Tel Aviv/Gaza - Hat die israelische Armee (IDF) ein Krankenhaus im Gaza-Streifen gezielt angegriffen und so den Tod von Hunderten Zivilisten verursacht? Die Israelis weisen die Schuld von sich und gehen von einer fehlgeleiteten Rakete militanter Palästinenser aus. Doch auch die Hamas bemüht Experten.

Das erste Opfer im Krieg ist wohl immer die Wahrheit.

Am Dienstagabend erschütterte der mutmaßliche Raketen-Angriff auf das al-Ahli-Arab-Krankenhaus von Gaza-Stadt die Welt.

Hunderte Palästinenser starben, viele von ihnen waren wohl Schutzsuchende, Personal und Kranke. Nach nicht unabhängig überprüften Angaben des Gesundheitsministeriums der terroristischen Hamas kamen mindestens 877 Menschen ums Leben.

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Schnell hieß es in Medienberichten wie etwa bei BBC, dass es sich um einen Angriff der israelischen Luftwaffe handeln müsse. Zeugen berichteten noch am Abend im Live-TV, wie sie unmittelbar vor der Explosion israelische Flugzeuge wahrgenommen haben wollen, die Bomben abwarfen.

Die israelische Armee dementierte umgehend.

Die Rakete, es soll sich möglicherweise um eine R160-Rakete mit einer Reichweite von 150 Kilometern handeln, sei von der Gruppierung "Islamischer Dschihad in Palästina (PIJ)" von einem Friedhof nahe dem Krankenhaus gegen 18.59 Uhr gestartet, so hieß es von der israelischen Seite.

Sekunden später sei das Geschoss dann zerbrochen und auf einen Parkplatz am Krankenhaus gestürzt, wo sich zu diesem Zeitpunkt Hunderte aufgehalten haben. Die Explosion am Al-Ahli-Arab-Krankenhaus habe sich demnach exakt um 18.59 Uhr ereignet.

Bilder, die auf dem Sender Al Jazeera ausgestrahlt wurden und seitdem von der IDF-Medienabteilung rege geteilt wurden, sollen die Angaben des Israelis belegen. Zu sehen ist eine Rakete, die unmittelbar vor der Explosion startet und wenig später abstürzt.

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Überdies machen die Israelis geltend, dass bis zu 36 Prozent aller Raketen, die aus dem Gaza-Streifen abgeschossen werden, kurz nach dem Start abstürzen. Das hätten Analysen aus dem letzten größeren Konflikt mit der radikal-islamischen Hamas vom Mai 2023 ergeben.

Außerdem, so sagt die IDF, habe man ein Hamas-Gespräch abgefangen, das belegen soll, wie zwei Hamas-Mitglieder sich nach der verheerenden Explosion austauschen.

"Ist es [die Rakete Anm. d. Red.] von uns?" will einer der beiden Sprecher wissen. "Sieht so aus", lautet die Antwort. Die Echtheit des Gesprächs lässt sich nicht unabhängig überprüfen.

Die Kassam-Brigaden, der militärische Arm der Hamas, weisen den Vorwurf der Isarelis entschieden zurück.

Sie bringen eine Analyse eines anonymen "Veteranen des US-Marine Corps", die vom australischen Unternehmer Mario Nawfal (eine Million Follower auf X) verbreitet wurde, ins Spiel.

Der Verfasser kommt zum Schluss, dass offenbar eine sogenannte JDAM-Bombe aus US-Produktion, wie sie auch die israelische Luftwaffe einsetzt, die Explosion auf dem Parkplatz verursacht haben soll.

Das hätten Audio-Auswertungen eines verifizierten Videos der Explosion ergeben. Zudem würde die Situation an der Einschlagstelle diese Annahme stützen, heißt es in der Analyse.

Derweil kommt die unabhängige Recherchenetzwerk GeoConfirmed ebenfalls zum Schluss, dass es sich um eine fehlgeleitete palästinensische Rakete handeln soll.

GeoConfirmed-Analytiker teilten ein entsprechendes Video, das die Angaben der israelischen Armee zu bestätigen scheint.

Solange unabhängige Experten nicht an die Unglücksstelle gelangen und Trümmerteile der mutmaßlichen Rakete (oder Bombe) untersuchen können, wird die Wahrheit hinter dem schrecklichen Zwischenfall am al-Ahli-Arab-Krankenhaus mit Hunderten Toten wohl nicht zweifellos geklärt werden.