Kommentar: Die Ampel-Regierung versagt, dabei gäbe es eine Lösung

In seinem Kommentar zur Wohnungskrise in Deutschland wirft TAG24-Redakteur Florian Gürtler (46) der Bundesregierung Versagen vor und fordert eine grundlegende Wende in der Wohnungspolitik.

Berlin - Die Wohnungskrise in Deutschland ist ein Skandal - und das Versagen der Ampel-Bundesregierung von SPD, Grünen und FDP auf diesem Feld ebenso. Dabei sind die am gestrigen Mittwoch bekanntgewordenen Zahlen zur Wohnungslosigkeit in der Bundesrepublik nur die neueste Wegmarke eines schon seit Jahren andauernden Politikversagens.

Für die Wohnungskrise in Deutschland ist Bundesbauministerin Klara Geywitz (47, SPD) zuständig - das ursprüngliche Ziel der Ampel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr kassierte sie schon vor einiger Zeit ein.
Für die Wohnungskrise in Deutschland ist Bundesbauministerin Klara Geywitz (47, SPD) zuständig - das ursprüngliche Ziel der Ampel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr kassierte sie schon vor einiger Zeit ein.  © Carla Benkö/dpa

"Fehlender bezahlbarer Wohnraum bleibt der Hauptgrund für die Wohnungsnot in Deutschland: Deutsche wie nicht deutsche Wohnungslose können daher nicht angemessen mit eigenem bedarfsgerechten Wohnraum versorgt werden", brachte es Werena Rosenke, die Chefin der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAGW), bei der Vorstellung der neuesten Zahlen zur Wohnungslosigkeit in Deutschland auf den Punkt.

Es kann hinzugefügt werden, dass der Mangel an bezahlbaren Wohnungen in den Ballungsräumen auch für sehr viele andere Menschen ein gewaltiges Problem darstellt, etwa wenn Liebespaare zusammenziehen oder eine Familie gründen wollen.

Doch was kann dagegen unternommen werden? Eines ist klar, der Versuch von Ampel-Bauministerin Klara Geywitz (47, SPD), den Neubau von bezahlbaren Wohnungen durch Anreize und Förderprogramme zu steigern, ist offensichtlich gescheitert.

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Vielleicht wäre es zielführend, zur Lösung der Wohnungskrise in unserem Land einmal über neue Konzepte nachzudenken und eine grundlegende Wende einzuleiten, wie sie etwa der auf Wohnungspolitik spezialisierte Sozialwissenschaftler Andrej Holm (53) in dem Sammelband "Genug! Warum wir einen politischen Kurswechsel brauchen" (Brumaire Verlag, 2023) entwirft.

Experte schlägt vor, Wohnungen als "soziale Infrastruktur" zu betrachten

Der große Mangel an bezahlbaren Wohnungen ist für viele Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen in Deutschland ein Problem. (Symbolbild)
Der große Mangel an bezahlbaren Wohnungen ist für viele Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen in Deutschland ein Problem. (Symbolbild)  © Frank Rumpenhorst/dpa

Wie der 53-jährige Experte darlegt, ist es ein gewaltiger Irrtum der politischen Eliten dieses Landes, wenn sie glauben, sie könnten die Wohnungskrise dadurch lösen, dass sie einfach privatwirtschaftliche Wohnungskonzerne dazu bringen, so viele Wohnungen zu bauen, dass durch die Masse des Angebots die Mieten wieder sinken.

"Kurzum, die Vorstellung einer durch Marktakteure bewusst erzeugten Überproduktion von Wohnungen ignoriert die Rationalität von Investitionsentscheidungen", schreibt der Sozialwissenschaftler.

Stattdessen schlägt er vor, das Wohnungswesen in der Bundesrepublik zu weiten Teilen dem freien Markt zu entziehen: Andrej Holm plädiert dafür, Wohnungen als "soziale Infrastruktur" zu betrachten, also als öffentliche Einrichtungen die es allen Menschen ermöglichen, ein Grundbedürfnis (in diesem Fall das Wohnen) zu erschwinglichen Konditionen zu befriedigen.

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Der Wissenschaftler schreibt weiter: "Die konsequenteste Art der öffentlichen Verantwortung nimmt staatliches Handeln durch die Bereitstellung von Leistungen und Infrastruktur an. So wie es als öffentliche Aufgabe verstanden wird, dass die Kommunen Schulen, Bibliotheken oder auch Sportanlagen und Grün- und Erholungsflächen bereitstellen, bieten auch Liegenschaften im öffentlichen Besitz und öffentliche Wohnungsbestände die Chance, günstige Wohnungen nach eigener Vorgabe zu errichten und zu vergeben."

Mit anderen Worten, der 53-Jährige schlägt vor, dass der Staat in eigener Regie und im großen Stil Wohnungen baut oder aufkauft und diese dann an die Menschen direkt vermietet. Dass hierfür genügend Geld da ist, hat die Ampel-Regierung spätestens mit ihrem 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr mit Nachdruck unter Beweis gestellt.

Es bleibt allerdings die Frage, ob eine Bundesregierung, an der die marktradikale FDP beteiligt ist, den politischen Willen für eine solche Wende in der Wohnungspolitik aufbringen kann.

Der Blick auf große Ganze: Ein besseres Deutschland ist möglich

TAG24-Redakteur Florian Gürtler (46) lebt und arbeitet in Frankfurt am Main - er bezeichnet sich selbst als überzeugten (parteilosen) Linken.
TAG24-Redakteur Florian Gürtler (46) lebt und arbeitet in Frankfurt am Main - er bezeichnet sich selbst als überzeugten (parteilosen) Linken.  © Florian Gürtler

Der obige Kommentar war gewissermaßen ein Blick ins Detail, es folgt ein kurzer Blick auf das große Ganze, den ich so oder so ähnlich künftig unter jeden meiner Kommentare stellen werde.

Ein besseres Deutschland ist möglich, mit einem besseren Leben für uns alle - mit höheren Löhnen und kürzeren Arbeitszeiten, mit niedrigeren Mieten und ausreichend Wohnungen, mit auskömmlichen Renten, einem gut finanzierten Gesundheitssystem, einem wohlwollenden Sozialstaat und einem bezahlbaren und landesweit ausgebauten ÖPNV in einer Gesellschaft die freiheitlich und sozial bedarfsgerecht sowie ökologisch und klimatisch nachhaltig ist.

Was wir dafür brauchen ist eine linke Republik.

Titelfoto: Montage: Carla Benkö/dpa, Frank Rumpenhorst/dpa, Florian Gürtler

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