Kommentar: 18 Prozent für die AfD sind Total-Versagen von CDU/CSU, SPD, FDP, Grünen und Linken!

TAG24-Redakteur Florian Gürtler (45) befasst sich in seinem Kommentar mit dem 18-Prozent-Ergebnis der AfD beim jüngsten ARD-Deutschlandtrend.

Der jüngste ARD-Deutschlandtrend sorgte ohne Zweifel bei nicht wenigen Beobachtern für einen gehörigen Schrecken: Der Stimmungstest sah die rechtspopulistische AfD bei satten 18 Prozent - gleichauf mit der SPD von Bundeskanzler Olaf Scholz (64). Doch dieser Umfrage-Erfolg der Partei von Rechtspopulist Björn Höcke (51) hat tief sitzende Ursachen, die mit einem großen Versagen aller anderen etablierten Parteien zusammenhängen.

Die rechtspopulistische AfD erzielte beim jüngsten ARD-Deutschlandtrend 18 Prozent Zustimmung.
Die rechtspopulistische AfD erzielte beim jüngsten ARD-Deutschlandtrend 18 Prozent Zustimmung.  © Stefan Sauer/dpa

Nach einer Analyse des Bayerischen Rundfunks gaben 67 Prozent der AfD-Anhänger zu Protokoll, dass sie die rechtspopulistische Partei wählen würden, weil sie von den übrigen im Bundestag vertretenen Parteien enttäusch seien.

Dies kann auch übersetzt werden als eine generelle Enttäuschung angesichts der Demokratie in Deutschland - und spätestens an diesem Punkt sollten bei allen politisch Verantwortlichen in diesem Land die Alarmglocken klingeln!

Doch was steckt hinter dieser Enttäuschung? Hierauf geben die Soziologen Carolin Amlinger (39) und Oliver Nachtwey (47) in ihrem im letzten Jahr erschienenen Buch "Gekränkte Freiheit - Aspekte des libertäre Autoritarismus" (Suhrkamp 2022) aufschlussreiche Antworten.

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Die beiden Wissenschaftler diagnostizieren innerhalb unserer aktuellen Gesellschaft einen neuen, um sich greifenden Hang zum Autoritarismus, der bei den davon betroffenen Personen einen Drift nach rechts auslösen könne - auch und gerade wenn diese vormals einem liberalen Milieu angehörten.

Die Gründe hierfür sehen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey in langfristigen Entwicklungen der deutschen Gesellschaft, die sie unter dem Begriff "regressive Moderne" fassen.

Damit meinen sie, dass unserer Gesellschaft in den letzten 30 Jahren zwar in vielen Bereichen offener (liberaler) geworden ist, gleichzeitig aber auch an vielen Stellen Rückschritte zu verzeichnen waren - mit Letzterem meinen sie unter anderem den Rückbau des Sozialstaats, verschlechterte Aufstiegsmöglichkeiten und sinkenden Wohlstand bei breiten Schichten der Gesellschaft.

18 Prozent für AfD beim Deutschlandtrend sind - leider! - nicht verwunderlich

TAG24-Redakteur Florian Gürtler (45) lebt und arbeitet in Frankfurt am Main.
TAG24-Redakteur Florian Gürtler (45) lebt und arbeitet in Frankfurt am Main.  © Florian Gürtler

Ergänzt werden muss, dass insbesondere das letzte Jahr durch die massiven Preisschübe infolge der Energiekrise noch weitere Bedrängnisse für viele Menschen mit sich brachte.

Der Ökonom Maurice Höfgen (27) schreibt hierzu in seinem in diesem Jahr erschienenen Buch "Teuer! Die Wahrheit über Inflation, ihre Profiteure und das Versagen der Politik" (DTV 2023): "2022 musste mehr als jeder Zweite jeden Cent seines Monatseinkommens verwenden, um den Alltag zu wuppen. Sparen? Nicht mehr möglich. Sich was gönnen? Nur mit schlechtem Gewissen. In Deutschland hat jeder Dritte schon vorher kaum nennenswerte Ersparnisse gehabt. Keinen Puffer, auf den man in Krisenzeiten zurückgreifen kann, wenn der Liter Benzin und das Paket Butter plötzlich mehr als zwei Euro kosten (...)."

Nimmt man dies alles zusammen, dann sind die 18 Prozent für die AfD beim Deutschlandtrend der ARD - leider! - nicht sehr verwunderlich.

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Dies bedeutet aber auch, dass CDU/CSU, SPD, Grüne, FDP und auch die Linkspartei alle zusammen für das Erstarken der Rechtspopulisten mit verantwortlich sind, denn ob nun im Bund oder in den Bundesländern, sie alle haben in den letzten Jahren an der einen oder anderen Stelle in Regierungsverantwortung gestanden.

Zuletzt noch ein Gedanke: Um die AfD wieder zu schwächen, bringt es sicher nichts, deren populistischen Menschenhass zu kopieren, auch wenn Teile der Unionsparteien dies immer wieder gerne versuchen. Vielleicht bringt es mehr, der breiten Masse der Menschen durch politisches Handeln spürbare Verbesserungen ihrer jeweiligen Situation zukommen zu lassen - dies müsste aber sicher deutlich mehr sein, als die halb-garen und nur auf Zeit gespielten Entlastungsmaßnahmen des letzten Jahres!

Titelfoto: Montage: Stefan Sauer/dpa, Florian Gürtler

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