Von Frederick Mersi
Aschaffenburg - Nach dem tödlichen Messerangriff von Aschaffenburg fordert Oberbürgermeister Jürgen Herzing (64, SPD) Reformen bei Bundes- und Landesbehörden.
"Schuld hat dieses System, das es zulässt, dass wir so jemanden aus den Augen verlieren und keiner mehr hinreichend nach ihm schaut", sagte der SPD-Politiker der "Süddeutschen Zeitung" mit Blick auf den ausreisepflichtigen und anscheinend psychisch kranken Verdächtigen.
"Wenn Bund und Land das nicht hinbekommen - dann wird man das in eine Hand legen müssen. Da sehe ich dringenden Handlungsbedarf." Derzeit existieren in Deutschland rund 550 verschiedene Ausländerbehörden von Bund, Ländern und Kommunen. Immer wieder wurden Reibungsverluste im Zusammenspiel beklagt.
Er verstehe, wenn die zuständigen Behörden Personalmangel als Grund für Verzögerungen ins Feld führten, sagte Herzing. "Wir sind als Kommune ja auch täglich damit konfrontiert. Aber an so einer wichtigen Stelle? Da muss es einfach passen. Wenn sich da nichts ändert, dann werden wir die jetzige Diskussion noch oft führen müssen, fürchte ich."
Nach dem tödlichen Angriff auf die Kindergartengruppe hatte sich herausgestellt, dass der verdächtige Afghane eigentlich schon im Jahr 2023 für sein Asylverfahren gemäß dem sogenannten Dublin-Verfahren nach Bulgarien hätte überstellt werden sollen - was aber an einer abgelaufenen Frist scheiterte.
Aschaffenburgs Bürgermeister Herzing hält Vorgehen von Friedrich Merz "grundfalsch"
Bund und Land warfen einander nach der Tat Versäumnisse vor. Kritik äußerte Aschaffenburgs Oberbürgermeister an dem Vorgehen von Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz (69, CDU) im Bundestag.
Der CDU-Chef hatte dort Anträge und einen Gesetzesentwurf für eine schärfere Migrationspolitik zur Abstimmung gestellt, obwohl er wusste, dass eine reale Chance auf Zustimmung nur mit den Stimmen der AfD-Abgeordneten gegeben war. Ein Entschließungsantrag wurde unter anderem mit den Stimmen der Rechtspopulisten angenommen.
"Das, was Friedrich Merz zugelassen hat, finde ich grundfalsch", sagte SPD-Politiker Herzing. "Ich bin Kommunalpolitiker, da muss man immer Kompromisse finden. Und ich bin überzeugt, dass sich alle aus der demokratischen Mitte daran orientieren sollten: am Kompromiss."