk (THW) anfordern.
"Von insgesamt 170 Kräften sind innerhalb von einer Stunde 86 einsatzbereit", verspricht THW-Sprecher Ralf Mancke (54), der auf weitere 50 Hilfskräfte in der zweiten Stunde bauen kann.
Titelfoto: Thomas Türpe