Meinung zum Nike-Deal des DFB: Politiker sind schlimmer als jeder Twitter-Manfred
Frankfurt am Main - Der Deutsche Fußball-Bund und Adidas beenden eine jahrzehntelange Kooperation. Ab 2027 darf dann Sportartikel-Gigant Nike ran. Für die deutsche Polit-Prominenz Anlass genug, sich in aller Ausführlichkeit negativ über den Deal auszulassen. Wie TAG24-Redakteur Angelo Cali findet, sind sie damit nicht besser als der Otto-Normal-Twitter Manfred.
Schon mal beim Friseur gesessen und plötzlich bittet einen der Metzger auf den Coiffeur-Stuhl? So oder so ähnlich fühlt es sich für mich an, wenn mir Politiker etwas über Gepflogenheiten beim Fußball erzählen wollen. Im Fall des Nike-Deals mit dem DFB ist das Ganze aber noch etwas schlimmer.
Denn nicht nur, dass sich weitestgehend Fachfremde einem Themenkomplex bedienen, der nicht ihrem natürlichen Habitat entspricht. Viel mehr haben sie im Rahmen der modernen Jagd nach dem schnellen Kommentar zum aktuellsten Thema das Recherchieren vergessen - oder einfach keinen Bock darauf gehabt!
Da kocht dem (DAUERHAFT) Fußballinteressierten durchaus die Galle, wenn einem Markus Söder (57, CSU) in einem ellenlangen, vor unangenehm vorgespielten Patriotismus triefenden Tweet erklärt, dass der DFB und Adidas so klar zueinander gehörten, "wie dass der Ball rund ist und ein Spiel 90 Minuten dauert".
Bevor er seine Smartphone- oder Computer-Tastatur derart quält, hätte er die in seinem Beitrag aufgestellten Thesen aber vielleicht ein wenig checken sollen.
Denn Fakt ist, dass das "Wunder von Bern" in Leibchen der längst nicht mehr existenten Marke Leuzela der Firma G. & A. Leuze stattfand - nur so am Rande, gern geschehen, Herr Ministerpräsident!
Liebe Herren Söder, Lauterbach und Habeck: Erstmal Fakten checken, dann erst die Tastatur quälen
Doch Kopf hoch, Herr Söder, Sie sind in Ihrer selbst gewählten Ahnungslosigkeit nicht allein. Auch unser Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (54, Grüne) reiht sich nahtlos in die elitäre Gemeinschaft der Laut-aber-Falsch-Sprecher ein.
So philosophiert er angeblich bedeutungsschwanger von einem "Stück mehr Standortpatriotismus", den er sich seitens des DFB gewünscht hätte. Doch Moment mal, war da nicht was? Richtig! Denn die einst von Adi Dassler (†78) ins Leben gerufene Sportartikelmarke mit den ikonischen drei Streifen produziert schon lange nicht mehr in deutschen Landen.
Und auch die Hauptsitze des in Herzogenaurach gegründeten Unternehmens sind international breit gefächert. Wenn Gesundheitsminister Karl Lauterbach (61, SPD) dann auch noch anfängt, von der Zerstörung der Heimat zu faseln, gehen bei mir persönlich auch die letzten Lichter aus.
Hier hat sich ein scheinbar mehr auf seine Social-Media-Aktivitäten fokussierte Politiker nicht nur der Nicht-Information strafbar gemacht, sondern war nicht einmal in der Lage, sein Wording länger als drei Sekunden zu überdenken.
Der Fußball hat schon lange nichts mehr mit Patriotismus zu tun - auch bei Länderverbänden
Mein persönlicher Favorit bleibt - wie könnte es anders sein - mein direkter "Landesvater", Boris Rhein (52, CDU). Der brachte es nämlich fertig, in seiner Versessenheit auf den schnellen Kommentar den größten Sportartikelhersteller der Welt einfach als "Fantasiemarke" zu deklarieren.
Für die Recherche, dass Nike übrigens ein - wohl endlich im Rahmen einer öffentlich Ausschreibung erfolgtes - Angebot abgegeben hat, welches im zweistelligen Prozentbereich höher gewesen sein soll, als das der Drei-Streifen-Marke und diese wiederum nur halb so viel Geld wie zuvor gewohnt geboten hatte, war scheinbar bei allen Möchtegern-Patrioten keine Zeit - schade aber auch!
Titelfoto: Montage: Eric Münch, Sven Hoppe/DPA, Bernd von Jutrczenka/DPA, Hannes P. Albert/DPA