Sind Schmerzgriffe gegen Klima-Kleber Folter? Jetzt geht die Sache vor Gericht
Berlin - Immer wieder haben Aktivisten der "Letzten Generation" in der Vergangenheit über Polizeigewalt bei Protestaktionen geklagt. Nun geht ein Fall vor das Berliner Verwaltungsgericht.

Bei dem Prozess, der am morgigen Donnerstag, um 10 Uhr, verhandelt wird, geht es um die "gezielte und unnötige Zufügung von Schmerzen durch die Polizei", wie der Verein "Rückendeckung für eine aktive Zivilgesellschaft" (RAZ) mitteilte, der die Aktivisten während des Verfahrens unterstützt.
Konkret wird der Einsatz von sogenannten Schmerzgriffen bei der Auflösung von friedlichen Demonstrationen kritisiert.
Geklagt hat der 21-jährige Lars Ritter, der am 20. April 2023 an einem Protestmarsch auf der Straße des 17. Juli, zwischen Siegessäule und Brandenburger Tor, teilnahm.
Als der Zug von der Polizei gestoppt wurde, setzten sich die Demonstranten seiner Schilderung zufolge auf den Boden. Dann seien sie von den Beamten unter Einsatz von Schmerzgriffen von der Straße geräumt worden.
"In den Monaten nach der Erfahrung habe ich gezittert, wenn ich die Polizei gesehen habe und musste Ostheopathiestunden nehmen für meine Schulter", erinnerte sich Ritter. Ein Polizist habe ihm gedroht, wenn er nicht freiwillig aufstehe, würde er tagelang nicht kauen und schlucken können.
Der 21-Jährige: "Diese Behandlung der Polizei macht was mit dir, sie fühlt sich entwürdigend an. Niemand, der friedlich protestiert oder Zivilcourage zeigt, sollte so etwas erleben müssen."

Letzte Generation vs. Polizei: Es geht um Grundsätzliches

Lars Ritter und seinen Mitstreitern geht es bei der Klage nicht um den einzelnen Fall, sondern um Grundsätzliches: "Ziel ist es, gerichtlich die Rechtswidrigkeit des gezielten Schmerzgriff-Einsatzes feststellen zu lassen und dieser Polizeipraxis damit klare Grenzen zu setzen", hieß es in der Mitteilung.
Wenn soziale Proteste durch unverhältnismäßige Gewalt unterbunden würden, gefährde das die Meinungs- und Versammlungsfreiheit aller Menschen in Deutschland, sind sich die Klimaschützer sicher. Erst im Februar erstatteten mehrere Mitglieder der Letzten Generation Anzeige gegen die Berliner Polizei.
Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik Meisel (59) beharrte in der Vergangenheit auf ihrer harten Linie und sprach sich in den Medien immer wieder für ein "sehr konsequentes und sehr zügiges" Vorgehen gegen Klima-Protestaktionen aus.
Zum Einsatz von Schmerzgriffen sagte Slowik: Diese seien nur schmerzhaft, wenn sich die betroffene Person dagegen wehren würde.
Titelfoto: RAZ