Kleinkind ist gefragter Künstler: Laurent (3) verdient schon fünfstellig!
Neubeuern - Wenn der Künstler um ein Autogramm gebeten wird, taucht er die Hand in Farbe - und drückt sie auf Papier. Schreiben kann Laurent Schwarz noch nicht. Doch Kunstliebhaber aus aller Welt zahlen - so Mutter Lisa - für seine Werke fünfstellige Summen.
Am 19. September hat der blonde Dreikäsehoch in seinem oberbayerischen Heimatort Neubeuern seine erste Vernissage, 14 Tage nach seinem dritten Geburtstag am 5. September.
Der Knirps, gerade so groß wie manche Leinwand, die er bearbeitet, hat seine "Karriere" vor einem Dreivierteljahr begonnen, beim Familienurlaub in Italien. Seitdem sei er von den Farben nicht mehr wegzubekommen, berichten die Eltern Lisa und Philipp.
Zu Hause, in dem 500 Jahre alten denkmalgeschützten Haus in Neubeuern, haben die Eltern ihm ein Atelier eingerichtet. Malervlies am Boden, Farbspritzer überall, blaue Farbkleckse auch auf dem Fernseher. Schon morgens um 6 Uhr gehe es los: "Mama, malen, malen."
Der Vater, der in der vierten Generation mit seiner Frau ein Ofenbauunternehmen betreibt, hat das Haus selbst gestaltet. Nicht nur Laurents Bilder hängen hier an den Wänden. Auch der Vater malt. Vor allem aber der Großvater hat zahlreiche Werke geschaffen.
Pinsel, Malerrollen, Spachtel: Laurent - so zeigt ein Video auf Instagram - greift zu allem, was er findet - vor allem aber zu viel Farbe: Aus vollen Tuben spritzt er, sichtlich mit viel Spaß, die Farbe dick auf die Leinwand. Der Stil ähnelt Jackson Pollock, der das Action Painting bekannt machte.
Große Vergleiche - aber ist das wirklich Kunst?
Ein Babyelefant, blau mit rotem Auge, sei hier zu sehen, erklärt Laurent dem Besucher ein Bild. Elefanten mag er besonders. Das so benannte, in Rot gehaltene Werk ist sein Lieblingsbild.
Er male abstrakt - und figürlich, sagt die Mutter. Das sei das Besondere. Manchmal sei ein Bild in wenigen Minuten fertig, manchmal nach einer Woche. Ist ein Werk aus seiner Sicht vollendet, reicht ein Wort: "Fertig!"
Laurent ist nicht der einzige kleine Künstler. Immer wieder gibt es Berichte über einen neuen "Mini-Picasso" oder "Mini-Monet". In den Medien kursieren dann schon mal Vergleiche mit Gerhard Richter, mit Jean-Michel Basquiat oder Cy Twombly - auch wenn die Kinder kaum ein Bild dieser Meister kennen.
Pablo Picasso sagte einmal, er habe früh malen können wie Raffael. Aber er habe ein Leben lang gebraucht, um wieder malen zu können wie ein Kind. Picasso wird aber auch so zitiert: "Als Kind ist jeder ein Künstler. Die Schwierigkeit liegt darin, als Erwachsener einer zu bleiben."
Nach allgemeinem Verständnis muss ein Kunstwerk den gesellschaftlichen Diskurs weiterentwickeln und Impulse setzen. Dieses Reflexionsvermögen aber kann ein Kind noch nicht haben. Dass seine Bilder als ausdrucksstark empfunden werden, bedeutet noch nicht, dass sie auch Kunstwerke im eigentlichen Sinne sind - so die Meinung vieler Kunsthistoriker.
Laurent Schwarz: 60.000 Follower auf Instagram und Tausende Interessenten für seine Werke
"Um ein guter Maler zu sein – wie zum Beispiel Gerhard Richter – muss man gesellschaftlich auf der Höhe sein. Wie überhaupt jede Form von Kunst ihre Stellung nur aus ihrer gesellschaftlichen Relevanz bezieht", sagt Markus Heinzelmann, ehemaliger Direktor des Museums Morsbroich für zeitgenössische Kunst in Leverkusen der Deutschen Presse-Agentur dazu.
Wenn eine Gesellschaft entscheide, dass ihr ein Dreijähriger etwas über ihre eigene Verfasstheit erzählen könne, dann werfe das schon gewisse Fragen auf.
Der Hype um Laurent begann den Eltern zufolge aus Zufall: Die Mutter lud das erste Gemälde ihres Sohnes auf Instagram hoch - damit Familienmitglieder teilhaben konnten. Weitere Bilder folgten. "Dann hat uns schon eine Galerie angeschrieben. Kurz darauf sind die ersten Bilder verkauft worden."
Mittlerweile hat der Knirps mehr als 60.000 Follower auf Instagram. Laut Lisa Schwarz stehen rund 20.000 Interessenten auf der Warteliste für Bilder. 25 seiner gut 35 Bilder sind verkauft, unter anderem in die USA, nach Paris und London.
Neben Fanpost kommen auch kritische Kommentare bei der Familie an, etwa: Das Kind werde zu früh vermarktet. Laurent müsse nicht malen, betont Vater Philipp. "Vielleicht verliert er in zwei Jahren die Lust und hört auf", so seine Mutter. Dann hat er zumindest ein gutes finanzielles Polster: "Alles geht bis auf den letzten Cent auf sein Konto."
Titelfoto: Uwe Lein/dpa