Meinung zu Eintracht Frankfurt: Vom "heißesten Scheiß" zu ganz schön sche**e
Frankfurt am Main - Die Eintracht steht vor dem Abgrund - zwar weder wirtschaftlich noch (zumindest halbwegs) sportlich. Dennoch ist die Lage prekär: Denn die SGE ist vom kürzlich noch "heißesten Scheiß" in der Bundesliga zu einem faden, labberigen Toast verkommen.
Zumindest ähnlich geschmack- und belanglos war das Gefühl nach der Pleite in der Europa Conference League und das damit verbundene Ausscheiden gegen Union Saint-Gilloise (1:2). Und so geht es nicht nur mir.
In den sozialen Medien häufen sich Beiträge, die in dieselbe Kerbe schlagen: Man kann sich nicht einmal mehr richtig über das Erlebte aufregen. Doch daran sind nicht etwa erfolgsverwöhnte Supporter schuld. Wer die Eintracht - nicht nur am Donnerstagabend - live erlebte, der sah eine blutleer agierende Truppe, die von einem abwesend wirkenden Trainer durch die Partie begleitet wurde.
Währenddessen versuchte das Stadion um sie herum bei jeder noch so kleinen Gelegenheit, das nötige Feuer auf das Team zu übertragen - vergebens! Am Ende konnte sich Dino Toppmöller (43) für gute zehn Schlussminuten dazu aufraffen, wenigstens so etwas ähnliches wie Emotionen an der Seitenlinie zu zeigen. Sogar derart viele, dass er mit einer Gelben Karte bedacht wurde.
Das war jedoch von hinten bis vorne zu wenig: Von ihm, seinen Spielern - nicht nur gegen den belgischen Tabellenführer, sondern seit mehreren Wochen, die wie ein zäher und permanenter Rückschritt daherkommen.
Und die Ergebnisse sprechen eine klare Sprache: Nur vier Siege aus den 17 letzten Pflichtspielen, enttäuschende Leistungen gegen die Kellerkinder der Liga.
Eintracht Frankfurt hat etliche Unruheherde und kontert mit Ausreden
Die "Erklärungen" wirken dabei repetitiv und haben eher Ausreden-Charakter. Die Geduld, die praktisch seit Beginn der Saison von allen Verantwortlichen eingefordert wird, ist selbst bei den größten Eintracht-Fans aufgebraucht. Satte 35 Pflichtspiele in Liga, Pokal und Europa hatte Toppmöller mittlerweile Zeit, um eine Spielidee zu implementieren.
Davon zu sehen ist Stand jetzt eher noch weniger als beispielsweise im noch verhältnismäßig starken Oktober 2023. Der Eintracht, die - auch dank Sportvorstand Markus Krösche (43) - immer mehr wie eine Talent- und Marktwertgenerierungs-Schmiede anmutet, fehlen die kernigen Typen.
Die Frankfurter Eintracht hat keine Leader mehr - Trainer Toppmöller wackelt gewaltig
Nur dank Charakterköpfen wie beispielsweise Martin Hinteregger (31), Rafael Borré (28), Filip Kostic (31) und Djibril Sow (27) war es 2022 möglich, selbst ohne gelernten Mittelstürmer die Europa League zu gewinnen.
Von diesen "Beißern" ist nahezu keiner mehr da. Die einzigen (erweiterten) Stammspieler, die von der magischen Nacht von Sevilla übrig geblieben sind, heißen Ansgar Knauff (22), Kevin Trapp und Sebastian Rode (beide 33). Aber während ersterer noch viel zu jung für eine Leader-Rolle ist, laufen die beiden Kapitäne entweder ihrer Form hinterher oder stehen kurz vor dem Karriereende.
Dass der auf Profit ausgelegte Jugendwahn in derart wichtigen Partien einfach (noch) nicht ausreicht, wurde eindrucksvoll bewiesen. Sollte Toppmöller, der ersten Insider-Gerüchten zufolge bereits Teile der Kabine verloren haben soll, die straffen Vorstandsvorgaben (sieben Punkte aus den nächsten drei Partien) nicht erfüllen, sollte noch vor dem Sommer gehandelt werden.
Denn wenn die Adlerträger auch noch den durchaus akzeptablen sechsten Rang in der Bundesliga-Tabelle mit ihrem Anti-Emotionsfußball verbaseln sollten, dürfte die launische Diva vom Main mit voller Wucht zurück sein.
Spätestens wenn sie zusätzlich aber auch noch mit zu Tode gelangweilten Fans im Stadion dasteht, dürfte der Wandel vom "heißesten Scheiß" zu ganz schön schei*e vollständig vollzogen sein.
Titelfoto: Montage: Arne Dedert/DPA, Eric Münch