"Letzte Generation" wieder vor Gericht: Ist das Brandenburger Tor für immer verschandelt?

Berlin - Die Aktion sorgte bundesweit für Schlagzeilen: Auf den Tag genau 16 Monate nach der ersten Farbattacke auf das Brandenburger Tor begann am heutigen Freitag die Hauptverhandlung gegen zwei Aktivistinnen der "Letzten Generation".

Der Sachschaden am Brandenburger Tor wird auf etwa 115.000 Euro geschätzt.
Der Sachschaden am Brandenburger Tor wird auf etwa 115.000 Euro geschätzt.  © Paul Zinken/dpa

Amtsgericht Tiergarten, Hochsicherheitssaal B 129, 9 Uhr: Angeklagt sind Kathrin H. (29) und Marlen S. (35).

Was ihnen vorgeworfen wird: Am 17. September 2023 sollen sie mit mehreren anderen Klima-Klebern mit präparierten Feuerlöschern gelbe beziehungsweise orange Farbe an das symbolträchtige Wahrzeichen für Einheit und Freiheit in Berlin-Mitte gesprüht haben.

Dabei soll ein geschätzter Gesamtschaden von circa 115.000 Euro entstanden sein, wobei für Reinigung bereits 56.000 Euro feststünden.

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Kathrin H. aus Hamburg, schwarzer Blazer, Nadelstreifenhose, rot gefärbte, kurze Haare, zierlich. Sie äußert sich zu dem Vorwurf der Sachbeschädigung, liest minutenlang mit rollendem R aus ihrem Manifest vor. Es sind acht, neun Seiten, eng bedruckt. "Wir können uns auf die Politik nicht verlassen", sagt sie. Daher setze sie auf zivilen Ungehorsam. Von Reue keine Spur.

Die Menge der Besucher der öffentlichen Hauptverhandlung, augenscheinlich Aktivisten oder Sympathisanten samt der Mutter der 29-Jährigen, ist deckungsgleich mit der Höhe der Seitenzahl.

Marlen S. ebenfalls auf der Anklagebank, braune lange Haare, nach eigenen Angaben Gebäudereinigerin aus Lichtenberg, bereits zweimal vom Amtsgericht Freiburg verurteilt, bleibt stumm. Manchmal grinst sie mit zusammengepressten Lippen ins Publikum. Ihre Einlassung, eine sehr kurze, lässt sie von ihrem Verteidiger vortragen. Sie habe erst durch die nachfolgende Medienberichterstattung erfahren, wie "groß die Sache" gewesen sei. Ein Polizeibeamter ist als Zeuge geladen.

Er war als einer der ersten vor Ort, er erinnert sich an S. Sie habe "tanzende Bewegungen gemacht, als würde es ihr Spaß machen, Farbe mit den Füßen zu verteilen". Mit Neugierde wurde auch die Aussage einer zuständigen Steinrestauratorin erwartet.

Bleibende Schäden nach Farb-Attacke der Klima-Kleber auf das Brandenburger Tor?

Marlen S. (35, 2.v.r.), die auch Lilly genannt wird, trat als Sprecherin des Bündnisses "Hungern bis ihr ehrlich seid" in Erscheinung.
Marlen S. (35, 2.v.r.), die auch Lilly genannt wird, trat als Sprecherin des Bündnisses "Hungern bis ihr ehrlich seid" in Erscheinung.  © Alina Schmidt/dpa
Der Vorwurf lautet Sachbeschädigung.
Der Vorwurf lautet Sachbeschädigung.  © TAG24

Die 38-Jährige erklärt als sachverständige Zeugin, dass der Graffitischutz nur bis 2 Meter 50 Höhe ging. Man habe nicht damit gerechnet, dass jemand mit Feuerlöschern ankäme.

Besorgniserregend war: Es hatte tagelang nicht geregnet, "die Sonne knallte", schildert die 38-Jährige, die mit der Wartung und Pflege des Brandenburger Tors beauftragt ist.

"Wenn man dann mit einer wasserbasierenden Farbe drangeht, nimmt der zum Teil 300 Jahre alte Stein die direkt auf."

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Glück im Unglück: "Es gibt restauratorisch keine bleibenden Schäden", so ihr Urteil. In eine ähnliche Kerbe schlägt ein weiterer Zeuge. Der Diplom-Restaurator spricht von einem "sehr komplexen Schadensbild". Nach Einschätzung des 62-Jährigen sei die Farbe aber zu 99 Prozent wieder aus dem Gestein und mit einem nachhaltigen Risiko sei nicht zu rechnen. Er gibt aber auch zu bedenken: "Jede Art der Reinigung hat auch Einfluss auf das Baumaterial."

Der Anwalt von S. will das Verfahren aussetzen lassen, weil in "mindestens drei Bundesländern" derzeit gegen Klima-Aktivisten wegen "Bildung einer kriminellen Vereinigung" ermittelt werde. In diesem Fall wäre zu prüfen, ob eine Staatsschutzkammer stattdessen sachlich zuständig ist. Die Amtsrichterin stellt den Antrag vorerst zurück und erbittet sich Zeit zum Überlegen.

Der Prozess wird am 31. Januar fortgesetzt. Es ist nicht der erste dieser Art. Bereits am Montag waren zwei Aktivistinnen der "Letzten Generation" vom Vorwurf der Sachbeschädigung freigesprochen worden.

Titelfoto: Paul Zinken/dpa

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