"Bitterer Tag": Verdi legt Lufthansa weitgehend lahm
Frankfurt am Main - Mit dem Warnstreik des Bodenpersonals an fünf Standorten trifft Verdi die größte deutsche Fluggesellschaft Lufthansa empfindlich. Ohne Fortschritte bei den Verhandlungen könnte es für die Passagiere noch schlimmer kommen.
Von den ursprünglich mehr als 1000 geplanten Flügen fielen am Mittwoch bis zu 90 Prozent aus. Mehr als 100.000 Passagiere mussten der Lufthansa zufolge ihre Pläne ändern.
An Drehkreuzen Frankfurt und München fand jeweils nicht einmal mehr die Hälfte des sonst üblichen Luftverkehrs statt, denn die Lufthansa ist an beiden Flughäfen der mit Abstand größte Kunde.
Neben wenigen Lufthansa-Jets konnten die nicht bestreikten ausländischen Gesellschaften, kleinere Lufthansa-Konkurrenten aus dem Inland sowie die zum Lufthansa-Konzern zählenden Gesellschaften Eurowings, Swiss, Austrian und Brussels abheben.
Verdi drohte mit längeren Streiks, falls der Lufthansa-Vorstand sein bisheriges Tarifangebot für das Bodenpersonal mit rund 25.000 Beschäftigten nicht deutlich nachbessere.
Die Streikbereitschaft am Boden sei in den vergangenen 20 Jahren noch nie so hoch gewesen, sagte Verhandlungsführer Marvin Reschinsky bei einer Protestversammlung mit mehreren Hundert Teilnehmern vor der Lufthansa-Verwaltung am Frankfurter Flughafen.
Von dem Warnstreik gehe ein eindeutiges Signal an den Vorstand: "Wir können auch länger, wenn ihr uns dazu auffordert."
"Wir brauchen die Erhöhung zum Leben", mahnen die Streikenden an
"Es ist ein bitterer Tag für unsere Fluggäste", sagte Lufthansa-Personalvorstand Michael Niggemann im ZDF. Die von Verdi gewählte Eskalation sei nicht notwendig gewesen.
Die Protestierenden bat der Manager in einer Ansprache, den zurückliegenden Abschluss mit Gehaltserhöhungen von bis zu 19 Prozent ebenso anzuerkennen wie das vorgelegte Angebot.
Reschinsky hielt dem Management hingegen vor, die eigenen Leute respektlos zu behandeln. "Die Zweiklassengesellschaft zwischen fliegendem Personal und Boden muss endlich beendet werden."
Kundgebungsteilnehmer zeigten sich mit ihren Arbeitsbedingungen sehr unzufrieden. Eine Gepäckermittlerin berichtete: "Wir haben 50 Prozent weniger Mitarbeiter als vor Corona, aber die Arbeit ist die gleiche geblieben. Eigentlich müsste man noch mehr fordern."
Ein Kollege meinte: "Wir brauchen die Erhöhung zum Leben, es ist alles viel teurer geworden."
Luftwirtschaftsverband BDL versucht die Lage zu eskalieren
Der Bundesverband der deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) versuchte, die Lage zu deeskalieren.
"Ich appelliere an die Gewerkschaften, mit Augenmaß die weiteren Tarifrunden zu gestalten", sagte BDL-Präsident Jost Lammers in Berlin. "Das Streikrecht ist ein sehr hohes und wichtiges Gut. Es sollte das letzte Mittel sein."
Verdi hatte die Beschäftigten verschiedener Lufthansa-Firmen in München, Frankfurt, Berlin, Düsseldorf und Hamburg aufgerufen, ab 4 Uhr die Arbeit ruhenzulassen. Der Warnstreik soll bis 7.10 Uhr am Donnerstag laufen.
Die Lufthansa rechnet für den Donnerstag noch mit einem ruckeligen Betriebsanlauf mit einigen Ausfällen und Verspätungen. Bis zum Freitag soll sich der Betrieb wieder vollständig normalisiert haben.
Streit um mehr Geld und Laufzeiten
Im laufenden Tarifkonflikt fordert Verdi 12,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 500 Euro monatlich bei einer Laufzeit von zwölf Monaten.
Außerdem soll es eine konzernweit einheitliche Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3000 Euro geben. Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 12. Februar in Frankfurt am Main geplant.
Lufthansa verweist auf zurückliegende Lohnsteigerungen und hat für einen Zeitraum von drei Jahren 13 Prozent mehr Geld sowie eine Inflationsausgleichsprämie angeboten.
Ursprungsmeldung vom 7. Februar um 5.47 Uhr; Update 12.57 Uhr.
Titelfoto: Ardavan Safari/dpa