BH-Pflicht am Arbeitsplatz? "Meine Brüste gehen meinen Chef nichts an"
Matten (Schweiz) - Knatsch um BHs! In einem Schulhotel in der Schweiz, das junge Erwachsene ausbildet, fühlte sich offenbar ein Lehrmädchen wegen der Kleidervorschrift diskriminiert. Unter anderem geht es um sichtbare Brustwarzen.
Das in der Schweiz bekannte "Schulhotel Regina" in Matten bei Interlaken sorgte für Gesprächsstoff, nachdem sich eine Schülerin bei der Plattform Jungfrau Zeitung gemeldet hatte. Der Grund: Sie sei von ihrem Ausbilder darauf hingewiesen worden, dass sie einen Büstenhalter tragen solle - auch, damit ihre Brustwarzen nicht zu sehen sind. Die junge Frau fühlte sich deshalb ungerecht behandelt.
Dabei gibt es gewisse Richtlinien, an die sich die Auszubildenden der Einrichtung halten müssen und die ihnen auch bekannt sein sollten, wenn sie einen Bildungsweg im Hotelgewerbe gehen.
Nachzulesen sind diese Regeln auf der Internetseite von HotellerieSuisse, dem Unternehmerverband der Schweizer Beherbergungsbranche, unter "Das Leben in unseren Schulhotels", Punkt "Welche Kleiderordnung gibt es in den Schulhotels?".
Dort steht: "Während des ganzen Schulhotelkurses, insbesondere während den überbetrieblichen Kursen (üK) wird großer Wert auf ein gepflegtes Erscheinungsbild gelegt."
Weitere Vorgaben dazu sind zudem ausführlich in zwei weiteren Broschüren beschrieben, auf die die Schule zu Beginn der Ausbildung hinweist. Wer in der Branche Fuß fassen möchte, kann sich also schlau machen, was auf ihn zu kommt.
Regeln gehören auch während der Ausbildung dazu
"In vielen anderen Berufen finden sich ähnliche Vorschriften. Zum Beispiel im Bankwesen", zitiert die "Jungfrau Zeitung" Rektor René Glücki. Er verwies darauf, dass man im Beruf beziehungsweise während der Ausbildung formeller angezogen ist als in der Freizeit.
"Wer sich nicht daran hält, wird mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit darauf hingewiesen. Und die Frage ist immer dieselbe, wo werden die Grenzen gezogen?", sagte Glücki und erinnerte daran, dass das Schulhotel auch ein bestimmtes Bild nach außen abgibt.
Azubis sollten sich deshalb ordentlich kleiden und während der Arbeit im Lehrbetrieb nicht bauchfrei oder mit transparenter Bluse ohne BH erscheinen.
Glücki weiter: "Dass sich Schülerinnen und Schüler dabei in ihrer persönlichen Freiheit eingeschränkt fühlen, das kann vorkommen." Doch am Ende gehe es darum, den Nachwuchs optimal auf das Berufsleben vorzubereiten, und "dazu gehören nun einmal auch Regeln und Vorschriften, die eingehalten werden müssen."
Wer sich nicht dran halte, müsse etwa mit mündlichen Verwarnungen oder einem Verweis rechnen. Auch das sei den Azubis bekannt.
"Die natürliche Form von Brüsten ist nichts Anstößiges"
Zurück zur Beschwerdeführerin. Offenbar fühlte sie sich gezwungen, einen BH zu tragen und brachte den Fall deshalb an die Öffentlichkeit. Reaktionen darauf ließen nicht lange auf sich warten.
Wie das Schweizer Boulevardportal 20 Minuten herausfand, gibt es offenbar zahlreiche "Leidensgenossinnen" mit ähnlichen Erfahrungen. So schilderte eine Frau aus Bern, dass ihre Chefin ihr gesagt habe, sie solle einen BH anziehen, "um von den Männern im Büro mehr respektiert zu werden und in meiner Karriere weiterzukommen".
Eine andere fand dagegen, dass es in bestimmten Berufen dazugehört, einen BH zu tragen. Und eine weitere junge Frau sagte, dass es auch auf die Kleidung ankomme. Unter einem Pullover trage sie keinen BH, unter freizügiger Kleidung dagegen schon.
Zum Thema zitiert "20 Minuten" auch die Schweizer LGBTQ-Expertin und feministische Autorin Anna Rosenwasser (33) mit den Worten: "Meine Brüste und ob ich einen BH trage, geht meinen Arbeitgeber nichts an."
Ihr zufolge soll jede Frau selbst entscheiden, einen BH zu tragen oder nicht. Die Entscheidung sage nichts über ihre Professionalität oder ihre beruflichen Fähigkeiten aus. "Den Arbeitgeber hat es lediglich zu interessieren, ob die Angestellten ihre Arbeit gut machen oder nicht."
Eine BH-Pflicht am Arbeitsplatz findet Rosenwasser übrigens sexistisch. "Die natürliche Form von Brüsten ist nichts Anstößiges."
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