Wieder Massenproteste gegen die Regierung in Israel

Tel Aviv/Jerusalem (Israel) - Vor einer entscheidenden Abstimmung im Parlament haben in Israel landesweit mehrere Hunderttausend Menschen gegen die geplante Schwächung der Justiz protestiert.

Allein in Tel Aviv versammelten sich rund 170.000 Menschen, um gegen die Pläne der Regierung des israelischen Premierministers Netanjahu zur Umgestaltung des Justizsystems zu protestieren.
Allein in Tel Aviv versammelten sich rund 170.000 Menschen, um gegen die Pläne der Regierung des israelischen Premierministers Netanjahu zur Umgestaltung des Justizsystems zu protestieren.  © Ilia Yefimovich/dpa

Im Zentrum der Küstenstadt Tel Aviv versammelten sich am Samstagabend nach Schätzungen des Senders "Channel 13" rund 170.000 Menschen, in Jerusalem 85.000. Vereinzelt kam es Medienberichten zufolge zu gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei.

Organisatoren der Proteste gaben die Zahl der Teilnehmer landesweit mit mehr als einer halben Million an. Es wäre damit einer der größten Protesttage seit Beginn der regelmäßigen Demonstrationen Anfang Januar. Insgesamt hat Israel rund zehn Millionen Einwohner.

Israels Regierung will am Sonntag ein Kernelement der auch international höchst umstrittenen Justizreform im Parlament einbringen. Mit der endgültigen Verabschiedung des Gesetzes wird allerdings nicht vor Montagnachmittag gerechnet.

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Das Gesetz ist Teil eines größeren Pakets, das von Kritikern als Gefahr für Israels Demokratie eingestuft wird. Seit Monaten spaltet das Vorhaben weite Teile der israelischen Gesellschaft.

Auf Protestschildern in Tel Aviv war etwa zu lesen "Netanjahu der Feind der Demokratie" oder "Rettet unsere Heimat". Viele Israelis in der Millionenmetropole haben Angst, dass sich Israel mit der Reform fundamental verändern könnte.

Die Protestbewegung ist die größte in der Geschichte Israels und umfasst breite Gesellschaftsteile.

Parlament beginnt Beratungen über Gesetz zu Justizumbau

Ihm selbst werden Bestechlichkeit, Betrug und Untreue in möglichen Korruptionsfällen vorgeworfen: Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu (73).
Ihm selbst werden Bestechlichkeit, Betrug und Untreue in möglichen Korruptionsfällen vorgeworfen: Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu (73).  © Abir Sultan/EPA POOL via AP/dpa

Unterdessen hat das Parlament in Jerusalem am Sonntag mit seinen Beratungen zur Gesetzesänderung begonnen. Mit der endgültigen Abstimmung wird frühestens am Montag gerechnet.

Auch am Sonntag sind mehrere Kundgebungen von Gegnern sowie Befürwortern des Vorhabens geplant. Bereits am Morgen versammelten sich Hunderte Menschen in der israelischen Hauptstadt.

Die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu (73) wirft der Justiz vor, sich zu sehr in politische Entscheidungen einzumischen.

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Dem Höchsten Gericht des Landes soll es mit dem Gesetz nicht mehr möglich sein, eine Entscheidung der Regierung oder einzelner Minister als "unangemessen" zu bewerten.

Kritiker befürchten, dass dies Korruption und damit auch die willkürliche Besetzung wichtiger Posten und Entlassungen begünstigt.

Demonstranten in Tel Aviv verbrennen bei einer Straßenblockade während einer Protestaktion gegen die israelische Regierung Gegenstände.
Demonstranten in Tel Aviv verbrennen bei einer Straßenblockade während einer Protestaktion gegen die israelische Regierung Gegenstände.  © Ilia Yefimovich/dpa
Die Menschen in Israel kämpfen für ihr Land - die einzige Demokratie im Nahen Osten. Dafür gehen sie seit Monaten auf die Straße und protestieren gegen die Regierung.
Die Menschen in Israel kämpfen für ihr Land - die einzige Demokratie im Nahen Osten. Dafür gehen sie seit Monaten auf die Straße und protestieren gegen die Regierung.  © Ilia Yefimovich/dpa
Tausende Demonstrierende haben am Dienstagabend eine rund 70 Kilometer lange Wanderung von Tel Aviv nach Jerusalem begonnen, wo sie am Samstag ankamen. In den vergangenen Tagen wurde der Protestzug immer größer.
Tausende Demonstrierende haben am Dienstagabend eine rund 70 Kilometer lange Wanderung von Tel Aviv nach Jerusalem begonnen, wo sie am Samstag ankamen. In den vergangenen Tagen wurde der Protestzug immer größer.  © Ohad Zwigenberg/AP/dpa
Die Demonstranten wollen im Jerusalemer Central Park in der Nähe des israelischen Parlaments (Knesset) campieren, wo die Regierung spätestens am 24. Juli 2023 über die Reformen abstimmen wird.
Die Demonstranten wollen im Jerusalemer Central Park in der Nähe des israelischen Parlaments (Knesset) campieren, wo die Regierung spätestens am 24. Juli 2023 über die Reformen abstimmen wird.  © Ilia Yefimovich/dpa
Die israelische Feuerwehr löscht ein Feuer auf dem Ayalon Highway in Tel Aviv, während im Hintergrund Demonstranten protestieren.
Die israelische Feuerwehr löscht ein Feuer auf dem Ayalon Highway in Tel Aviv, während im Hintergrund Demonstranten protestieren.  © Ariel Schalit/AP

Medienberichten zufolge sollen im Hintergrund noch in letzter Minute Bemühungen um einen Kompromiss laufen. Bisherige Verhandlungen zwischen Koalition und Opposition blieben erfolglos. Netanjahu versicherte vor einer überraschenden Herzschrittmacher-Operation in der Nacht: "Die Bemühungen um eine umfassende Einigung gehen weiter".

Titelfoto: Montage: Ilia Yefimovich/dpa, Abir Sultan/EPA POOL via AP/dpa

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