Nationalisten stürmen Pride-Festival – Polizei schaut zu
Tbilissi (Georgien) – Hunderte ultrakonservative Nationalisten haben in der Südkaukasusrepublik Georgien ein Pride-Festival für Toleranz gestürmt und dort schwere Verwüstung angerichtet.
Sie verbrannten Regenbogenfahnen, Plakate und andere Gegenstände in der Hauptstadt Tbilissi, wie auf Bildern zu sehen war.
Die Organisatoren machten am Sonntag das Innenministerium verantwortlich für den fehlenden Polizeischutz bei der angemeldeten Veranstaltung. Es gab demnach schwere Schäden an Ständen und einer Veranstaltungsbühne.
Die Veranstaltung musste am Samstag abgebrochen werden. Die Vertretungen der EU und der USA verurteilten die Gewalt.
Georgische Medien berichteten, dass die Angreifer verschiedener rechter Organisationen schwulenfeindliche Parolen gerufen und die Umzäunung des Festes durchbrochen hätten. Auch Geistliche der georgisch-orthodoxen Kirche beteiligten sich demnach an einem Protestmarsch, der zunächst friedlich begonnen hatte.
Das Fest hatte der Abschluss einer Woche mit verschiedenen politischen, kulturellen und wissenschaftlichen Veranstaltungen werden sollen. Verletzt wurde laut Polizei niemand.
EU-Botschaft in Tbilissi zeigt sich "enttäuscht"
Präsidentin Salome Surabischwili (71) schrieb bei Twitter, die von der Verfassung garantierten Freiheiten auf Versammlung und freie Meinungsäußerung seien verletzt worden. Die Sicherheitskräfte hätten versagt, das Pride-Festival zu schützen. Sie seien auch nicht gegen die Gewalt eingeschritten, kritisierte die prowestliche Staatschefin, die selbst kaum Machtbefugnisse hat.
Sie wirft der Regierung immer wieder prorussische Tendenzen vor. Offiziell strebt das Land in die EU.
Die EU-Botschaft in Tbilissi zeigte sich "enttäuscht". "Diejenigen, die zu Gewalt aufrufen und Gewalt ausüben, müssen vor Gericht gestellt werden", teilte die Vertretung bei Twitter mit.
Die US-Botschaft appellierte an die georgische Regierung, die grundlegenden Menschenrechte aller Georgier zu schützen. Es sei undemokratisch, Gewalt und Einschüchterung einzusetzen, um andere Ansichten zum Schweigen zu bringen.
"Das läuft Georgiens Geschichte von Toleranz, Mitgefühl und Pluralismus zuwider."
Titelfoto: STRINGER / AFP