Meinung: Bundesliga-Schiedsrichter am Abgrund: Ich pfeif' mir die Welt, wie sie mir gefällt
Leverkusen/Frankfurt am Main - Rund 24 Stunden sind seit dem durchaus sehenswürdigen Kick zwischen Leverkusen und der Eintracht (Endstand 2:1) vergangen. Mit dieser Menge an Bedenkzeit im Rücken steht für TAG24-Redakteur, Angelo Cali (36), fest: Das Bundesliga-Schiedsrichtertum ist am absoluten Abgrund angekommen!
Nun mag der ein oder andere einem Eintracht-nahen Reporter durchaus die Neutralität absprechen.
Doch wer eben ohne jegliche Fan- oder Abneigungs-Brille auf die Szene schaut, die sich in der zweiten Minute der Nachspielzeit zwischen Frankfurts Angreifer Hugo Ekitiké (22) und Nationalverteidiger Jonathan Tah (28) abspielte, der kann nur zu einem Schluss kommen: Hier war jede Entscheidung, die nicht Strafstoß und einen potenziellen Platzverweis zur Folge hatte, ein Skandal.
Und eben jener beschäftigt Experten im ganzen Land, die sich erstaunlich einig sind. Es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass der Unparteiische auf dem Platz die Personalie ist, die einem nach Abpfiff noch am ehesten im Gedächtnis geblieben ist. Ob das so sein sollte? Mitnichten!
Sinnbildlich stand in diesem Fall Dr. Felix Brych (48) für den Downfall des deutschen Schiedsrichterwesens. Neben Textilvergehen, die eher an Spannbettlaken-Härtetests erinnerten, ließ der Jurist so einige strafwürdige Aktionen mit einem saloppen Wink weiterlaufen.
Den sprichwörtlichen Vogel schoss er dann kurz vor Ende der Begegnung ab. Ekitiké wurde von Tah zunächst mit einem klaren Schubser in den Rücken am Kopfball gehindert und schließlich - wenn sicherlich auch vollends ungewollt - am Boden mit einem Tritt auf den Brustkorb bedacht.
Der gebürtige Münchner ließ seine Pfeife jedoch stumm bleiben, meldete lediglich dem sagenumwobenen Kölner Keller, dass er kein Foulspiel erkannt habe. Somit herrschte trotz moderner Technik das Motto: "Ich pfeif' mir die Welt, wie sie mir gefällt."
Verdient verloren und dennoch betrogen: Die Eintracht darf zurecht Schiedsrichter-Kritik üben
Dass der einst als Heiliger Gral verkaufte Video Assistant Referee (VAR) mit seinem Nichteingreifen einmal mehr unter Beweis stellte, dass wir ihn in unserem schönen Sport nicht benötigen, macht die Fassungslosigkeit komplett.
Ob der zuständige Videoschiedsrichter, Günter Perl (54), in jenem Moment gedanklich schon beim Feierabend-Bier war - man weiß es nicht. Und auch wenn sich die Eintracht angesichts des Spielverlaufs übrigens nicht über die knappe Niederlage beschweren durfte, so kann seitens der SGE dennoch zurecht harsche Kritik an der Nicht-Leistung des Unparteiischen geäußert werden.
Dass sich Brych nach der Partie trotz mehrfacher Rückfrage nicht zu der Situation äußern wollte, sagte sicherlich mehr aus, als jedes Wort, welches er hätte zu seiner Verteidigung vorbringen können.
Wie eine derartige Rechtfertigung nämlich katastrophal schiefgehen kann, zeigte DFB-Schiedsrichter-Chef, Knut Kircher (55). Der stellte sich lobenswerterweise schützend vor seine Kollegen. Dass er die Einladung zum "Sport1 Doppelpass" aber lieber hätte ablehnen sollen, war nach seinen Äußerungen glasklar.
So sprach er von mangelnden Alternativbildern für den VAR sowie einer felsenfesten Überzeugung Brychs, dass im Ekitiké-Tah-Fall ein Anlegen des Armes und weiter keine strafwürdige Aktion vorgelegen habe. In der illustren Runde herrschte - zu Recht - einstimmiges Unverständnis. Von den Zuschauern gab es verhöhnendes Gelächter gratis obendrauf.
Fakt ist letztlich: Gelingt es nicht, diesem eingeschworenen Haufen die Realität, nämlich, dass die Qualität der einst besten Schiedsrichter der Welt weiter rapide absinkt, nachhaltig vor Augen zu führen, werden Skandale wie der in Leverkusen keine Einzelfälle bleiben.
Titelfoto: Montage: Marius Becker/DPA, Eric Münch